Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Twitter-Takeover Elon Musk kauft Twitter – ein Grund zur Sorge?

Von|
(Quelle: Unsplash)

„Wenn ich mir seine [Elon Musks] Tweets anschaue, freue ich mich immer mehr, dass er Twitter übernimmt,“ witzelt Martin Sellner, Kopf der rechtsextremen „Identitären Bewegung” (IB), im Livestream am Montagabend. Die Nachricht, dass Elon Musk den Kurznachrichtendienst Twitter gekauft hat, dominiert seit dem 25. April die Schlagzeilen. Erst vor wenigen Wochen wurde überhaupt bekannt, dass Musk den Kurznachrichtendienst übernehmen möchte. Nachdem der Konzern noch vor zehn Tagen ankündigte, Maßnahmen zu ergreifen, um sich gegen die Übernahme des Tesla-Gründers zu wehren, scheint dieser Kampf nun verloren. Musk kauft die Social-Media-Plattform mit etwa 330 Millionen monatlichen Nutzer:innen für rund 44 Milliarden Dollar. 

Warum die Tweets, des Tech-Milliardärs dem führenden IB-Kader Martin Sellner Freude bereiten, wird bei einem Blick auf Elon Musks Twitter-Profil mit knapp 85 Millionen Abonnent:innen schnell klar. Mehrfach täglich meldet sich Musk in weniger als 280 Zeichen oder per Meme zu verschiedensten Themen zu Wort. „Dog whistling“, also Codes, die nur von Eingeweihten verstanden werden und nach rechtsaußen zielen, sind dabei keine Ausnahme. Als Kritiker von Coronamaßnahmen teilte er in der Vergangenheit Memes, die eine Impfung gegen das Coronavirus ins Lächerliche ziehen und damit beliebt bei Coronaleugner:innen geworden sind.

Quelle: Screenshot Twitter
Quelle: Screenshot Twitter

Ein inzwischen gelöschter Tweet von Musk sorgte im Februar 2022 für Kritik. Als Reaktion auf die Proteste von Lkw-Fahrer:innen erließ der kanadische Premierminister Justin Trudeau Notstandsgesetze. Musk teilte in diesem Kontext ein Bild von Adolf Hitler mit der Aufschrift: „Stop comparing me to Justin Trudeau. I had a budget“. Zwar wurde dieser geschmacklose Vergleich inzwischen gelöscht, doch zahlreiche andere Memes bleiben, wie etwa ein Bild des Diktators im Schlafanzug auf einem fliegenden Teppich mit Regenbogenschweif, betitelt mit den Worten: „Everyone I Don’t Like is Hitler: A Child’s guide to online political discussion“. 

Quelle: Screenshot Twitter

Mitte März 2022 mokiert sich Musk mit einem geteilten Meme über die Streaming-Plattform Netflix. In Kombination mit einem beliebten Meme-Motiv aus der Erfolgsserie „Narcos“ lautet der Text: „Netflix waiting for the war to end to make a movie about a black ukraine guy falls in love with a transgender russian soldier“. Memes sind vor allem wegen ihren humorvollen Interpretationen von vermeintlich widersprüchlichen Zusammenhängen sehr beliebt. Mit Rassismus und Transfeindlichkeit nimmt das Meme den angeblichen „Kulturmarxismus” aufs Korn. Laut Narrativ der Alt-Right werden durch Filme und Medien familien- und „weißenfeindliche” Propaganda verbreitet. 

Quelle: Screenshot Twitter

Angesichts der Nachricht von sinkenden Nutzer:innen-Zahlen von Netflix schrieb Musk vor kurzem auf Twitter: „The woke mind virus is making Netflix unwatchable“. Auf die Antwort eines Nutzers: „Woke mind virus is the biggest threat to the civilization“, erwidert Musk: „Yes“. Die hier nicht zum ersten Mal von Musk kritisierte „Wokeness“ ist auch der rechtsextremen Online-Bubble ein Dorn im Auge. 

Vor knapp zwei Jahren schrieb Musk bei Twitter: „Take the red pill“. Die Referenz aus dem Film „Matrix“ ist neben den vielseitigen popkulturellen Bezügen ebenfalls Slogan der Alt-Right. Tweets wie diese sind auf dem Profil des neuen Twitter-Eigentümers kein Einzelfall. Vor wenigen Wochen teilte Musk ein sogenanntes „Feelsman meme“, das seinen Ursprung und häufige Verwendung in rechtsextremen Online-Communitys findet. In der Mitte ist eine graue Figur zu sehen: Das NPC-Meme, das den nicht-rechtsradikalen Teil der Gesellschaft als “Non Playable Character”, also roboterhaft und ohne eigene Meinungen darstellt. Die Figur ist umringt von den bunten Flaggen verschiedener Queerer Communitys und hält eine Ukraine Flagge. Im kreisförmigen Rahmen um das Motiv steht „I support the current thing“, also das Aufregerthema der Stunde. Engagement für gesellschaftliche Themen wird herabgewürdigt und als lächerlich und nicht ernst zunehmend abgetan.

Quelle: Screenshot Twitter

Musk möchte mit seiner Übernahme nach eigenen Angaben vor allem die Meinungs- und Redefreiheit auf Twitter ausbauen. Er selbst gilt als Vertreter radikaler Meinungsfreiheit und kritisiert entsprechend Maßnahmen des Konzerns, die Aussagen oder Profile auf der Plattform einschränken oder gar löschen. Die Nachricht seines Twitter-Take-Overs sorgt daher nicht nur in der rechtsalternativen Presse, sondern auch in einigen Telegram-Kanälen für Schadenfreude und Diskussion. In einem Kanal mit über 130.000 Abonnent:innen, der ausschließlich Inhalte und Nachrichten der verschwörungsideologischen Gruppierung „QAnon” teilt, werden die jüngsten Entwicklungen als Zeichen dafür gedeutet, dass Ex-Präsident Trump bald wieder Twitter nutzen wird, um endlich den „Sturm-Tweet“, die Botschaft zur Verkündung des langersehnten Tag X, zu verbreiten. Zu ihrer Enttäuschung, kündigte Trump jedoch bereits gegenüber Fox-News an, trotz Musks zukünftigen Verbesserung der Plattform, nicht zu Twitter zurückkehren zu wollen. Auch skeptische Stimmen zu Elon Musks Take-Over tauchen aktuell bei Telegram auf. „Don’t be fooled people. He is one of their puppets. Avoid Twitter.“ schreibt ein:e User:in und bezieht sich damit auf die antisemitische Verschwörungsideologie eines „Deep States“ der angeblich im Geheimen die Fäden zieht und so das Weltgeschehen kontrolliert.

Wie genau sich Musks Übernahme auf die Nutzung der Plattform auswirkt, bleibt abzuwarten. Bereits jetzt hat die Plattform große Probleme Hassrede und Desinformation entgegenzuwirken. Mit der Übernahme von Elon Musk ist zu befürchten, dass hasserfüllte, diskriminierende und Demokratie gefährdende Inhalte bald wieder freie Fahrt auf Twitter erhalten. 

 

Weiterlesen

Eine Plattform der