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Wie wird Engagement gegen Rechtsextremismus in Städten und im ländlichen Raum erfolgreich?

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Titelbild des Buches "Menschenfeindlichkeit in Städten und Gemeinden". (Quelle: Beltz-Juventa-Verlag)

Andreas Grau ist Diplom-Sozialwissenschaftler und Projektleiter am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld. Mit ihm sprach Simone Rafael.

Sie haben die Verbreitung und die Bearbeitung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Städten und im ländlichen Raum untersucht. Gibt es da Unterschiede – und wenn ja, welche?

Es gibt Unterschiede zwischen städtischem und ländlichem Raum, aber sie sind bei genauer Betrachtung weniger  gravierend als man zunächst annehmen würde. So ist etwa im ländlichen Raum Homophobie etwas stärker ausgeprägt, weil sich Homosexualität dort weniger in der Lebensrealität wiederfindet. Ansonsten verlaufen die Unterschiede aber nicht so sehr zwischen Stadt und Land, sondern es sind strukturelle Faktoren, die Einfluss darauf nehmen, ob ein Lokalraum mehr oder weniger offen für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist. Wenn Regionen strukturelle Probleme haben – eine hohe Arbeitslosenquote, eine marode Wirtschaft, viele Zweitstimmen für die NPD – dann steigt auch die Bereitschaft zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Die Menschen haben dann höhere Abstiegsängste, fühlen sich benachteiligt – und dadurch steigt etwa die Fremdenfeindlichkeit.

Hat Kontakt einen Einfluss darauf?

Ja, Kontakt macht viel aus – wenn ich etwa im ländlichen Raum Ostdeutschlands lebe und kaum Kontakt zu Minderheiten habe, entstehen mehr Vorurteile.

Hat die Existenz rechtsextremer Gruppen in einem Ort einen Einfluss auf die Ausprägung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit vor Ort?

Die reine Existenz von Nazi-Gruppen nicht – erst, wenn in der lokalen Gesellschaft eine Normalisierung rechtsextremer Ideen eintritt, steigen Rassismus, Antisemitismus und Homophobie. Wenn es salonfähig wird, rechtsextreme Parteien zu wählen und die auch entsprechende Wahlerfolge haben, äußern sich die Menschen in der Gemeinde nicht nur offener menschenfeindlich – es wird auch schwieriger, Menschen zu finden, die sich gegen Rechtsextremismus und andere Menschenfeindlichkeiten engagieren wollen. Auch fällt die Wahrnehmung von Rechtsextremismus als Problem dann deutlich geringer aus. Andersherum ist es aber so, dass es für rechtsextreme Gruppen leichter ist, sich dort festzusetzen, wo abwertende Einstellungen bereits stärker verbreitet und somit ihre Themen lokal anschlussfähig sind.

Und wie ist es mit zivilgesellschaftlichem Engagement vor Ort? Macht das einen Unterschied?

Leider nicht immer. Es kommt immer darauf an, ob sich zentrale Figuren im jeweiligen Umfeld für oder gegen das Engagement positionieren. In Kleinstädten wäre das etwa der Bürgermeister, der lokale Unternehmer, Menschen, die als „lokale Eliten“ angesehen werden. Wenn die dabei sind, bei Versammlungen etwa, hat das Engagement gegen Rechtsextremismus einen großen Effekt auf die Gemeinde. Andererseits ist es oft schwer, etwas zu bewegen, wenn die „lokalen Eliten“ indifferent bleiben oder sogar gegen die Bündnisse gegen Rechtsextremismus arbeiten. In Großstädten ist das übrigens genauso, nur hat man dort in der Regel eine größere Auswahl an Prominenten oder lokalen Eliten, die man ansprechen kann. In Kleinstädten  kann dagegen schnell der Effekt eintreten, dass es beim Thema Rechtsextremismus zur Spaltung der ganzen Gemeinde kommt. Nach dem Motto: Wenn Du nicht für uns bist, bist Du gegen uns. In Städten gibt es mehr Ausweichmöglichkeiten.

Das klingt schwierig. Was raten Sie Initiativen im ländlichen Raum?

Es bringt wenig, unwilligen Bürgermeister*innen oder Bürger*innen konfrontativ zu begegnen und sie selbst auszugrenzen. Besser funktioniert es, Begegnungspunkte zu schaffen – zum Beispiel zu gemeinsamen Frühstücken einzuladen, um konkrete Aktionen zu besprechen. Treffen des „Bündnisses gegen rechts“ kann man öffentlich im Stadtanzeiger bewerben oder in den kostenlosen Werbeblättchen darauf hinweisen, damit die, die sich noch nicht engagieren, wissen, wo sie einen Kontakt knüpfen könnten. Am wichtigsten ist es, Offenheit zu signalisieren – dann ist die Chance groß, viele Menschen zu überzeugen und eine dauerhafte Veränderung des demokratischen Klimas vor Ort zu bewirken.

Andreas Grau / Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.): Menschenfeindlichkeit in Städten und Gemeinden. Weinheim und Basel, 2013 (Beltz Juventa Verlag), 306 Seiten, 34,95 Euro

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