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Wie funktioniert Rechtspopulismus à la „Pro NRW“?

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Die Handreichung „Pro NRW erneut auf Stimmenfang“ zeigt anhand des „Pro NRW“-Jugendflugblattes „Extremismus tötet“, wie die Partei publizistisch manipuliert, die NRW-Innenminister Ingo Wolf erst vor wenigen Tagen als „gefährlich für die Demokratie“ einschätzte. Die Handreichung ist eine Argumentationshilfe mit Handlungsideen für Lehrerinnen und Lehrern, die das Flugblatt an ihrer Schule entdecken (200.000 Stück will „Jugend Pro NRW“ verteilen), hilft aber genauso Menschen weiter, denen die Verfassungsschutz-Beschreibung „Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen“ zu vage ist.

Wie argumentiert „Pro NRW“?

Wie rechtspopulistische Kollegen in Europa geht „Pro NRW“ mit Rassismus, besonders in Form des Schürens von Vorurteilen gegenüber Menschen mit Zuwanderungshintergrund, Bemühen um „innere Sicherheit“ und Kampf gegen „Klüngel und Korruption“ in den Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen.

Beispiel: Rassistische Argumentation

Gezeigt wird im Bild die Erhängung zweier Menschen mit der Bildunterschrift „Hinrichtung glaubensabfälliger Muslime in einem islamischen Land“, kombiniert mit dem Slogan „Die Religion des Friedens: Demnächst auch in Deiner Nähe.“

Zunächst fällt die permanente Gleichsetzung von Islam und Islamismus auf. Suggeriert wird zudem, dass alle „islamischen Länder“ gewalttätig agieren und ähnliches zu erwarten ist, wo Muslime in Deutschland ihre Religion ausüben. Übrigens handelt es sich bei den im Bild gezeigten Opfern der Diktatur im Iran um Homosexuelle, für die „Pro NRW“ sonst nicht besonders viel übrig hat.

Grundsätzlich arbeitet „Pro NRW“ mit Pauschalisierungen und Stigmatisierungen, weil es ihnen nie um eine sachliche und kritische Diskussion gesellschaftlichen Zusammenlebens geht, sondern nur um Stimmungsmache. Die gesamte muslimische Gemeinschaft erscheint so als unterschiedsloses Kollektiv im Kampf gegen die Demokratie.

Law & Order

Gefordert werden von „Pro NRW“ „härtere Strafen“ – oft solche, die bereits Realität der deutschen Rechtssprechung sind – und „Null Toleranz“. Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung zeigt die Handreichung, dass „Pro NRW“ es für sich selbst allerdings nicht so genau mit diesen Forderungen nimmt, selbst verurteilte Straftäter zu Veranstaltungen einlädt und auch bei eigenen Funktionären davon profitiert, dass es bisher keine „Null Toleranz“-Politik gibt.

Weitere Themen sind die populistische Metapher „Das Boot ist voll“ und die besonders perfide Forderung nach „Separaten Klassen für assimilationsunwillige Ausländer“.

Wie ist „Pro NRW“s Verhältnis zum Rechtsextremismus?

„Pro NRW“ entstand aus der Gruppierung „Pro Köln“ – die wiederum wurde gegründet von ehemaligen Mitgliedern der rechtsextremen „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ und der „Republikaner“. Anfangs kooperierten die „Pro“-Gruppierungen mit Neonazis, heute distanziert man sich verbal davon, vertritt aber weiter Ideologiefragmente (Rassismus, Law and Order) und pflegt personelle Kontakte in die rechtsextreme Szene. Allein der neue „Pro NRW“-Finanzier Patrik Brinkmann pflegte bisher Kontakte zu NPD und DVU, was für „Pro NRW“ aber nach eigenem Bekunden kein Problem darstellt. Auch der Verfassungsschutzbericht 2009 beschreibt Kontakte zu teilweise rechtsextremen, zumindest aber ausländerfeindlichen Organisationen im In- und Ausland.

Im zweiten Teil der Handreichung gibt es Handlungsideen für LehrerInnen und SchulleiterInnen, wenn die Flugblätter an der eigenen Schule verteilt werden. Richtig und wichtig dabei der Hinweis darauf, dass „Pro NRW“ (oder andere rechte Parteien) die Aktion so oder so als Erfolg für sich verbuchen werden – entweder weil sie ungestört verteilen konnten und darin Zustimmung wähnen, oder weil sie sich selbst als Opfer einer vermeintlich undemokratischen Gesellschaft inszenieren, deren Schüler durch „freiheitsfeindliche Indoktrination durch ‚Alt-68er-Lehrer'“ gegangen wären. Deshalb sollten SchulleiterInnen sich guten Mutes gegen Verteileraktionen wehren, darauf hinweisend, dass sich Rechtspopulisten wie „Pro NRW“ durch ihre Programmatik selbst außerhalb des demokratischen Spektrums stellen.

Oder, so nennt es auch der Verfassungsschutzbericht 2009, weil sie Ängste schüren vor „Überfremdung“ und rassistische Ressentiments verbreiten und damit die Menschenwürde und das in Deutschland geltende Diskriminierungsverbot missachten.

Die Handreichung „Pro NRW erneut auf Stimmenfang“ gibt es hier als pdf zum Download:

| www.museenkoeln.de/ns-dok/download/20100318_UmgangmitJugendflyer.pdf

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Köln:
NS-Dokumentationszentrum. Info- und Bildungsstelle
gegen Rechtsextremismus
Appellhofplatz 23-25, 50667 Köln
Telefon: 0221- 22 12 63 32
| www.nsdok.de/ibs
ibs@stadt-koeln.de

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

Informationen zu den Gegenaktionen am Freitag, Samstag, Sonntag:
| Vielfältige Proteste gegen „antiislamische Aktionstage“ von „Pro NRW“ und NPD in Nordrhein-Westfalen

| Beratung gegen Rechtsextremismus in Köln: „Klar machen, warum eine Nazi-Symbolik nicht vertretbar ist“

Eine weitere gute Broschüre zum Thema, auch als pdf zum Download:

| RECHTSPOPULISMUS IN GESTALT
EINER ?BÜRGERBEWEGUNG? – Struktur und politische Methodik von PRO NRW und PRO DEUTSCHLAND. NEUFASSUNG 2010

von der Arbeitsstelle Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf

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einhorn

Was tun? Hier gibt es Tipps für Gegenstrategien

Mit Rechtsextremen bekommen Menschen oft überraschend zu tun. Sie machen eine Kneipe in der Nachbarschaft auf, beschimpfen ihr Opfer plötzlich online oder sprühen rassistische Parolen an die lokale Flüchtlingsunterkunft. Und dann? 

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2015-04-22-freihei

„Die Freiheit“

„Die Freiheit“ (Untertitel: Bürgerrechtspartei für mehr Freiheit und Demokratie) ist eine rechtspopulistische Partei, die am 28.10.2010 vom Berliner Abgeordneten René Stadtkewitz (ehemals CDU, Bürgerbewegung Pax Europa), Marc Doll (ehemals CDU) und Aaron König (ehemals Bundesvorstand der Piratenpartei) in Berli

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