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Aktionswochen gegen Antisemitismus Kein Tag ohne Judenhass

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Auftakt der Aktionswochen gegen Antisemitismus (Quelle: Nicholas Potter)

Dass Antisemitismus „für Jüdinnen und Juden Alltag“ ist, wie der Titel zum Auftakt der diesjährigen Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung lautet, wird an diesem Tag, Montag, der 9. Oktober, besonders deutlich. Israel wird von der Hamas brutal angegriffen, Zivilist*innen werden massenhaft ermordet. Auch auf deutschen Straßen jubeln Antisemit*innen, verteilen Süßigkeiten und verherrlichen Terror gegen Jüdinnen*Juden. Und der Schutz von jüdischen Einrichtungen hierzulande muss noch weiter verstärkt werden.

Die Kampagne, die vorgestellt wird, heißt „Zero Antisemitismus“ und zeigt eindrücklich: Kein einziger Tag vergeht, ohne dass Synagogen geschützt werden müssen, ohne dass antisemitische Vorfälle verharmlost werden, ohne dass online gegen Jüdinnen*Juden gehetzt wird oder sie ohne Bedenken Kippa tragen können.

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Schon vor Beginn der Diskussion wird klar: Der runde Tisch, der am vierten Jahrestag des rechtsterroristischen Halle-Anschlags die Aktionswochen gegen Antisemitismus eröffnen soll, wird überschattet von der islamistischen Gewalt gegen Israel. „Wir erleben eine Eskalation eines internationalen Antisemitismus“, sagt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, zum Anfang seines Grußwortes, „einen Angriffskrieg der Hamas gegen Israel, der an den 11. September erinnert, der in der Taktik und Methoden an den ‘Islamischen Staat’ erinnern und der uns alle schockiert hat.“

Auch Nikolas Lelle, Leiter der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus, zeigt sich bestürzt über das Blutbad in Nahost: Wir hatten uns vorgestellt, dass wir heute die Aktionswochen gegen Antisemitismus eröffnen. Wir hatten gedacht, wir berichten jetzt, was alles jetzt Tolles in den nächsten vier Wochen passieren wird.“ Und dann kam der brutale Überfall der Hamas auf israelische Zivilist*innen, aktueller Stand: knapp 1.000 tote Israelis, Tendenz stark steigend.

Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland.

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, ergänzt in seiner Rede: „Niemals könnten wir vergessen, wie dieser Krieg am Samstagmorgen begann, an einem Schabbat, an dem so viele Juden ermordet wurden, wie an keinem Tag seit der Shoah.“ Der Krieg treffe auch die jüdische Gemeinschaft in Deutschland, jüdische Familien seien verunsichert und beunruhigt, berichtet Schuster. Und das vor dem Hintergrund des ohnehin schon grassierenden Antisemitismus in Deutschland: 2.480 antisemitische Vorfälle erfasste die Meldestelle RIAS im Jahr 2022. „Die konstant hohe Zahl an Fällen zeigt, dass Antisemitismus sich häufig in der alltäglichen Art und Weise ausdrückt“, so Schuster weiter.

Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, habe angesichts der vergangenen 48 Stunden sein vorbereitetes Statement kurzfristig abgeändert: Die letzten zwei Tage zeigten noch einmal ganz deutlich, wie wichtig die Aktionswochen gegen Antisemitismus sind. Denn wir sehen ja seit Samstagmorgen, was passiert, wenn Antisemitismus konsequent zu Ende gedacht wird“, so Klein, „wir sehen, was passiert, wenn diejenigen, die Jüdinnen und Juden mörderisch hassen, ihren Hass ungehemmt ausleben können.“

Am runden Tisch sitzen auch Marina Chernivsky, Hanna Veiler, Sigmount Königsberg, Lasse Müller, Volker Beck und Daniel Poensgen. „Die letzten 48 Stunden sind ein einziger Horror gewesen“, sagt Königsberg, Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde Berlin. „Wir haben gestern viele gute Worte gehört, aber wir brauchen jetzt Taten. Und wir brauchen diese Aktionswochen 356 Tage im Jahr.“ Es sind emotionale Worte, aufgeladen mit Trauer und Wut.

Auch Chernivsky wirkt stark betroffen von den Meldungen der vergangenen Tage. Sie ist Geschäftsführerin der Beratungsstelle OFEK für antisemitische Vorfälle, die eine Hotline auf Deutsch und Hebräisch für psychologische Gespräche angesichts Terrors in Israel anbietet. Chernivsky muss sich kurz unterbrechen, um die richtigen Worte zu finden: „Wir sind in einer anderen Realität aufgewacht“, sagt sie, „und es wird nie wieder so sein, wie es vorher war.“

Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion in Deutschland, Hanna Veiler, berichtet vom „neuen Alltag“ seit den Angriffen. Viele junge Jüdinnen*Juden sitzen verzweifelt am Telefon und Computer, um Verwandte und Freund*innen in Israel zu erreichen. „Ziemlich jede jüdische Person kennt jemanden vor Ort, der betroffen ist. Und viele wissen, wie das ist, in Israel auf eine Party in der Wüste zu gehen“, sagt Veiler über das Massaker auf dem Festival Supernova, bei dem mindestens 260 Besucher*innen ermordet wurden und viele weitere von der Hamas nach Gaza entführt wurden. „Das hätte jede von uns treffen können.“

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