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Monatsüberblick Februar 2016 Rassismus und Feindlichkeit gegen Flüchtlinge

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"Reisegenuss" – die Anzeige wirkt zynisch angesichts dessen, was Menschen auf der vorerst letzten Station ihrer Flucht in Clausnitz, Erzgebirge, erlebten. (Quelle: Screenshot Youtube, 04.04.2016)

 

 

Übergriffe: Der Mob von Clausnitz

Während gewalttätige Flüchtlingsfeindlichkeit bundesweit grassiert, ist es im Februar wieder einmal Sachsen, das die schlimmsten Bilder liefert. Zwei Videos zeigen, wie im 850-Menschen-Ort Clausnitz ein Mob von rund 100 Flüchtlingsfeinden am Donnerstag, den 18.02.2016,  über anderthalb Stunden einen Bus belagert, in dem verängstigte bis verärgerte geflüchtete Familien sitzen, die nach Clausnitz kommen, um im Flüchtlingsheim untergebracht zu werden (vgl. Spiegel).

Ein zweites Video zeigt wenige Stunden später, wie – überforderte? – Polizisten die Situation zu regeln versuchten: Mit „einfachem unmittelbarem Zwang“, also Gewalt, gegen verängstigte geflüchtete Kinder und Jugendliche, die den Bus nicht verlassen wollten. Später wird der sächsische Polizeipräsident Uwe Reißmann und auch Bundesinnenminister de Maizière dieses Verhalten als „gerechtfertigt“ verteidigen – die Öffentlichkeit sieht es trotzdem anders (vgl. TagesspiegelII

Wie die flüchtlingsfeindlichen Demonstrant_innen von dem Transport erfahren hatten? Nun, organisiert hatte die Demonstration der Bruder des Heimleiters – und der selbst ist AfD-Mitglied (vgl. SZ)

Einen ausführlichen Bericht gibt es hier.

Dramatische Szenen: Frau bricht nach Mob-Attacke in Flüchtlingsheim zusammen (Video)  

Dazu: Brandstiftung unter Jubel in Bautzen

Und als stünde Sachsen mit dem Mob von Clausnitz und seinen Begleitumständen nicht schon schlecht genug da, gibt es am Wochenende danach auch noch eine Brandstiftung an einem Flüchtlingsheim in Bautzen –  und dem Beifall von Anwohner_innen und Schaulustigen.  . „Manche kommentierten das Brandgeschehen mit abfälligen Bemerkungen und unverhohlener Freude“, heißt es in der Mitteilung der Polizei. Augenzeugenberichten zufolge waren auch Kinder unter den Schaulustigen, berichtete die „Sächsische Zeitung“. „Wir wollen keine Asylantenheime“ war demnach auf den angrenzenden Straßen zu hören (TagesspiegelBerliner Zeitung). 

Reaktionen:

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich ist danach jedenfalls schockiert (Spiegel). Dabei sind sich etliche Experten einig: es liegt schon auch am sächsischen Umgang mit Rechtsextremismus, der viel mit verdrängen und beschönigen zu tun hat, bis es nicht mehr geht (vgl. FAZND). Er sagt, die Rassist_innen aus Clausnitz seien „keine Menschen, sondern Verbrecher“. Politikberater Michael Spreng meint: „Natürlich sind das Menschen. Sie sind halt bösartig oder fehlgeleitet oder kriminell. Ich habe nicht verstanden, wie Tillich sich dazu versteigen konnte, denen das Menschsein abzusprechen.“ (Sächsische Zeitung). Als Konsequenz aus dem Clausnitzer Mob kündigte Tillich an, die Polizei in Sachsen zu verstärken, um gegen rechte Gewalt vorzugehen. „Eine größere Gruppe“ auffällig rechter Mitglieder von Pegida werde bereits vom Verfassungsschutz beobachtet (Süddeutsche Zeitung).

AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry gibt den Flüchtlinge in dem blockierten Bus eine Mitschuld an der Eskalation: Es habe auch »sehr unschöne Äußerungen der Ankommenden» wie das Zeigen des Stinkefingers gegeben, sagte sie. Unter den Blockierenden seien auch AfD-Mitglieder gewesen, sagte sie außerdem zunächst, um dies später zu dementieren (mdrAugsburger Allgemeine).

Pegida in Dresden feiert am Montag danach den Clausnitz-Mob. Tatjana Festerling nennt die Krawalle gegen Flüchtlinge „Mut der Bürger“, diffamiert die Geflüchteten als „skrupellose Invasoren“ und unterstellte ihnen, Kindertränen zu instrumentalisieren (ND).

Besonders übel allerdings war auch ein Interview des Focus mit Veronika Bellmann, CDU-Abgeordnete in Clausnitz, das illustriert, wie tief rassistische Hetze dort offenbar in den Köpfen verankert ist. Bellmann konstatiert angesichts der rassistischen Krawalle, viele Menschen würden nicht mehr „an Recht und Gesetz“ glauben, erläutert dann aber so: „Wenn die Antifa Schilder besprüht oder unverhohlen sagt: Das Dorf legen wir in Trümmer oder in Leipzig auf Polizisten losgeht, ist das kaum ein paar Stunden in den Schlagzeilen. Wenn auf Veranstaltungen „Wir sind das Volk“ gerufen wird, spricht man sofort von Mob und „verbaler Gewalt“. Dieses Ungleichgewicht regt die Leute auf.“ Außerdem äußert sie Verständnis für die Position: „Es gibt viele Menschen, die hier die Augen aufhalten und sagen, dass übermäßige Toleranz zu No-Go-Areas wie in Duisburg, Berlin oder anderswo in Westdeutschland  führt.“ Aus Berlin können wir Entwarnung eben, Frau Bellmann: Wir gehen hier überall hin. Und auch in Westdeutschland. No-Go-Areas durch Migrant_innen in Deutschland gibt es nur in den Köpfen rassistischer Hetzer_innen.  

Und warum ist die Stimmung in Sachsen so rassistisch?

Politikwissenschaftler Hans Vorländer hat Pegida und den „sächsischen Chauvinismus“ untersucht. Er meint: Sachsen sie nicht rassistischer, reagiere nur „nervöser“ als andere Bundesländer.  Gründe seien: allgemeine Unzufriedenheit, Wut auf das Unbekannte und Fremde, Gefühl des Abgehängtseins, die nun als Hass, Aggression und Wut gegenüber Fremden, Politikern und den Medien zum Ausdruck gebracht werde. Dazu kommt die offene Grenze zu Tschechien und Polen, an der die Kriminalitätswahrnehmung immer schon stärker gewesen ist. Gleichzeitig gibt es eine Ausdünnung der Infrastruktur, bei der staatlichen Verwaltung oder auch der Polizei, und da fühlen sich viele einfach heimatlos, ausgesetzt und abgehängt (FAZ

Kommentare zu Clausnitz:

Ein Kommentar zur Schande von Clausnitz – Aus der Sicht eines Clausnitzers (Clausnitz.wordpress.com)Ist Rassismus ostdeutsch? Kommentar von Sascha Lobo (Spiegel Online)Rassismus: Angst vor einer komplizierten Welt (Deutschlandfunk)Clausnitz ist nicht allein Sache des Freistaates (Anetta Kahane, Berliner Zeitung

Wie kann man Gewalt gegenüber Minderheiten und Andersdenkenden begegnen?

Fragt die „Freie Presse“ Martin Böttger vom Martin-Luther-King-Zentrum zu Clausnitz und zum Umgang mit „Asylkritikern“. Böttger sagt: „Im King-Zentrum veranstalteten wir im Januar ein Gespräch mit Muslimen, bei dem auch kritische Fragen gestellt wurden. Wenn man auf Augenhöhe miteinander spricht, schmeißt man sich keine Dinge an den Kopf.“ Was macht man mit denen, die den Dialog eingestellt haben? „Das weiß ich auch nicht. Man kann nur auf die Menschen zugehen. Ich war am Rande des Sternmarsches mit einem Plakat, auf dem stand: Flucht ist kein Spaziergang. Viele haben mich beschimpft. Ich wollte eine Botschaft mitgeben, mit ein paar Leuten ins Gespräch kommen. Es kam aber keiner zu mir.“ 

Weitere Übergriffe im Februar 2016, die in Erinnerung bleiben

Oberhausen: In der Nähe eines geplanten Flüchtlingsheims in Oberhausen haben Unbekannte am Dienstagmorgen ein Feuer entfacht und eine Gasflasche darauf gelegt. “ Die Flasche konnte rechtzeitig abgekühlt werden, hätte sonst aber großen Schaden verursacht (WAtazDerWesten). 

Senftenberg: Unbekannte, mutmaßlich von der „Bürgerinitiative Heimat und Zukunft“ blockieren die Zufahrt zu einem geplanten Flüchtlingsheim mit Baumstämmen und Erdwällen, hängen „Nein zum Heim“-Transparente auf (FocusPNN)

In einer Regionalbahn von Duisburg nach Krefeld hat ein älteres Ehepaar eine Frau und ihr dreijähriges, hörbehindertes Kind mit rassistischen Äußerungen beleidigt und geschlagen (rp).

Keinen flüchtlingsfeindlichen Hintergrund hatte eine scharfe Handgranate, die auf ein Flüchtlingsheim im Schwarzwald-Baar-Kreis (Baden-Württemberg) geworfen wurde: Hier ging es um einen Konflikt zwischen Rockerbanden (vgl. SpiegelSüdkurier).

 

Die Zahl der Übergriffe steigt dramatisch – täglich fast 40 rechte Straftaten

Das BKA zählt 2015 bisher 1.027 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte – 2014 waren es 199. Bei 13 davon wird wegen Sprengstoff ermittelt  (taz).

Allein im Januar 2016 gab es 33 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte nur in NRW (rp)

In Berlin steigt die Zahl der rassistischen Übergriffe um 46 Prozent (2015: 57 Angriffe, 2014: 39 Angriffe) (Berliner Zeitung)

Nach vorläufigen Zahlen registrierten die Sicherheitsbehörden im vergangenen Jahr 13.846 einschlägige Delikte – das entspricht einer Steigerung um mehr als 30 Prozent im Vergleich zu 2014. Das ergibt sich aus Zahlen, die die Linke-Politikerin Petra Pau regelmäßig beim Bundesinnenministerium abfragt. Es handelt sich jedoch lediglich um vorläufige Zahlen, da die Polizei erfahrungsgemäß viele Fälle nachmeldet (FAZZeit)

Die Anzahl der Aufmärsche steigt im viertel Quartal 2015 bundesweit ebenfalls drastisch: An jedem Tag von Anfang Oktober bis Dezember fanden bundesweit mindestens drei rechtsextreme Veranstaltungen statt (Blick nach rechts), dass sind u.a. 208 Aufmärsche und Kundgebungen gegeben – mehr als doppelt so viele wie im Quartal zuvor (95). Und „Pegida Dresden“ wird noch nicht einmal mit erfasst (Migazin).

 

Flüchtlingsfeindliche und rassistische Demonstrationen im Februar 2016

Berlin: NPD –  „Das Boot ist voll – Asylbetrüger abschieben“ – 7 Teilnehmer_innen (BnRTagesspiegel)„Freundeskreis Thüringen / Niedersachsen“: Anti-Asly-Kundgebungen in beiden Bundesländern, genannt „Freiheitliche Bürgertreffs für die Zukunft unseres Landes“ oder schlicht „Mahnwachen“: Jeden Sonntag, in Northeim, Kaltenburg-Lindau, Duderstadt, Heiligenstadt. Meist mit den gleichen Teilnehmern – „Mahnwachen-Marathon“ (taz)Eichsfeld (Thüringen): „Ein Licht für Deutschland“ will bis Jahresende sonntags auf die Straße gehen und Kerzen entzünden (TLZ)Humor ist, wenn man ab und zu trotzdem lacht:Ein Anlass war die NPD-Wahlwerbung in Rheinland-Pfalz. Deren Plakate sagten: „Konsequent abschieben“ mit der Unterzeile „Unser Volk zuerst“ (Tagesspiegel

Bürgerwehren: Viel Lärm im Internet – wenig Aktionen im realen Leben

Schon im Januar begannen Neonazis und Flüchtlingsfeinde, unter den Eindrücken der Silvesternacht von Köln (vgl. GMF Rassismus Januar 2016) Ängste in der Bevölkerung aufzugreifen und „Bürgerwehren“ zu gründen, die mehr Sicherheit garantieren sollten.

Vgl.: Monitoring: Auf Patrouille bei den Facebook-Bürgerwehren

Über diverse lokale „Bürgerwehren“ berichtete auch die Presse, etwa aus SachsenEssen, die Polizei warnt vor Selbstjustiz und eigenmächtiger Gewalt – doch die Bürgerwehren bleiben Internet-Tiger, die wenigsten treten jemals auf die Straße. 

Rassismus und Fasching oder #besorgtejecken

Mainz / Rheinland-Pfalz: Die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ verteilt zur Mainzer Fastnacht Infoblätter an deutsche Frauen. Unter anderem wird geraten, Gegenden mit Flüchtlingsheimen besonders an Fastnacht zu meiden (merkurist.de)Steinkirchen / Bayern:  Ein als Panzer dekorierter Wagen mit den Aufschriften „Ilmtaler Asylabwehr“ und „Asylpaket III“, Ermittlungen gegen Volksverhetzung, keine Konsequenzen (ZEITn-tv)Wasungen / Thüringen: Motivwagen einer Karnevalsgruppe mit der Aufschrift „Balkan Express“ und „Die Ploach kömmt“, der von Narren begleitet wurde, die als Heuschrecken verkleidet waren. Auch Ermittlungen, auch keine Konsequenzen (ZEIT

Justiz 

Prozess in Hannover: Angeklagte gestehen Anschlag auf Flüchtlingsheim in Salzhemmendorf

Im Prozess um den Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft im niedersächsischen Salzhemmendorf (Molotowcocktail in die Wohnung einer Mutter aus Simbabwe) haben die drei Angeklagten die Tat gestanden, sie aber auf „Alkohol“ geschoben, sie seien nicht ausländerfeindlich. Das aber ist unglaubwürdig: Vor der Tat hörte das Trio Musik rechtsradikaler Bands. Laut Zeugenaussagen hätten die Angeklagten hätten bei einer Vernehmung  „total rassistisch gesprochen“, Saskia B. habe gesagt „die Scheißn***** sollen zurück in ihr Land“. Kurz vor dem Anschlag soll Dennis L. sogar gerufen haben, er wolle „einen N***** brennen sehen“.  Auf seinem Handy hatte L. zudem diverse NS-verherrlichende  und rassistische Bilder, unter anderem eine Handgranate mit der Aufschrift „Ausländerüberraschung“. Aber auch Sascha D. und Saskia B. äußerten sich einschlägig, berichteten sich gegenseitig stolz über WhatsApp, dass ihre Kinder „Hitler“ und „Sieg Heil“  gelernt hätten. D. ist zudem wegen politisch motivierter Straftaten polizeibekannt (Blick nach rechtstaz; Reportage zu Salzhemmendorf in der Süddeutschen Zeitung).Der mutmaßliche Haupttäter trägt als Tattoo auf der Brust ein Wikingerschiff mit einer Odal-Rune und auf dem Arm einen Wikinger mit einem Totenkopfring. Die Embleme seien von der SS und auch von der in den Neunzigerjahren verbotenen Neonazi-Organisation Wiking-Jugend benutzt worden, sagte der Polizist. „Es ist klar für uns Staatsschützer, was solche Tätowierungen aussagen.“  (Spiegel Onlinetaz). 

Erste Hetzer von Heidenau verurteilt

Als der rechte Mob im Sommer im sächsischen Heidenau skandierte, war auch er mit dabei und beleidigte Polizisten als „Volksverräter und Ratten“ und zeigte ihnen den Mittelfinger, auch im Gerichtssaal zeigte sich der 45-Jährige aus Freital wenig einsichtig.  Er gab an, nicht bei den ersten Ausschreitungen dabei gewesen zu sein, mit den Worten: „Nur als unsere Regime-Mutti das arabische Männerheim besuchte, war ich in Heidenau.“ Im Gerichtssaal erhielt der 45-Jährige, der wegen ähnlicher Delikte bereits vorbestraft sein soll, nun die Quittung für sein Verhalten: Der Richter verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 2400 Euro – und brummte ihm als Erziehungsmaßnahme zusätzlich einen Monat Fahrverbot auf (Focus).

Als nächstes stand Silvio T. (48) vor Gericht – Zeigen des Hitlergrußes, der auch fotografisch festgehalten worden war. Urteil: 1.320 Euro Geldstrafe (Bild). 

Rostock: Angeklagte gestehen Anschlag auf Flüchtlingsheim

Im Prozess um den Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Groß Lüsewitz (Landkreis Rostock) im Oktober 2014 haben die beiden Angeklagten umfassende Geständnisse abgelegt. Die 25 und 26 Jahre alten Männern ließen über ihre Anwälte erklären, ihnen sei bewusst gewesen, dass durch die Brandsätze Menschen zu Schaden kommen konnten. Dies sei ihnen jedoch egal gewesen, da sie bei der Tat betrunken gewesen seien. In dem Prozess vor dem Landgericht Rostock wirft die Staatsanwaltschaft dem Duo versuchten Mord und versuchte schwere Brandstiftung vor. Den Angeklagtenn wird vorgeworfen,  in der Nacht zum 12. Oktober 2014 zwei Molotowcocktails auf die Unterkunft geworfen zu haben. Im oberen Stockwerk schliefen Familien mit Kindern (ndr)

Brandenburg: Initiative „Heimat & Zukunft“ im Visier des Verfassungsschutzes

Die Initiative bezeichnet sich selbst als „Zusammenschluss asylkritischer Bürger“. Auf ihrer Facebook-Seite wurden Fotos mit Plakaten „Nein zum Heim“ gepostet. Wie der Brandenburger Verfassungsschutz nun bestätigt, wird die Initiative „Heimat & Zukunft“ in Südbrandenburg überprüft (rbb). 

Rassismus: Wenig unbescholtene Bürger als Täter – Der Terror kommt doch von rechts

Unbescholtene Bürger aus der Mitte der Gesellschaft seien verantwortlich für Gewalt gegen Asylunterkünfte, heißt es. Recherchen von ZEIT ONLINE zeigen, dass die These vom neuen Tätertyp so nicht stimmt. Vielmehr geht die Gewalt oft von Menschen aus, die schon vorher extrem rechte Ideen pflegten. Viele von ihnen sind keine organisierten Neonazis, keine bomberbejackten Skinheads, keine eingetragenen NPD-Mitglieder, keine Kameradschaftsaktivisten. Aber sie hängen einer rassistischen, ausländerfeindlichen und extremistischen Ideologie an und fühlen sich von ihr zum Handeln aufgefordert. Es ist keine neue Mitte, die Flüchtlinge jagt. Vielmehr radikalisieren sich Einzelpersonen und kleine Gruppen unabhängig von rechtsextremen Organisationen. Gestützt und getragen von der aggressiven öffentlichen Debatte steigern sie sich in Hass hinein und wenden schließlich Gewalt an. Sie wollen Angst und Schrecken verbreiten. Dafür nehmen sie sogar Tote in Kauf. Ein Team von ZEIT-ONLINE-Redakteuren hat 65 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte untersucht,  in denen die Ermittler einen Tatverdächtigen ausfindig machen konnten. In der Mehrzahl der ZEIT ONLINE namentlich bekannten Verdächtigen finden sich Indizien dafür, dass sie rechte Ideologien und Kontakte pflegen, obwohl sie in der Statistik als unbescholtene Bürger gelten (die übrigen sind psychisch krank, Serienbrandstifter oder wenige zuvor nicht-rechte Besorgtbürger). (eine Analyse von Die ZEIT)

 

BKA-Vizechef nennt in Erfurt Fakten über Kriminalität und Asylbewerber

Peter Henzler,  Vizepräsident des Bundeskriminalamtes (BKA) lieferte in Erfurt in einer Gesprächsrunde der Konrad-Adenauer-Stiftung Fakten zur Debatte um Kriminalität und Hass in der aktuellen Flüchtlingskrise (Thüringer Allgemeine):

im Gegensatz zum rasanten Anstieg der Flüchtlingszahlen stiegt die Zahl der von Flüchtlingen begangenen Straftaten nur moderat.Etwa ein Drittel dieser registrierten Taten seien „Vermögens- und Fälschungsdelikte“ gewesen (meist: Schwarzfahren)Das zweite Drittel waren Diebstahlshandlungen rund 18 Prozent waren Rohheitsdelikte wie Körperverletzungen. 0,8 Prozent der Straftaten seien Sexualdelikte (Nötigungen, Vergewaltigungen)

 

Rechtsextreme Parteien in Zeiten der Flüchtlingsfeindlichkeit

Die Rechte“ vor Flüchtlingsheimen: „Wir hängen nicht nur Plakate auf“: Der Staatschutz ermittelt gegen die Partei Die Rechte wegen Wahlplakaten, die am Wochenende in Magdeburg vor einer Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Neu-Olvenstedt angebracht wurden. Darauf steht der Slogan „Wir hängen nicht nur Plakate!“. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Sören Herbst habe Anzeige erstattet, wie ein Polizeisprecher auf Nachfrage mitteilte (Volksstimme).

NPD Bayern imitiert Bekanntmachungen zur Willkommenskultur: Im zunehmenden Konkurrenzkampf völkischer und nationalistischer Gruppen um Aufmerksamkeit für ihre Positionen versucht sich nun auch die NPD Bayern Gehör zu verschaffen. Bezeichnenderweise verzichtet die NPD bei den Titelblättern auf die Kennzeichnung des Materials mit dem eigenen Logo. Wie bei Demonstrationen in letzter Zeit häufiger zu sehen, wird ganz auf das Bekenntnis zur dahinterstehenden Organisation verzichtet. Camouflage ist angesagt. Mit dem Titel „Bekanntmachung zur `Willkommenskultur` in der BRD“ wählten die Kader dann auch einen eher offiziell klingenden Titel, den der Sprachgebrauch eher bei Behörden und staatlichen Stellen ansiedelt. Erst am Ende sollten Leser sich tatsächlich durch die inhaltlichen Punkte arbeiten, klärt die Partei auf, aus welcher Ecke es kommt, bemerkbar ist es schon vorher (Endstation rechts Bayern

Statements, die Aufmerksamkeit erregten 

Neuer rassistischer Hetz-Tweet von Erika Steinbach

Die rechte CDU-Abgeordnete Erika Steinbach sorgt erneut mit einem Tweet im Kurznachrichtendienst für Empörung. Auf einem Foto ist unter der Überschrift »Deutschland 2030« ein blondes, weißes Kind zu sehen, das von vielen Menschen mit ausländischem Aussehen angestaunt wird. Die Botschaft, welche Steinbach hier sendet, ist unverkennbar gegen die Asylpolitik der Bundesregierung gerichtet – Motto: In einigen Jahren werde es wegen des angeblich zu starken Zuzugs von Migranten hierzulande kaum noch »weiße Deutsche« geben. Ähnliche Symboliken hatten in der Vergangenheit auch Rechtsradikale immer wieder benutzt. Steinbach ist Sprecherin für Menschenrechte in der Unionsfraktion im Bundestag (ND) – dazu ein  hervorragender Kommentar von Oliver Kalkhofe auf Facebook

Angela Merkel: „Ich habe keinen Plan B“

Merkel lehnt in der Flüchtlingspolitik eine Kursänderung ab. Eindringlich wirbt sie in der Sendung „Anne Will“ für einen europäischen Weg. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Linie in der Flüchtlingspolitik trotz aller Kritik aus der CSU bekräftigt. Sie werde ihre ganze Kraft darauf setzen, eine europäische Lösung mit dem Schutz der Außengrenzen zu finden, sagte Merkel in der ARD-Sendung Anne Will. Sie habe keinen Plan B. Auf die Frage, was eine Kursänderung bewirken könne, sagte Merkel: „Ich sehe nichts, was das hervorrufen könnte.“ Persönliche Konsequenzen für den Fall, dass der EU-Türkei-Gipfel am 7. März scheitere, schloss Merkel aus. „Meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit besteht darin, dass dieses Europa einen gemeinsamen Weg findet“, sagte sie. Sie setze ihre gesamte Kraft auf den von ihr eingeschlagenen Weg einer europäischen Lösung sowie einer Bekämpfung der Fluchtursachen vor allem in Syrien. „Das alles mag manchen zu langsam gehen“, sagte die Kanzlerin. Sie glaube aber daran, dass dies der einzige Weg zu einer nachhaltigen Lösung sei (ZEITSpiegel Online). 

Gründe Flüchtlingsfeindlichkeit: Tübingens OB Palmer macht sich zum Horst

Der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, plädiert für eine striktere Flüchtlingspolitik und reizt damit einmal mehr seine Partei. Sein Stil erinnert an CSU-Chef Horst Seehofer. Am Ende sind immer die anderen schuld, wenn Politiker meinen, nicht richtig wiedergegeben worden zu sein. Dem SPIEGEL gab Boris Palmer jetzt ein großes Interview, in dem er u.a. Zäune an der EU-Außengrenze mit bewaffneten Grenzern forderte (Spiegel OnlineIITagblatt). 

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