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„Zukunft Heimat“ in Cottbus Keine Berührungsängste zu Rechtsextremen und Antisemitismus

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Die "Zukunft Heimat"-Demo im Februar 2018. (Quelle: AAS)

„Zukunft Heimat“ gibt sich betont bürgerlich. Die Vereinsverantwortlichen stellen sich gerne als ganz normale Bürger dar, die die Interessen der Cottbusser vertreten. Schon beim Blick auf die Demonstrationen des Vereins bekommt diese Darstellung gehörige Risse. Neben AfD- und Pegida-Anhänger*innen waren nach Aussage der Polizei unter den Demonstrierenden auch immer wieder bekannte Rechtsextreme. Die Brandenburger Landesregierung konstatierte, dass der Verein „Anlass zu Zweifeln an einer hinreichenden Abgrenzung gegenüber rechtsextremistischen Ansichten und Bestrebungen bietet“. Eine neue Studie des Potsdamer Moses-Mendelssohn-Zentrums liefert dafür jetzt auch eine wissenschaftliche Bestätigung.

Die Forscher*innen haben für die Studie mit dem Titel „Die Sprache der Asylkritik“ Redebeiträge auf den Demos zwischen Mai 2017 und Februar 2018 analysiert. Dabei zeigt sich, dass „Zukunft Heimat“ Ängste schürt und das bei Weitem nicht unbeabsichtigt. Die „Bürgerinitiative“ stellt die Demonstrationen als spontane Reaktion auf Vorgänge in Cottbus dar. Die Forscher*innen erkennen allerdings vielmehr eine „strukturierte, durchdachte Kampagnenform“, die zum Beispiel anhand der Reihenfolge von Redner*innen und der Art ihrer Beiträge genau inszeniert, wie die Demos nach außen, natürlich vor allem für das eigene Klientel, wirken sollen.

Sehr geschickt spielen die Verantwortlichen auf der Klaviatur der sogenannten „besorgten Bürger“: „Verbreitete Ängste, Sorgen und Bedenken im Zusammenhang mit Migration und Kriminalität werden in den Wortbeiträgen gezielt aufgegriffen und durch emotionalisierende Ansprache oder ironisierende Empathieverweigerung verschärft. Im Rahmen der Redebeiträge werden diffuse Sorgen in ein bemerkenswert konsistentes Weltbild eines fundamentalen Nationalismus und eines ethnischen Volksverständnisses überführt.“

Dabei ist es sehr offensichtlich dass der angebliche „Bürgerprotest“ in ein rechtspopulistisches bis rechtsextremes Netzwerk eingebunden ist. Die Studie belegt das anhand einer Analyse der Reder*innen. Die Mehrzahl kommt dabei direkt aus dem Verein. 25 Prozent der Redebeiträge kommen von AfD-Vertreter*innen, 15 Prozent von Pegida. Sieben Prozent der Redebeiträge rechnen die Wissenschaftler*innen „rechtsextremen Bewegungsdienstleistern und –Organisationen“ zu. In Cottbus sprechen immer wieder Vetreter*innen der der rechtsextremen Organisation „Ein Prozent“, die die Proteste unter anderem mit Werbung unterstützt. Auch Vertreter der rechtsextremen „Identitären Bewegung“, die in mehreren Bundesländern vom Verfassungsschutz beobachtet wird und die sich in Österreich wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung demnächst vor Gericht verantworten muss bekamen Redezeit. Die Forscher zählen im Beobachtungszeitraum fünf Reden aus diesem Spektrum. Unter anderem von Götz Kubitschek, Ein-Prozent-Chef Philipp Stein und von Robert Timm, Berlin-Chef der „Identitären“.

Immer wieder greifen Redner dabei das Konzept der „Umvolkung“ auf, laut dem Geflüchtete eine Art Waffe gegen das „deutsche Volk“ darstellen und eigentlich nur dazu dienen, die „Deutschen“ zu verdrängen, um so schließlich ein leichter zu regierendes „Mischvolk“ zu hinterlassen. Eine Verschwörungstheorie, die in der sogenannten „Neuen Rechte“ schon seit Jahren große Konjunktur hat und von vielen Vertretern – auch in der AfD – immer wieder benutzt wird: „Mit dem unterstellten ‚Austausch‘ des Volkes wird ein eindeutig rechtsextremes Motiv verwendet, das offen für antisemitische Verschwörungsmythen ist.“

Verantwortliche für den „großen Austausch“ werden dabei nicht genannt. Diffuse Eliten sind in der Regel die Schuldigen. Gerne wird auch der jüdische Milliardär und Philanthrop George Soros verantwortlich gemacht. In der Sprache von Antisemiten ist das alles ein einfach zu verstehender Code: Die Juden sind schuld.  „Derartige Vorstellungen lassen mindestens latent antisemitische Weltbilder erkennen,“ so die Studie.

„Zukunft Heimat“ ist keineswegs eine harmlose Bürgerbewegung, wie sich der Verein gerne darstellt. Vielmehr hat man es hier mit einer eindeutig „asylfeindlichen“ Gruppierung zu tun, die weder in Sachen Ideologie, noch bei der Redner*innenauswahl Berührungsängste nach Rechtsaußen hat. Mit antisemitischen Verschwörungserzählungen wird systematisch Stimmung gegen Geflüchtete und andere gemacht. Die Forscher*innen stellen ein vernichtendes Urteil aus: “ Mit ihrem öffentlichen Aufruf zu Widerstand, zu einem Austausch der Eliten und einem grundsätzlichen Systemwandel stellt sich die Kampagne in fundamentalen Gegensatz zur parlamentarischen und pluralistischen Verfassungs- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland.“
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