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Antirassistische Jugendarbeit Dresden: Gegen diskriminierende Umweltverschmutzung

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Das Büro des „arche noVa – Initiative für Menschen in Not e.V.“ liegt in einem idyllischen denkmalgeschützten Gebäudekomplex in der Schützengasse in Dresden, eine grüne Oase im Häusermeer der Großstadt: Dem Umweltzentrum Dresden. Die Dresdener Greenpeace-Gruppe und der ADFC sitzen hier, die Umweltbibliothek und viele Initiativen mehr, die ihr Engagement dem Umweltschutz widmen. Im begrünten Hof gibt es ein Bio-Café.

arche noVa passt hier mit ein bisschen Um-die-Ecke-Denken hinein: Der Verein kümmerte sich seit 1992 um die Lebensumwelt von Menschen in aller Welt. Aus einem spontanen Hilfsgütertransport für den Irak entwickelte sich in 15 Jahren eine NGO, die sich humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Bildungsarbeit auf die Fahnen schreibt und derzeit in rund 16 Krisenregionen weltweit engagiert. Vor allem ist arche noVa im Bereich der Wasserversorgung, aber sie vergibt auch Mikrokredite für einkommensschwache Frauen oder organisiert nach Katastrophen Soforthilfe-Teams aus lokalen Ärzten und Pflegern.

Interesse von Jugendlichen an weltpolitischen Zusammenhängen wecken

Über die Beschäftigung mit Wasserversorgung kamen auch der Geograph Ronny Keydel und Wasserbiologin Jana Utikal zu arche NoVa e.V. Sie bilden heute das Team des seit 2002 existierenden Bildungsprojekts „entwickelt – verwickelt“, das einerseits das Interesse von Jugendlichen an weltpolitischen Zusammenhängen und Entwicklungshilfe wecken und andererseits die Inhalte, die arche noVa in alle Welt vermittelt, auch vor Ort stärken will. Denn: Erklärungen zu globalen Zusammenhängen, Erziehung zu Demokratie und Menschenrechte sowie antirassistische Arbeit sind auch in Sachsen nötig.

„Wir sind beide beim Netzwerk für Demokratie und Courage engagiert, die Projekttage gegen Rechtsextremismus in Schulen organisieren“, erzählt Ronny, „deshalb fanden wir die Idee spannend, eigene Projekttage zu den Themen von arche noVa zu entwerfen.“ Damit war von Anfang an klar: Bei allen Tagen stehen immer auch die Methoden zu Konfliktlösung und das Einüben von demokratischen Prozessen und Teilhabe mit auf dem Lehrplan. Wichtigster Grundsatz der beiden ist, dass alle Kinder einer Gruppe involviert werden, keiner passiv zusehen kann. „Dadurch, dass die Kids nicht nur Wissen vorgekaut bekommen, sondern selbst eine Rolle spielen und aus der Reserve kommen müssen, lernen sie mehr – und die Meinungsbreite der Klasse wird sichtbar“, sagt Jana, „denn auch die, die sich sonst nicht trauen, etwas zu sagen, können und müssen sich bei uns positionieren.“

Projekttage zu internationalen Konflikten

Trotzdem haben Ronny und Jana nicht nur Projekttage zu „Ich & Globalisierung“ oder „Wasser! Aus dem Hahn – aus dem Sinn“ entwickelt, sondern auch zu internationalen Konflikten („Verflixte Konflikte“) und zum Funktionieren der demokratischen Gesellschaft („Ich und die Anderen“). Die Arbeit gegen Vorurteile, Rassismus und Rechtsextremismus ist beiden persönlich wichtig. „Ich war früher punkig drauf, da habe ich in Dresden rechtsextreme Gewalt auch persönlich erlebt“, sagt Jana, „meinen Freund haben sie vor meine Augen zusammengeschlagen. Abgesehen davon widerspricht Rechtsextremismus auch komplett meiner Einstellung zum Leben.“ Ronny ergänzt: „Ich habe zum Glück keine persönlichen Erfahrungen mit rechtsextremer Gewalt, aber ich möchte, dass jeder, der in Sachsen aufwächst, sich so entwickeln kann, wie es seiner Persönlichkeit entspricht – und nicht nur so, wie die stärkere Hälfte der Klasse gestrickt ist.“

Die Projekttagsideen von „Ich und die Anderen“ sind die, bei denen diese Themen am stärksten eine Rolle spielen. „Hier geht es um die Idee: Wie kann ich mich in die demokratische Gesellschaft einbringen? Wie zeige ich Zivilcourage im Alltag, mache ich mich für Menschenrechte stark? Oder noch grundlegender: Was sind die Grenzen der Toleranz, was gibt Orientierung?“ erläutert Ronny. Das klingt ernst, wird aber spielerisch vermittelt: Zuerst muss ein Teilnehmer malen, die anderen das Gemalte erraten. Jana erläutert: „Die Übung zeigt: Wir haben Bilder im Kopf. Von einer Blume, einem Hochhaus, aber eben auch von einem Franzosen oder einem HipHopper. Es geht dann darum, zu klären: Welche Vorstellungen sind kritisch, weil abwertend oder rassistisch?“ Danach setzen sich alle zum „Interkulturellen Mau Mau“ an verschiedene Tische. Jeder Tisch bekommt andere Spielregeln. Und alle fünf Minuten muss eine Person pro Gruppe den Tisch wechseln. Das Problem: Es herrscht absolutes Redeverbot. Wie fühlen sich die Kids, wenn sie ihre Interessen vertreten wollen, ohne dass sie jemand versteht? Es müssen aber Lösungen gefunden werden, um weiterzuspielen. „Hier geht es auch um Strategien: Durchsetzen, nachgeben, diskutieren in Zeichensprache – und wie ging es den Beteiligten damit“, sagt Ronny.

Kleine Rollenspiele zu Diskriminierungen im Alltag

Danach wird es ernster: Jeder Schüler erhält beim Spiel „Toleranz – jetzt reicht’s“ ein Foto, etwa von Tiertransporten, Nazi-Demos oder kiffenden Schülern, und muss sich entscheiden, ob und warum er das hier Gezeigte toleriert oder ablehnt. „Bei den Fotos, auf denen türkische Frauen mit Kopftüchern oder eine Moschee zu sehen sind, kommen oft krasse Kommentare – und zwar von Kindern, die gar nicht aussehen, als wenn sie Kontakt zur rechten Szene hätten“, sagt Jana. An den Teamern liegt es dann, zu vermitteln, warum die Menschenrechte die Grenze der Toleranz bilden sollten. Den Schultag beenden kleine Rollenspiele zu Diskriminierungen im Alltag. „Dabei geht es nicht nur um rassistische Gewalt, sondern auch Mobbing, das Anpöbeln von Obdachlosen, Antisemitismus, Gewalt gegen Frauen“, sagt Ronny, „da finden sich viele wieder.“

Die Projekttage des arche noVa e.V. werden von den Schulen im Land Sachsen gut angenommen. Ronny und Jana haben inzwischen rund 20 Studenten und Studentinnen zu Teamern fortgebildet, die pro Jahr mindestens 100 Projekttage begleiten. Sie selbst sind aber auch oft mit dabei. „Die Kinder sind das Spiegelbild der Gesellschaft“, sagt Jana, „deshalb interessiert mich, was sie denken. Manchmal, das gebe ich zu, ist es trostlos. Aber meistens macht es Spaß, weil ich merke: Es sind moralische Menschen und ihre Einstellung ist ausbaufähig.“ Ronny ergänzt: „Deshalb arbeiten wir fortwährend daran, unsere Ziele so zu verpacken, dass die Inhalte bei den Kids ankommen.“ Das wäre definitiv einen Sächsischen Förderpreis für Demokratie wert, der jährlich von der Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank, der Stiftung Frauenkirche Dresden, der Freudenberg Stiftung und der Amadeu Antonio Stiftung vergeben wird.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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