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Alternative Medien KenFM wird vom Verfassungsschutz beobachtet

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Screenshot aus einem Video der Plattform KenFM, in dem Ken Jebsen seinen Wegzug aus Deutschland ankündigt.

Laut Verfassungsschutz verbreitet KenFM gefährliche Verschwörungserzählungen, offenbar beobachtet der Geheimdienst das Medienportal schon seit März als Verdachtsfall. Die Seite verbreite Falschinformationen und Desinformationen und treibe die Radikalisierung unter „Querdenker:innen“ voran.

Ken Jebsen, der mit bürgerlichem Namen Kayvan Soufi-Siavash heißt, betreibt KenFM schon seit 2012. Vorher arbeitet Jebsen für den rbb als Radiomoderator der Sendung KenFM. Noch als öffentlich-rechtlicher Moderator vertrat Jebsen schon fragwürdige Meinungen. Die offizielle Darstellung der Anschläge vom 11. September 2001 bezeichnete er damals als Verschwörungstheorie, die USA hätten die Anschläge vielmehr selbst inszeniert. 2011 veröffentlichte der Publizist Henryk M. Broder eine E-Mail des Moderators, in der stand: „ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat“ (sic!). Im November 2011 wurde Jebsen vom rbb entlassen. Seitdem veröffentlichte er seine Videos auf der eigenen Website und YouTube.

Verschwörungserzählungen waren dabei immer zentraler Bestandteil. Dazu gehört Antisemitismus. „Eliten“ und geheime Mächte sind für den Moderator an allem Schuld, George Soros steht im Hintergrund und zieht laut Jebsen zum Beispiel beim „International Women’s March“ 2017 angeblich die Fäden. Manchmal sind auch „radikale Zionisten“ schuld, die angeblich die Massenmedien unterwandern würden: „Es ist eine mediale Massenvernichtungswaffe, die hilft, dass wir seit über 40 Jahren die Fresse halten, wenn im Auftrage des Staates Israel Menschen in Massen vernichtet werden“, sagte Jebsen 2012 in einem später gelöschten Video.

2014 war Jebsen einer der Organisatoren der sogenannten Montagsdemos. Anlässlich des Ukrainekonflikts organisierten sich damals Verschwörungsfreund:innen aus ganz Deutschland und verbündeten sich mit Rechtsextremen, Antisemit:innen und Reichsbürger:innen. Die selbsternannte „neue Friedensbewegung“ von 2014 gilt heute vielen Beobachter:innen als Vorläuferin rechtsoffener, verschwörungsideologischer Sammlungsbewegungen wie „Querdenken“.

Wenig verwunderlich, dass Jebsen von Anfang an die Demonstrationen gegen die Maßnahmen der Bundesregierung zur Pandemieeindämmung wohlwollend begleitet hat. Nicht ohne Desinformation und Verschwörunsideologien: Etwa hätte die Stiftung von Bill und Melinda Gates die WHO und Medien vereinnahmt und nebenbei die Politik in Deutschland gekapert. NS- und Holocaustvergleiche gibt es auch zur Pandemie. Die Maßnahmen zur Eindämmung entsprächen dem NS-Staat, sie zu unterstützen sei vergleichbar mit der Unterstützung der Schoah: „Und wenn ihr euch auch die Frage gestellt habt, wie hat sich das denn angefühlt: Das war so wie jetzt. Genau so.“

Seine Videos verbreitete Jebsen bis zum Januar 2021 auch über YouTube. Seitdem ist das allerdings vorbei. YouTube löschte seinen Kanal, mit mehr als 500.000 Abonnent:innen nachdem KenFM mehrmals gegen die Nutzungsrichtlinien der Plattform verstoßen hatte. Über den Kanal seinen medizinische Falschinformationen verbreitet worden. Jebsen will dagegen eigenen Angaben nach klagen.

Anfang Mai 2021 eröffnete die Medienanstalt Berlin-Brandenburg ein Verfahren gegen KenFM. Die Medienanstalt ist für kommerzielle Online-Medien und Angebote verantwortlich, die nicht Selbstkontrolleinrichtungen wie dem Presserat unterworfen sind, und gegen journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen.

Am 27. Mai wurde jetzt bekannt, dass der Berliner Verfassungsschutz das Portal schon seit März beobachtet. Wie lange das gutgeht ist fraglich, denn offenbar plant Jebsen mit seiner Firma das Land zu verlassen. Schon Anfang Mai hatte er in Video vor Umzugskartons angekündigt: „Wir gehen in ein Land, wo man uns in Ruhe arbeiten lässt.“ Jebsen klagt im Video über die verlorene Reichweite und eine „Einheitspresse, SED-Presse“ im Land, mit KenFM als scheinbar einzigem Lichtblick. Dabei geht es auch immer wieder um Geld. Denn Ken Jebsen braucht Unterstützung: für den Umzug, ein Stiftung und was eben sonst noch so anfällt. In 15 Minuten Video weist er gleich mehrmals darauf hin.

Zur Verfassungsschutzbeobachtung bleibt es bisher allerdings noch ruhig bei KenFM. Auf den offiziellen Kanälen der Plattform findet sich keine Erwähnung und auch Jebsen persönlich hat sich offenbar bisher nicht geäußert. Seine Fans und Unterstützer:innen aus dem „Querdenken“-Umfeld reagieren erwartbar empört. Sie sehen, wie so oft, die Meinungsfreiheit in Gefahr und glauben an eine Kampagne gegen den Moderator.

In den letzten Wochen und Monaten reagieren Behörden und Plattformen nach anfänglichen Schwierigkeiten im Umgang mit Verschwörungserzählungen und Desinformation vor allem rund um die Covid-19-Pandemie. Erst am 26. Mai hatte YouTube den Kanal von „Querdenken711“, der einflussreichsten Gruppe im Milieu, mit 75.000 Abonnent:innen, gelöscht. Auch dabei ging es offenbar um Falschinformationen. Ende April hatte der Verfassungsschutz bekannt gegeben, die „Querdenken“-Bewegung bundesweit zu beobachten. Weil die rechtsoffene Verschwörungsbewegung nicht ins Links-Rechts-Schema der Behörde passt, wurde dafür gleich ein neuer Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ geschaffen.

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