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Was kann ich tun, wenn Neonazis in „meinem“ Internet-Forum aktiv sind?

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Toni Peters: Das Internet unterscheidet sich in vielen Bereichen kaum vom wirklichen Leben. Fast alle politischen Einstellungen, auf die man in der Gesellschaft trifft, findet man auch im Netz. Dass dazu auch Rechtsextremismus gehört, ist nicht überraschend. Natürlich surfen, chatten und mailen Rechtsextremisten. Sie haben Blogs und Homepages und beteiligen sich in WebCommunities.

Grundsätzlich gilt wie im realen Leben: Ausgrenzung und Rassismus sind menschenverachtend und keine akzeptablen Meinungen unter vielen anderen, die offen diskutiert werden können. Wer ausgrenzen will, gehört selbst ausgegrenzt. Zumal ein demokratischer Dialog Gleichberechtigung und Offenheit der Beteiligten voraus setzt.
Rechtsextremisten sind aber gegen Gleichberechtigung. Ihnen geht es nicht darum, Argumente auszutauschen, sondern zu agitieren, um Räume für ihre Positionen zu erobern. Ihnen genau dieses streitig zu machen ist nicht nur legitim, sondern überaus wichtig – auch im Netz.

Was also tun, wenn man in Foren und WebCommunities auf Rechtsextremisten stößt?

Deutliche Worte finden

In einem Internetforum wird über Kriminalität diskutiert und ein User verdirbt jede Auseinandersetzung, in dem er immer wieder
pauschalisierend auf Ausländer hinweist, die angeblich für jeden einzelnen Gesetzesbruch in Deutschland verantwortlich sein sollen. Ohne einer Tabuisierung des Themas das Wort zu reden, gilt es Stellung zu beziehen.

Wenn pauschalisiert wird, wenn andere Aspekte des Themas (beispielsweise Armut) abgedrängt werden sollen, dann liegt zumindest ein unangemessener Diskussionsstil vor. Darauf deutlich hinzuweisen ist sinnvoll, auch mit dem Hinweis, dass eine Einbahnstraßen-Argumentation rassistische Vorurteile transportiert. Auf diese Art und Weise geht es möglicherweise zurück zu einer hilfreichen Diskussion. Oder die Fronten klären sich und der Gegenüber outet sich als überzeugter Rassist: dann sollte die Diskussion aus den oben genannten Gründen abgebrochen werden. Immerhin verfolgen Rechtsextremisten auch im Internet eine Wortergreifungsstrategie. Das heißt, sie wollen Themen setzen und Dominanz erringen. Und aus taktischen Gründen geben sich Rechtsextremisten zunächst häufig nicht als solche zu erkennen.

Sachlich bleiben

Auch im Umgang mit Vertretern von extrem rechten Positionen oder offen agierenden Rechtsextremisten gilt die Netiquette, also die Benimmregeln im Netz. Bei aller inhaltlichen Deutlichkeit sollte man höflich und sachlich bleiben und nicht in Polemik oder Beschimpfungen abgleiten. Dass man über rechtsextreme Positionen nicht diskutieren muss und will, kann mit kühlen, klaren Worten formuliert werden. Wenn immer weiter provoziert wird, ist es im Interesse der Diskussion sinnvoller, die Störer vorerst zu ignorieren.

Störenfriede melden

Wenn auch nach einer sachlichen Intervention immer weiter gestört wird, empfiehlt es sich, gegebenenfalls zusammen mit anderen Diskutanten, für eine Sperrung der rechtsextremen User einzutreten. Immerhin haben die meisten Foren und OnlineCommunities entsprechende Nutzungsbedingungen, auf deren Einhaltung man bestehen kann.

Nicht immer gehen Betreiber adäquat auf solche Beschwerden ein und – wie im realen Leben in vergleichbaren Situationen – darf man sich keine allzu großen Hoffnungen machen. Schnell tauchen auch gesperrte Internet-Rechtsextremisten wieder auf, angemeldet mit einem neuen, unbelasteten Account.

Es ist eine andauernde Auseinandersetzung, die Beharrlichkeit und ständige Aufmerksamkeit erfordert, doch sie kann sich lohnen. Rechtsextreme müssen Gegenwind bekommen. Wenn ihre Hetze isoliert wird, sind sie genervt und manchmal auch irritiert und verunsichert – und ein wenig Raum für demokratische Diskussionen ist gewonnen.

Betreiber zum Handeln bringen

Was in Foren gilt, in denen sich Rechtsextreme breit machen wollen, gilt nicht unbedingt in Communities wie MySpace, Lokalisten, Studi- und Schüler-VZ. Dort netzwerken Rechtsextreme häufig in eigenen Gruppen und Zusammenhängen und haben dann auf ihrem Teilterrain der Community von vornherein die Oberhand. Hier wird oft mit deutlicherer Symbolik und derberen Aussagen gearbeitet: schließlich sollen ja nicht politischer Raum gewonnen, sondern die eigene Weltanschauung zelebriert werden.

Um gegen solche extrem rechten Online-Parallelwelten vorzugehen, sind aus praktischen Gründen die Administratoren der Communities die ersten Ansprechpartner. Die Beschwerdestellen sollten genutzt werden, um die Betreiber darauf aufmerksam zu machen, was auf ihren Seiten geschieht.

Bei Gesetzeseverstößen – etwa gegen den Volksverhetzungsparagrafen – sind die Betreiber unter bestimmten Bedingungen sogar verpflichtet,
aktiv zu werden. Aber auch politisch kann argumentiert werden. Wenn eine Community glaubhaft bleiben will, darf sie Rechtsextremisten nicht dulden, wenn sie sich gleichzeitig zu demokratischen Werten bekennt. Vermietet ein Wirt seine Kneipe bewusst an Neonazis, dann sollte er dafür kritisiert werden. Das gleiche gilt im Netz: wer der extremen Rechten eine Plattform zur Verfügung stellt, trägt dazu bei, dass sich Rechtsextremismus ausbreitet.

Neben direkter Intervention gegen rechtsextreme Gruppen (und auch Einzelprofile) ist es genauso sinnvoll, selbst Stellung zu beziehen.
Warum nicht eine eigene Gruppe gegen Rechtsextremismus gründen oder sich einer bestehenden anschließen? Warum nicht ein Banner gegen Neonazis auf die eigene Profilseite stellen?

Rechtsextreme Webseiten melden

Weit weniger Einfluß hat man naturgemäß, wenn man abseits von Foren und Communities auf Internetseiten stößt, die gänzlich von Rechtsextremisten für Rechtsextremisten betrieben werden. Immerhin kann man aber helfen, dass Initiativen und Institutionen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, auf dem Laufenden bleiben.

Das Portal Hagalil betreibt beispielsweise die Internetseite nazis-im-internet.de, wo rechtsextreme Seiten gemeldet werden können. Neben dem dokumentarischen Aspekt bemüht sich
Hagalil auch darum, dass eventuell strafrechtlich relevante Inhalte zur Anzeige gebracht werden. Auch auf jugendschutz.net gibt es ein Meldeformular für als jugendgefährdend empfundene Seiten.

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