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Antisemitismus Braunes Gift in Buchform

Allen Beteuerungen zum Trotz: Auch 2008 bot die Frankfurter Buchmesse wieder eine Plattform für braune Propaganda, insbesondere für antisemitische Hassliteratur, kritisiert das Simon Wiesenthal Zentrum.

 
Antisemitische Bücher auf der Buchmesse; Foto: SWC / hk

Nur besonders Gutgläubige hatten 2005, nachdem es öffentlich zu Protesten dagegen gekommen war, das bei den Ständen der iranischen Verlage auf der Frankfurter Buchmesse zur öffentlichen Präsentation der in Deutschland verbotenen, antisemitischen Hetzschrift „Die Protokolle der Weisen von Zion“ gekommen war, die Veranstalter würden sich bemühen, zumindest halbwegs darauf zu achten, das die Frankfurter Buchmesse nicht zu einer jährlich wiederkehrenden Werbeveranstaltung für braune Verschwörungsbücher wird.

Wie auch in den letzten Jahren, so wurden auch auf der soeben zu Ende gegangenen Buchmesse in der Mainpetrole von einschlägigen Verlage bergeweise antisemitische und antiamerikanische Propagandaschriften feilgeboten und als Neuerscheinungen präsentiert. Besonders taten sich dabei Verlage aus der Türkei hervor, die dieses Jahr das offizielle Partnerland der Frankfurter Buchmesse war.

Antijüdische Verschwörungstheorien im Kurs

Wie das Simon-Wiesenthal-Center (SWC) berichtet, waren es neben türkischen, vor allem ägyptische, iranische und palästinensische Verlage, die mit antisemitischer Hassliteratur aufwarteten – neben Neuauflagen entsprechender Druckerzeugnisse aus der Zeit des Nationalsozialismus, gab es auch eine ganze Reihe von „Eigenproduktionen“. Besonders antijüdische Verschwörungstheorien waren hoch in Kurs. Der Jude als ewiger Schuldiger allen Unheils in der Welt. Und diese Propaganda im Stil Goebbels und Streichers wurde, so bemängeln die Beobachter, nicht nur auf den Ständen zahlreicher schmuddeliger Verlage verkauft, sondern auch am offiziellen Stand der Türkei angepriesen. Die Juden als Drahtzieher hinter dem verhassten US-Präsidenten Bush. Oder sogar als Verantwortliche des eigenen Konfliktes mit den Kurden.

Ein jüdischer Frankfurter, der es sich nicht nehmen lies, als Besucher der Frankfurter Buchmesse, Messemitarbeiter auf die Hetzschriften aufmerksam zu machen, berichtete dem Autor, dass er von den angesprochenen Messemitarbeiter im schroffen Ton abgewimmelt wurde, u.a. mit dem absurden Hinweis, man müsse dies aufgrund der Meinungsfreiheit eben hinnehmen. Dass die Frankfurter Buchmesse aber kein rechtsfreier Raum ist und sogar in den Messehallen der Stadt Frankfurt am Main wenn schon keine Moral und Ethik, wohl aber die strafrechtlichen Bestimmungen der Bundesrepublik Deutschland Gültigkeit haben, scheint sich noch nicht überall herumgesprochen zu haben.

Auch aus dem rechtsextremen Spektrum der Bundesrepublik waren wieder Verlage vertreten. Allerdings wohl auch aufgrund der rechtlichen Beratung ihrer Juristen – etwas vorsichtiger als ihre Kollegen und Gesinnungskameraden aus manchen islamisch oder islamistisch geprägten Ländern. Sie breiteten ihre antisemitischen und verschwörungstheoretischen Schriften nicht ganz so offensichtlich aus. Für den Beobachter drängt sich indes der sich jährlich wiederholenden Vorfälle nicht nur die Frage nach politischen, sondern auch nach strafrechtlichen Konsequenzen für die verantwortlichen Messeveranstalter auf.

Jörg Fischer-Aharon

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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