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Marsch fürs Leben Tracht, reaktionär und Anti-Choice

Der dritte Münchner „Marsch fürs Leben” zog am 25. März mehrere tausend Demonstrierende auf die Straßen der bayerischen Landeshauptstadt. Reaktionäre verschiedener Couleur präsentierten offen ihren Antifeminismus.

 
Am 25. März 2023 fann in München zum dritten mal der "Marsch für das Leben" statt. Dabei wurde auch Plastikföten verteilt. (Quelle: AAS)

Antifeminismus ist ein Bindeglied, er schlägt Brücken zwischen verschiedenen reaktionären Gruppierungen und Milieus. Fundamentalistische Christen, Konservative und extrem Rechte reichen sich die Hände, um gegen die moderne Gesellschaft zu rebellieren. Die Selbstbestimmung von nicht-männlichen Personen ist ihnen dabei ein Dorn im Auge.

Einmal mehr zeigte sich das beim Münchner Ableger des „Marsch fürs Leben“, der am vergangenen Samstag zum dritten Mal in der Landeshauptstadt stattfand. Im Vergleich zum Vorjahr gab es beträchtlich mehr Teilnehmende: Rund 3.000 selbsternannte „Lebensschützer*innen“ demonstrierten gegen Abtreibungen, aber auch Sterbehilfe.

Beim Verbreiten ihrer Botschaft versuchen sie sich in Selbstverharmlosung und positiver Verpackung ihres Missionierens. Sie reden von Menschenrechten, die sie verteidigen wollen, vermeintlich stehen sie ein für das Leben – „Pro Life“ heißt das in der Szene. Doch während die Bewegung Föten die Menschenwürde zuspricht, will sie diese Schwangeren  wegnehmen. Das Narrativ: Während der dämonische Feminismus die Gesellschaft zugrunde richtet, wähnen sich die „Lebensschützer*innen“ als einzige moralische Retter.

Welche Vorstellungen von Gesellschaft das bedeutet, wurde in München deutlich: Ein traditionelles Familienbild, auf Plakaten und auf der Bühne geht es gegen Abtreibungen, aber auch Sterbehilfe. Einzelne Teilnehmende trugen Trumps rote „Keep America Great”-Kappen.

Matt Britton, Boardmember der Organsiation „40 Days for Life“, die Schwangere vor Abtreibungskliniken belästigt.

Dass Personen mit Verbindungen zur AfD auf der Bühne stehen oder Burschenschafter mitdemonstrieren, ist für die Veranstalter*innen kein Problem: ein offener Schulterschluss christlicher Milieus und der extremen Rechten. Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx ließ Grußworte ausrichten. Mit Ausnahme einer Frau stehen nur Männer auf der Büne. Zum Beispiel der US-Amerikaner Matt Britton. Britton sitzt im Vorstand von „40 Days for Life”, eine Organisation, die auch in Deutschland, Frauen belästigt, die Abtreibungskliniken betreten.

Der vom Verein „Stimme für Stille” organisierte Marsch zog mehrere Gruppen von„40 Days for Life” an, aber auch die „katholische Jugendbewegung” (KJB), die Jugendorganisation der erzkonservativen Piusbruderschaft, die „KJB”, war ebenso vertreten wie die Stiftung „CitizenGo”. Die Organsiation soll ein Päckchen inklusive Drohbrief und Plastikfötus, der in roter Farbe schwamm, an einen Vorarlberger Landrat geschickt haben.

Zur Demo gab es ein Rahmenprogramm. Neben Gottesdiensten fand zum Beispiel ein von den CDL, den „Christdemokraten für das Leben“, organisierter Frühschoppen im Hansa-Haus. Unter den Abtreibungsgegner*innen dort waren der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger und der Anti-Choice-Aktivist Paul Cullen. Aber auch Neofaschist*innen waren vor Ort, die mit „White-Power“-Gesten posierten.

Zum Abschluss durften die Teilnehmer*innen, die häufig in Tracht erschienen waren, noch den wohligen Klängen der Bayernhymne lauschen, die von Blasmusikern auf der Bühne zum Besten gegeben wurde. Zuvor, nachdem der Demonstrationszug wieder seinen Ausgangspunkt am Königsplatz erreicht hatte, stiegen Luftballons in Gelb und Blau in die Luft.

Update 31. März 2023: Mittlerweile stellt sich heraus, dass die Lebensschützer*innen das Grußwort des Münchner Erzbischofs Marx lediglich erfunden hatte.

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