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Demokratiefördergesetz „Zivilgesellschaft benötigt Rückendeckung, Sicherheit und Vertrauen von oberster Stelle.“

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(Quelle: pixabay / marconst)

Familienministerin Anne Spiegel (Die Grünen) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) haben vergangene Woche Eckpunkte für ein Demokratiefördergesetz vorgelegt, ein zentrales Vorhaben der Ampelkoalition im Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. 

Um das Engagement der zivilgesellschaftliche Engagierten zu stützen, steht dabei „insbesondere die dringend notwendige Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen und die damit verbundene nachhaltige Absicherung der Fördermaßnahmen“ im Zentrum, heißt es dem Diskussionspapier, das Belltower.News vorliegt. Künftig soll es auf Bundesebene möglich sein, „zivilgesellschaftliche Projekte mit überregionaler Bedeutung“ zu fördern. Es gehe um ein „Bekenntnis zu einer angemessenen Finanzierung“ solcher Initiativen, heißt es in dem Papier. Zivilgesellschaftliche Initiativen forderten schon lange eine längerfristige Förderung ihrer Projekte durch ein Demokratiefördergesetz.

Das Positionspapier wollten Faeser und Spiegel eigentlich am 24. Februar in Berlin vorstellen. Die Pressekonferenz wurde jedoch kurzfristig aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine abgesagt. Dennoch starteten beide Ministerien ein Beteiligungsverfahren für das Demokratiefördergesetz, bei dem Initiativen und Verbände bis zum 21. März das Vorhaben kommentieren können. Das Gesetz soll 2023 in Kraft treten.

Am Donnerstag, dem 3. März lud das „Das Kompetenznetzwerk Rechtsextremismusprävention“ zu einem Hintergrundgespräch und stellte seine Anmerkungen zum Aktionsplan Rechtsextremismus der Bundesregierung vor. Das „Kompetenznetzwerk Rechtsextremismusprävention“ setzt sich aus fünf Organisationen zusammen: der Amadeu Antonio Stiftung, der „Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche + Rechtsextremismus“ (in Trägerschaft von „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e. V.“), „Cultures Interactive e.V.“ mit der „Fachstelle Rechtsextremismusprävention (fa:rp)“, „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e. V.“ und der „Lidice Haus Jugendbildungsstätte“.

Neuen Entwicklungen und andauernden Kontinuitäten im Rechtsextremismus

Die rechtsextreme Szene habe sich ausgeweitet, von rassistischen Initiativen, über neue rechtsextreme Parteien und nihilistische Cybernazis zu einem enormen Aufschwung von Verschwörungserzählungen, quer durch alle gesellschaftliche Milieus. „Neun von zehn registrierten Fällen von Hasskriminalität werden als rechtsmotiviert bewertet“, verdeutlichte Judith Rahner von der Amadeu Antonio Stiftung die Problemlage. „Gerne stehen wir als Critical Friend an der Seite der Bundesregierung“, wenn es darum geht, diese Probleme anzugehen, so Rahner.  Welche Initiativen und Organisationen aufgerufen wurden, Stellung zu nehmen und welche nicht, sei jedoch nicht ganz ersichtlich.

Hennig Flad von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, ebenfalls Teil des „Kompetenznetzwerkes Rechtsextremismusprävention“, fordert am Donnerstag: „Es braucht langfristige Lösungen, die gemeinsam mit Zivilgesellschaft erarbeitet werden.“ Im Positionspapier des „Kompetenznetzwerks“ heißt es dazu: „Lokale, niedrigschwellige und individuelle Angebote bieten schon jetzt Alternativen zu menschen- und demokratiefeindlichen Ideologien und Strukturen. Die Zivilgesellschaft bildet damit einen grundlegenden, wenn nicht den wichtigsten Baustein, um rechtsextremen Strukturen und Akteur:innen entgegenzutreten.“ Die Weiterentwicklung und Anpassung von Rechtsextremismusprävention müsse daher auf politischer Ebene durch die Zivilgesellschaft entscheidend mitgestaltet und mitgetragen werden, fordert das Kompetenznetzwerk. Es hat den im März 2020 eingesetzten Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus begrüßt, wünscht sich jedoch neue und wirkungsvollere Formate als bisher.

Flad merkt an, dass überhaupt erst ein Problembewusstsein geschaffen werden müsse. „Das frühe Ansetzen ist eine zivilgesellschaftliche und keine staatliche Aufgabe“. Das Kompetenznetzwerk wünscht sich daher im Namen von zivilgesellschaftlichen Akteur:innen ein klares, nachhaltiges und belastbares Bekenntnis zur Dringlichkeit und Bedeutung ihrer Arbeit, und dies sowohl auf politischer als auch auf kommunikativer und auf gesetzgeberischer Ebene. „Die Zivilgesellschaft leistet einen immens wichtigen Teil innerhalb von Demokratieförderung und Extremismusbekämpfung und dafür benötigt sie Rückendeckung, Sicherheit und Vertrauen von oberster Stelle.“

Demokratiegesetz scheiterte an der Unionsfraktion

Unter der vergangenen Bundesregierung aus Union und SPD war das „Wehrhafte-Demokratie-Gesetz“ am Widerstand der Unionsfraktion gescheitert. Sie verlangte von Förderempfängern ein schriftliches Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung, um zu verhindern, dass Linksradikale an Gelder gelangen. Viele Projekte sahen darin einen Generalverdacht, die Klausel wurde letztlich wieder abgeschafft. Im neuen Eckpunktepapier von Faeser und Spiegel heißt es nun, dass „selbstverständlich“ nur Maßnahmen unterstützt würden, die eine den „Prinzipien des Grundgesetzes förderliche Arbeit leisten“.

Das Positionspapier des „Kompetenznetzwerks Rechtsextremismusprävention“ können Sie hier nachlesen.

 

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