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Art und Antisemitismus Free UdK from blasierte Kunststudent*innen

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Wenn Kunststudierende erklären wollen, der Nahostkonflikt sei "nicht kompliziert", dabei aber Dogwhistles von antisemitischem Terror bedienen. (Quelle: Screenshot)

Am 13. November 2023 fanden sich an der Universität der Künste Berlin um die 100 Studierenden zusammen. Nach einem Bannerdrop, auf dem nach eigenen Aussagen einige Namen der gestorbenen Palästinenser*innen der letzten Wochen standen, hielten die Studierenden blutrot bemalte Hände in die Luft. Mit von der Partie, ein Schild mit der Aufschrift: „It’s not complicated“. Nach eigenen Angaben lasen sie währenddessen die Namen der ermordeten Kinder im Gazastreifen vor. Entgegen der Hoffnung, diese Performance sei nur ein Ausdruck eines schlechten Traumes, aus dem man in naher Zukunft aufwacht, hielten die Darsteller*innen ihre Darbietung in Form von Fotos fest und posteten sie auf Instagram.

It’s (not) complicated

Allen Erwartungen zum Trotz haben es die Darsteller*innen dieses Schmierentheaters geschafft, die Ereignisse um den 7. Oktober noch verkürzter darzustellen, als es Pro-Palästina-Aktivisten wie Tarek Baé auf ihren Twitter-Accounts tut. Die Aussage, dass die aktuelle politische Situation im Nahen Osten unkompliziert sei, kippt nicht nur in einen Manichäismus par excellence, in welchem Israel als alleiniger Aggressor dargestellt wird, sondern ist auch Ausdruck frivoler Ignoranz. Die selbsternannten Nahost Experten Max, Justus und Lisa der UdK haben es nun auch mal geschafft, sich Gehör zu verschaffen, und scheinen sich in der „Expertenrunde“ mit unserem Fachmann für Judaistik Richard David Precht und Greta Thunberg pudelwohl zu fühlen.

From the havel to the spree – will udk ever be antisemitism-free?

Man könnte meinen, Kunstperformance seien ohne diesen geschmacklos verkürzten Pathos schon unangenehm genug. Es lohnt sich jedoch einen Blick auf die Ikonografie dieser Performance zu legen. Ein Schelm, der denkt, die Symbolik der rot bemalten Hände wäre dabei willkürlich gewählt. Diese referiert auf den sogenannten „Lynchmord von Ramallah“, welcher sich im Oktober 2000 während der Zweiten Intifada ereignete. Zwei israelische Reservisten, Vadim Nurzhitz und Yossi Avrahami, verfuhren sich und gelangten so aus Versehen nach Ramallah. Dort wurden sie von örtlichen Polizisten aufgegriffen und auf die dortige Polizeistation gebracht. Nachdem sich dies herumgesprochen hatte, versammelte sich ein Mob vor dem Gebäude, der dort anschließend mit Messern und Metallstangen eindrang. Beide Israelis wurden auf bestialische Art und Weise misshandelt und ermordet. Anschließend trat einer der Mörder an das Fenster und hielt triumphierend seine blutverschmierten Hände der jubelnden Masse entgegen. Jenes verstörende Bild erlang dadurch an Symbolgehalt für viele Juden und Jüd:innen.

Der politische Bildner Jonas Heidebrecht führt einen weiteren nennenswerten Aspekt auf, nämlich die Dog Whistle-Taktik. Diese bezieht sich auf eine rhetorische Strategie, bei der politische Botschaften oder Begriffe verwendet werden, die für eine breite Öffentlichkeit unschuldig oder neutral erscheinen, aber für eine bestimmte Zielgruppe eine tiefere, oft kontroverse Bedeutung haben. Während die deutsche nicht–jüdische Mehrheitsgesellschaft also die symbolische Sprengkraft der blutverschmierten Hände wahrscheinlich nicht auf den „Lynchmord von Ramallah“ zurückführt, ruft diese Aktion bei vielen Juden und Jüd:innen eben genau diese oft traumatischen Erinnerungen an die Terroranschläge um die Zweite Intifada hervor.

Deutschland deine Künstler*innen und Denker*innen

Das Meisterstück der Peinlichkeit kann dabei nicht einmal mit Originalität glänzen. Am 30. Oktober wurde eine Anhörung von dem amerikanischen Außenminister Antony Blinken und dem Verteidigungsminister Lloyd Austin zum Nahostkonflikt von mehreren Demonstrant*innen durch Zwischenrufe gestört. Bereits da hielten diese rot angemalten Hände in die Höhe. Schon im Kontext dieser Störaktion wiesen jüdische Aktivist*innen kritisch auf die Analogie zu dem Lynchmord in Ramallah hin, weshalb ein Rückzug auf eine vermeintliche Unwissenheit den Darsteller*innen nicht glaubwürdig scheint.

War da was mit Kindermörder Israel?

Des Weiteren lässt das Vorlesen von den Namen von palästinensischen Kindern ebenfalls eine Analogie zu dem antisemitischen Ausruf „Kindermörder Israel“ zu. Die Narratologie von toten Kindern emotionalisiert und verlässt eine rationale Ebene. Israel wird somit als Barbar dargestellt, der bewusst und absichtlich Kinder ermorde. Verschleiert wird in dieser Erzählung, dass die Hamas mit Absicht Zivilist*innen als Schutzschilde missbraucht und damit bewusst diese Opfer im Rahmen ihrer terroristischen Handlungen in Kauf nimmt. Die gleichzeitige Ignoranz gegenüber den getöteten jüdischen Kindern im Zuge des Terrorattentats um den 7. Oktober zeugt von unvergleichlichem Zynismus und Doppelmoral –   waren es doch Terroristen der Hamas, die in Israel einfielen und gezielt Säuglinge massakrierten und verbrannten.

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