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Elsässer, Höcke, Kubitschek Geistige Brandstifter im Fall Franco A.?

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Ein Blick in die rechtsextreme Szene zeigt, dass dort seit einiger Zeit Forderungen laut werden, die Soldat_innen sollten sich ihren Vorgesetzten widersetzen, selbst aktiv werden und zu den Waffen greifen. (Quelle: Flickr/ andreavallejos / CC BY-NC-ND 2.0)

 

 

Nach Entdeckung der rechtsextremen Terrorzelle in der Bundeswehr um Franco A. wird nun nicht nur die Frage laut, wie solch ein Netzwerk so lange Zeit unbemerkt bleiben konnte, sondern auch, wie sich Menschen in der Bundeswehr überhaupt so stark radikalisierten und warum.

Ein Blick in die rechtsextreme Szene zeigt, dass dort seit einiger Zeit Forderungen laut werden, die Soldat_innen sollten sich ihren Vorgesetzten widersetzen, selbst aktiv werden und zu den Waffen greifen. Ihr Ziel: ein Militärputsch. Ihre Begründung: Merkels Befehlsgewalt sei nicht mehr legitim.

 

“Compact” veröffentlichte einen Aufruf an die Bundeswehr-Soldaten

Auf dem Höhepunkt der bei besorgten Bürger_innen so genannten “Flüchtlingskrise” 2015 veröffentlichte “Compact”-Chefredakteur Jürgen Elsässer einen offenen Brief an die deutschen Soldat_innen.

Screenshot von „Elsässers Blog“

Elsässer fordert die deutschen Uniformierten im “Aufruf an unsere Soldaten: Sichert die deutschen Grenzen!” dazu auf, sich gegen die Befehlshabenden zu wenden und “selbst aktiv” zu werden. Die Grenzöffnung im Sommer 2015 für Geflüchtete kommt für Elsässer einem “Hochverrat” gleich und der “Notstand” sei nun eingetreten. Daher hätten die Soldat_innen nun das Recht, eigenständig zu den Waffen zu greifen, um Deutschland vor dem “Zustrom von Millionen Fremder”  zu verteidigen.

 

Jürgen Elsässer rief 2015 zum Militärputsch auf

“Im Unterschied zur Wehrmacht im Dritten Reich seid Ihr nicht auf eine Person an der Spitze des Staates vereidigt – damals Adolf Hitler, aktuell Angela Merkel –, sondern auf das Volk insgesamt und die freiheitliche Ordnung, in der es lebt. Das heißt: In dieser Situation kommt es auf Euch an, Soldaten der Bundeswehr: Erfüllt Euren Schwur und schützt das deutsche Volk und die freiheitliche Ordnung!”

 

Elsässer fordert seine Leser_innen auf, diesen Aufruf in den sozialen Netzwerken zu verbreiten, um so eine hohe Reichweite erzielen zu können. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht bekannt, ob das rechtsextreme Terrornetzwerk um den Offizier Franco A. diesen Aufruf kennt und ob er möglicherweise inspirierendfür deren Taten war.

 

Wir dürfen den Einfluss von “Compact” nicht unterschätzen

Der Einfluss des “Compact”-Magazins auf die politische Rechtsaußen-Landschaft in Deutschland hat in den letzten Jahren allerdings deutlich zugenommen. Vom Querfront-Magazin entwickelte sich “Compact” zum einem der gängigen Medien der Neuen Rechten, die ihrerseites eine Scharnierfunktion zwischen rechtspopulistischem und rechtsextremem Spektrum hat. Wer sich in die Welt von “Compact” begibt, landet schnell in einer Echokammer der vermeintlichen Ängste und Empörungen, in der differenzierte Analysen und ausgewogene Berichterstattungen der sogenannten “Mainstream-Medien” nicht mehr geglaubt wird.

 

Chefredakteur Jürgen Elsässer steht in engem Kontakt zum neurechen Vordenker Götz Kubitschek. Sie beide prägen maßgeblich die aktuellen Ausformungen der Ideologie der Neuen Rechten in Deutschland – und geben Handlungsempfehlungen vor.

 

Götz Kubitschek sieht Deutschland in einem “Vorbürgerkriegszustand”

Beide sprechen sich für einen “deutschen Maidan” aus, einer Platzbesetzung nach dem Vorbild des Aufstandes in der Ukraine, welcher zum Sturz der damaligen Regierung geführt hatte. Kubitschek sieht Deutschland im Zustand eines “Vorbürgerkriegs”- diese Einschätzung teilt er übrigens auch mit AfD-Mann Björn Höcke.

 

Auch Björn Höcke richtet sich direkt an die deutschen Soldaten

In seiner skandalösen Dresen-Rede behauptete der Rechtsaußen-AfD-Mann:

 

“Unser einst intakter Staat befindet sich in Auflösung, seine Außengrenzen werden nicht mehr geschützt, er kann die innere Sicherheit nicht mehr garantieren, das Gewaltmonopol erodiert zusehends durch Inkaufnahme rechtsfreier Räume und der allgemeine Rechtsverfall schreitet voran. Unsere einst geachtete Armee ist von einem Instrument der Landesverteidigung zu einer durchgegenderten multikulturalisierten Eingreiftruppe im Dienste der USA verkommen.”

Höcke an die Soldaten: “werdet selbst aktiv”

Eine entscheidende Passage, gerade im Hinblick auf den Fall Franco A., ist folgende:

 

“Wartet nicht auf Befehle von oben! Diskutiert die Lage mit Euren Kameraden und werdet selbst aktiv! Nur Ihr habt jetzt noch die Machtmittel, die von der Kanzlerin befohlene Selbstzerstörung zu stoppen.”

 

Bürgerkriegsszenarien, um als „Retter der Demokratie“ aufzutreten

Es ist nun jedoch so, dass der Bürgerkrieg als „aktiver Widerstand“ nach §20 (4) GG erst dann das Mittel letzter Wahl ist, wenn andere Mittel, wie Wahlen oder Verfassungsgerichte nicht mehr greifen: „(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Von diesem Zustand sind wir jedoch weit entfernt.

 

Wappneten sich Franco A. und seine Kameraden für einen deutschen Bürgerkrieg?

Im Fall des rechtsextremen Terrornetzwerks in der Bundeswehr, gab es kürzlich einen Hinweis eines ebenfalls rechtsextremen Oberleutnants einer benachbarten Kaserne. Dieser prahlte mit dem Wissen darüber, dass Kamerad_innen in eben jener Kaserne von Franco A. Waffen und Munition für den Fall eines Bürgerkrieges sammelten. Ob es sich hierbei um Franco A. und dessen Kamerad_innen handelt, konnte bisher nicht geklärt werden.

Titelbild: Flickrandreavallejos CC BY-NC-ND 2.0

 

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