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Zäsur bei Landtagswahlen Immer mehr Zuspruch für AfD in Bayern und Hessen

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Symbolbild (Quelle: Unsplash)

In Hessen ist die AfD mit 18,4 Prozent zur zweitstärksten Kraft geworden und hat im Vergleich zu den letzten Landtagswahlen 2018 5,3 Prozent dazugewonnen. Währenddessen verlieren Grüne und SPD beide jeweils fünf Prozent. Die Linke verliert 3,2 Prozent und erreicht nur noch 3,1 Prozent der Stimmen und wird im nächsten Landtag nicht mehr vertreten sein. Insgesamt 67,4 Prozent der Stimmen gehen in Bayern an rechte bis rechtsextreme Parteien. Die AfD wird mit 14,6 Prozent der Stimmen drittstärkste Kraft, mit einem Stimmengewinn von 4,4 Prozent – aber nur, weil davor noch die landeseigenen Problempolitiker der Freien Wähler stehen, 15,8 Prozent haben sie bekommen, ein Stimmengewinn von 4,2 Prozent.

Menschenfeindlichkeit und Hass auf Platz zwei in Hessen

Eine Umfrage von Infratest dimap für die ARD gibt Einblicke in die Motivationen und Erwartungen der hessischen Wähler*innen. Sie zeigen die große Lust am Untergang von Konservativen bis Rechtsextremen. Denn die große Mehrheit der Wähler*innen der AfD (90 Prozent), aber auch der CDU (80 Prozent) glauben, dass die „Verhältnisse in Deutschland“ Anlass zur Beunruhigung geben. An dritter Stelle und mit größerem Abstand stehen FDP-Wähler*innen (68 Prozent). Die Partei hat es mit fünf Prozent gerade noch in den Landtag geschafft. Auch bei andren Themen zeigt sich, die größten Ängste haben, meist mit großem Abstand, AfD-Wählerinnen. 92 Prozent von ihnen haben „Sorgen über stark zunehmende Kriminalität“, 93 Prozent sorgen sich um „zu viele fremde Menschen“. 87 Prozent sorgen sich über „Ausgrenzung bei Meinungsäußerung“. Nur eines ist in den AfD-Wähler*innen egal: der Klimawandel. Hier ist die Partei Schlusslicht mit 32 Prozent.

Wie schon bei anderen Wahlen zeigt sich auch bei der Landtagswahl in Hessen, dass jünger Leute besonders auf Stimmungsmache und Desinformation hereinfallen. Denn bei Wähler*innen unter 60 erhält die AfD sogar 21 der Stimmen und ist damit fast drei Prozent stärker als ohnehin schon. Bei den Über-60-Jährigen ist sie dabei aber nur knapp drittstärkste Kraft und erreicht nur einen Stimmenanteil von 14 Prozent. (CDU: 42, SPD: 19, Grüne: 13). Besonders hoch fällt die Zustimmung in der Altersgruppe der 35-44-Jährigen aus. Hier liegen die Stimmenanteile bei 24 Prozent. Nur bei Wähler*innen über 70 ist die AfD mit neun Prozent Zustimmung einstellig. Weiterhin wählen mehr Männer (22 Prozent), als Frauen (14 Prozent) rechtsradikal. Aber auch hier steigen die Zahlen, bei Männern um sechs Prozent, bei Frauen um vier.

Die Landtagswahlen in Hessen beweisen auch, dass die AfD nicht nur massiv an Zustimmung gewinnt, sondern auch das Vertrauen der Wähler*innen in die rechtsradikale Partei immer größer wird. Zehn Prozent der Befragten von Infratest trauen der Partei „am ehesten zu, die Wirtschaft voranzubringen“. Das ist ein Plus von sieben Prozent im Vergleich zu 2018.

Insgesamt 19 Prozent der Befragten sehen Kompetenzen bei der AfD in Sachen Flüchtlingspolitik (plus neun Prozent), 15 Prozent bei der Kriminalitätsbekämpfung (plus fünf Prozent) und zehn Prozent bei sozialer Gerechtigkeit (plus fünf Prozent). Bei der Frage welcher Partei die Wähler*innen am ehesten eine gute Klima- und Umweltpolitik zu machen, verlieren vor allem die Grünen massive 36 Prozent an Zustimmung. Die AfD gewinnt, zwar nur vier Prozent, und bleibt Schlusslicht der bewerteten Parteien.

Die Geschichte von der AfD als angeblicher Protestpartei hat noch nie wirklich gestimmt. Denn schon seit es die Partei gibt, wird sie nicht trotz, sondern wegen ihrer menschenfeindlichen Positionen gewählt. Mittlerweile drückt sich das auch stärker in den Umfragezahlen von Infratest aus. 39 Prozent der Befragten in Hessen geben zu, dass sie die Partei aus Überzeugung wählen, das sind zehn Prozent mehr als 2018. 54 Prozent behaupten, sie wählen die Partei aus Enttäuschung, acht Prozent weniger als bei den letzten Landtagswahlen.

Zustimmung zu rassistischen Stimmungsmache steigt in Hessen. 42 Prozent der Befragten begrüßen, dass die AfD „den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will“ (2018: 32 Prozent). 47 der Befragten glauben, dass die Rechtsradikalen „besser als andere Parteien verstanden [haben], dass sich viele Menschen nicht mehr sicher fühlen“ (2018: 44 Prozent).

Immerhin: 69 Prozent der Befragten halten die AfD für eine rechtsextreme Partei. Ob das allerdings davon abhält, die Partei zu wählen, bleibt offen, denn 80 Prozent der Wähler*innen der AfD sagen: „Es ist mir egal, dass sie in Teilen als rechtsextrem gilt, solange sie die richtigen Themen anspricht.“

Bayern: AfD auf Platz drei nach Freien Wählern und CSU

Gillamoos ist nicht Kreuzberg und Bayern ist nicht Berlin, das zeigen die Ergebnisse der Landtagswahl in Bayern am 08. Oktober 2023 deutlich: Insgesamt 67,4 Prozent der Stimmen gehen an rechte bis rechtsextreme Parteien. Die AfD wird mit 14,6 Prozent der Stimmen drittstärkste Kraft, mit einem Stimmengewinn von 4,4 Prozent – aber nur, weil davor noch die landeseigenen Problempolitiker*innen der Freien Wähler stehen, 15,8 Prozent haben sie bekommen, ein Stimmengewinn (!) von 4,2 Prozent für die mangelhafte Distanzierung Hubert Aiwangers vom Antisemitismus seiner Jugend und den Beschreibungen seiner Rechtsextremismus-Affinität in Teenagertagen. Politiker*innen, die sich für Gleichwertigkeit und Menschenrechte einsetzen, statt selbst menschenfeindlich zu agieren, das finden bayerische Wähler*innen offenbar nicht so relevant. 14,4 Prozent der Wähler*innen haben noch ihr Kreuz bei den Grünen gemacht, die SPD landet bei abgeschlagenen 8,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit 73,3 Prozent recht hoch.

Die Liebe zur rechten Politik ist in Bayern ziemlich flächendeckend vorhanden: Von 91 Wahlkreisen hat 85 die CSU geholt, zwei die Freien Wähler (Neuburg-Schrobenhausen und Landshut). Immerhin vier Wahlkreise die Grünen (München, Giesing, Mitte, Milbertshofen, Schwabing).

Personalpolitisch ist CSU-Chef Markus Söder die Marke, die viele Wähler*innen in ihrer Überschaubarkeit überzeugt (61 Prozent: „Ist ein guter Ministerpräsident“, 55 Prozent sind „zufrieden mit seiner politischen Arbeit“, vgl. tagesschau). CDU-Chef Friedrich Merz hat keinen Anteil am Erfolg, nur 28 Prozent der bayerischen Wählenden sind zufrieden mit seiner politischen Arbeit. Da bekommt Annalena Baerbock von den Grünen noch mehr Zustimmung (36 Prozent).

Diejenigen, die jetzt Freie Wähler oder AfD wählen, stimmen dagegen der Aussage zu: „Die CDU ist einfach nicht mehr konservativ genug”. Wobei konservativ das Wort ist, dass die Umfrage von Infratest dimap vorgab – gemeint ist wohl ein viel weiter rechtes als ein konservatives Weltbild: 41 Prozent der „Freie Wähler“-Wähler*innen stimmt zu und 65 Prozent der AfD-Wähler*innen.

Thematisch geben die Wähler*innen an, ihnen sei es in erster Linie um die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns gegangen (25 Prozent), dann um Zuwanderung (21 Prozent), Klima und Energie (21 Prozent) und innere Sicherheit (16 Prozent) – erst kommt also der Wohlstand, dann die Moral, und mit dem rassistische aufgeladenen Zuwanderungsthema haben die rechten und rechtsextremen Parteien dann auch schon ein Sündenbockthema, falls es mal nicht so gut läuft.

Besonders stark geschürt wurden erneute Ängste vor Flucht- und Migrationsbewegungen in den Wochen vor den Wahlen von der AfD, unterstützt von einer Presselandschaft, die die Narrative aufnahm – etwa im unsäglichen Spiegel-Titel „Schaffen wir das noch mal?“ mit der Abbildung eines scheinbar endlosen Flüchtlingstrecks. Dementsprechend kein Wunder, dass 55 Prozent der AfD-Wählenden angeben, dieses Thema sei für sie am wichtigsten. Aber auch 28 Prozent der Freien Wähler-Wählenden und 17 Prozent der CSU-Wählenden lassen sich über rassistische Ängste und Ängste um Etabliertenvorrechte mobilisieren.

Menschenrechte für alle Menschen kommen in Bayern dagegen weit weniger gut an. Der Aussage „Wir brauchen andere Asyl- und Flüchtlingspolitik, damit weniger Menschen kommen.“ stimmen krasse 83 Prozent der Wähler*innen in Bayern zu, bei den Freien Wählern 98 Prozent, bei der AfD 95 Prozent , bei der CSU 89 Prozent, bei der SPD auch noch 66 Prozent, bei den Grünen 49 Prozent. Diese starke Abneigung gegen „Fremde“ im Land, selbst wenn sie aus Not fliehen sollten, sollte vielleicht bei den nächsten Suchen nach Urlaubsländern in Betracht gezogen werden. Denn Wirtschaft scheint ja das Hauptargument für Handlungen in Bayern zu sein.

Auch der wenig intelligenten Handlungsmotivation einer Wahl als „Denkzettel an die Bundesregierung“ stimmen erstaunliche Mengen an Menschen zu: 54 Prozent der Wähler insgesamt drücken so ihren vermeintlichen Protest aus, 79 Prozent der FW-Wählenden, 79 Prozent der AfD-Wählenden, 64 Prozent der CSU-Wählenden nenne das als eine ihrer Wahlmotive.  Korrespondierend dazu geben 77 Prozent aller Wähler*innen an, sie seien unzufrieden mit der Bundesregierung.

Wenig überraschend wählen AfD-Wähler*innen die Partei, weil sie rechtsextrem ist (67 Prozent aller Wähler*innen bezeichnen sie so, 85 Prozent der AfD-Wähler*innen sagen: Ist mir egal), verbinden damit, dass sie besser verstanden habe als andere, dass Menschen sich nicht mehr sicher fühlten (49 Prozent aller Wählenden, 99 Prozent der AfD-Wählenden) und dass sie Migration und Flucht stärker begrenzen wollten (48 Prozent aller Wählenden, 92 Prozent der AfD-Wählenden) (vgl. tagesschau). Interessant dagegen, dass 18 Prozent aller Wähler*innen in Bayern meinen, die AfD habe Kompetenzen im Bereich Asyl- und Flüchtlingspolitik und 16 Prozent meinen, sie verstünden auch etwas von Kriminalitätsbekämpfung – was hier rassistisch verknüpft aufgefasst werden darf, denn ansonsten hat sich die AfD damit bisher nicht hervorgetan.

AfD-Wähler*innen machen sich auch eine Menge Sorgen: Über „zu viele fremde Menschen“ (92 Prozent), steigende Kriminalität (91 Prozent), aber auch darüber, dass sie ausgegrenzt würden, wenn sie ihre Meinung sagten (85 Prozent) und wegen der „einseitigen Unterstützung für die Ukraine” (84 Prozent). Sie sind so rechtsextrem wie ihre Partei und gehören zu allen Altersschichten. Nur Menschen 70 plus wählen sie weniger.

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