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Hetze im Harmlos-Style Der Videokanal “Wir klären das” von EinProzent

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(Quelle: Screenshot aus dem YouTube-Kanal "Wir klären das")

In der Video-Reihe „Wir klären das“ stellt AfD-Mitglied Marie-Thérèse Kaiser zentrale ideologische Konzepte der „neuen” Rechten, wie zum Beispiel Identität dar. Die 24-Jährige ist Kreisverbandsvorsitzende der Partei in Rotenburg (Wümme) in Niedersachsen und kam laut eigener Aussage 2015 aus Enttäuschung über die CDU-Politik zur AfD. Kaiser beschreibt sich auf ihrem Twitter-Kanal stolz mit einem Zitat, das angeblich vom Rotenburger Aktionsbündnis gegen Rassismus kommt, als „sehr bedeutende Aktivistin der neuen Rechten“. Der Kontakt zu EinProzent kam laut Kaiser selbst auch über den rechtsextremen Think-Tank „Institut für Staatspolitik“ des Verlegers Götz Kubitschek zustande. 

Beide bisher erschienen Videos des neuen Kanals funktionieren nach dem gleichen Schema. Zuerst verweist Kaiser auf neutrale Definitionen der Wörter um die es in dem Video geht, beispielsweise aus dem Duden. Anschließend „erklärt“ sie die Begriffe mit einer „Schaut mal was hier WIRKLICH gemeint ist“-Attitüde ganz im Sinne der rechten Antidemokrat*innen von Identitären und AfD. Erklären bedeutet hier, dass sie die Begriffe in ein rechtes Weltbild einbettet, in dem Migration per se schlecht und der Erhalt der eigenen nationalen Identität von enormer Bedeutung sind. Sie nennt den UN-Migrationspakt einen „Pakt für mehr Migration“, bedauert, dass die Bedeutung der „ethnokulturellen Identität“ abnehme und spricht von „Ausländern mit deutschem Pass“. Dieser rassistische Nationalismus in Reinform, laut dem einzig und allein die Abstammung über die „wahre“ Nationalität und Identität eines Menschen entscheiden kann, kommt in einem Corporate-Design daher, wie es auch die öffentlich rechtlichen Kanäle von „funk“ verwenden könnten. Mit verspielten Memes und Zeichnungen, ganz im Stile von den bekannten Bildungsfernsehkanälen, wird Rechtsaußen-Ideologie transportiert, unter anderem mit Verweis auf den Philosophen Herder und den Nationalismus-Forscher David Miller. 

Hinter dem Kanal steht die Initiative „EinProzent“, zu deren Zielen es laut eigener Aussage u.a. gehört, eine „Gegenöffentlichkeit zu schaffen“ und sogenannte „Widerstandszentren“ zu errichten. Mit Revolutionskitsch und positiv besetzten Begriffen wie „Zivilcourage“ wirbt das Netzwerk um Spender*innen. Das Ziel ist klar: rechte Akteur*innen sollen vernetzt, aktiviert und unterstützt werden. Vorsitzender ist der Verleger Phillip Stein, der enge Verbindungen zu Rechtsradikalen aller Art pflegt. Er ist Sprecher der stramm rechten „Deutschen Burschenschaft“, wurde 2018 von der AfD eingeladen im Bundestag zu sprechen und trat in einem Tagungszentrzum auf, das von der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck mitgegründet wurde. 2017 beteiligte er sich an einem gewalttätigen Angriff auf einen Fotografen vor einem Verbindungshaus der „Burschenschaft Germania“ in Marburg. 

Die Verbindungen zwischen EinProzent und der Identitären Bewegung sind eng. Erstere entwickelten das Spiel mit dem vielsagenden Titel „Heimat Defender“, dessen zentrale Figur unter anderem Sprecher der IB-Österreich, Martin Sellner, ist. Ebenfalls eine Figur in dem Spiel ist der Identitäre Alexander Kleine, genannt Malenki, der auch die Video-Reihe „Laut gedacht“ moderiert. Die wiederum wird von EinProzent gesponsort. Das Spiel wurde von „Kvltgames“ veröffentlicht, einer Spielefirma die Roland Moritz gehört, der aus dem Umfeld der österreichischen Identitären kommt. Um Spenden für ebenjenes Spiel wirbt auch „Wir klären das“-Moderatorin und AfD-lerin Kaiser auf ihrem Twitter-Kanal.

Marie Thérèse-Kaiser auf ihrem Twitter-Account (Screenshot).

Hier wird wieder einmal deutlich, wie wenig Berührungsängste AfD-Mitglieder trotz der Unvereinbarkeitsliste der Partei mit den Identitären haben. Seit 2015 verbietet der Beschluss unter anderem aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der rechtsextremen „Identitären Bewegung” und der NPD die AfD-Mitgliedschaft. Die Liste ist aber, mit Blick auf die zahlreichen Verbindungen zwischen den „Nazi-Hipstern“ und der Partei, eher kosmetischer Natur. Für das Image als „bürgerlichen“ Partei sieht Abgrenzung ins offene  rechtsextreme Milieu schick aus, Konsequenzen für die Mitarbeiterwahl werden daraus aber nicht unbedingt gezogen. So wurde kürzlich bekannt, dass Michael Frisch, Vorsitzender des AfD-Verbands Rheinland, über mehrere Monate einen polizeibekannten Rechtsextremisten beschäftigte, der sowohl bei den Identitären, als auch bei der NPD aktiv war . Vor einigen Jahren kandidierte der nun ehemalige Mitarbeiter für die NPD bei der Landtagswahl und Mitte 2020 beteiligte er sich an einem Infostand der „Identitären Bewegung”.

2018 recherchierte die taz, dass die AfD-Bundestagsfraktion zahlreiche Mitarbeiter*innen aus dem offen rechtsextremen Milieu beschäftigte, auch aus der „Identitären Bewegung”.

Auch andere AfD-ler*innen, wie der Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider in Sachsen-Anhalt, sehen die Unvereinbarkeitsbeschlüsse anscheinend eher als Pi-Mal-Daumen-Angabe, denn als Grund für echte Abgrenzung. Der kulturpolitische Sprecher der AfD-Landesfraktion wirbt auf seiner Website mit dem Slogan „Ein starkes Theater braucht eine Identitäre Bewegung“. Die letzten beiden Wörter sind mit schwarz und gelb unterlegt, ganz im Corporate Design der gleichnamigen Organisation. 

Hinter „Wir klären das“ finden sich genau die rechten Strukturen, die schon so lange bekannt sind und von denen sich die AfD, zumindest in Teilen nach außen hin versucht abzugrenzen, daran kann auch die harmlose Ästhetik des Kanals nichts ändern. 

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