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Fridays for Future „Wären wir nicht Feindbild der AfD, würden wir ziemlich viel falsch machen“

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(Quelle: Pixabay)

Lou Töllner ist Pressesprecherin von Fridays for Future Hannover. Ende 2018 hat sie die Ortsgruppe gemeinsam mit zwei Freundinnen gegründet und streitet seitdem für das Klima. Sie organisiert Großdemonstrationen und ist bundesweit in verschiedenen Arbeitsgruppen aktiv – und macht deutlich, warum Klimagerechtigkeit und die Politik der AfD nicht vereinbar sind.

Fridays for Future setzt sich für eine klimagerechte Zukunft ein und übt hierfür Druck auf die Politik aus. Von den Bundestagsparteien sind sich alle einig, dass der Klimawandel menschgemacht ist – bis auf die AfD. Sie stellt sich bis heute geschlossen gegen alle wissen-schaftlichen Befunde des Weltklimarats. Wie beeinflusst die Politik der AfD die Arbeit und das Engagement eurer Ortsgruppe?
Natürlich ist die Blockadehaltung der AfD ein Problem. Trotzdem beschäf-tigt sich unsere Bewegung vielmehr damit, wie wir die anderen Parteien nun auch dazu bringen können, zu handeln.Wirklich problematisch sind die Ängste einiger Parteien, mit Klimaschutz Wähler*innen zu verprellen und die AfD zu stärken. Sie fischen lieber weiter selbst am rechten Rand Stimmen oder beziehen, auch zugunsten der Wirtschaft, gar keine Position. Dabei ver-kennen sie, dass mit jedem Tag, der ungenutzt vergeht, die Maßnahmen radikaler werden müssen – denn die Klimakrise ist nicht kompromissbereit. Trotzdem beschäftigen aber auch wir uns mit der Frage, wie der Kampf gegen die Klimakrise sozial gerecht stattfinden kann, nicht nur hier, sondern weltweit. Dabei spielt gerade die AfD gerne soziale Gerechtigkeit und unseren Anspruch an Klimaschutz gegeneinander aus. Wir müssen immer wieder viel Zeit in Projekte zur Richtigstellung stecken und zeigen, dass Klimagerechtigkeit eben auch soziale Antworten fordert.

Seit eurer Gründung attackiert die AfD Fridays for Future. Warum stellt ihr so ein starkes Feindbild für die Partei dar?
Das hat mehrere Gründe, denke ich. Wir sind viele sehr junge Menschen und auch eine sehr weiblich geprägte Bewegung. Gerade unsere bekannten Gesichter wie Greta oder Luisa sind starke weiblich gelesene Personen, was dem Weltbild vieler Rechtspopulist*innen widerspricht.

Gleichzeitig sind wir basisdemokratisch organisiert und setzen uns neben dem Klimaschutz an sich auch für Klimagerechtigkeit ein. Dabei stehen wir für Men-schenrechte ein und engagieren uns aktiv gegen jede Form der Diskriminierung. Dass wir uns dann zu dem rassistischen Anschlag in Hanau äußern oder einen Aktionstag gemeinsam mit der Seebrücke organisieren, steht in einem krassen Kontrast zur Politik der AfD. Und ich bin ziemlich stolz darauf. Wären wir nicht Feindbild der AfD, würden wir ziemlich viel falsch machen.

Auf der anderen Seite ist gerade dieses Feindbild oft anstrengend für uns. Gerade beim Thema der sozialen Gerechtigkeit erleben wir immer wieder, dass von Rechtspopulist*innen das Narrativ geprägt wird, wir würden uns nicht um die sozialen Konsequenzen der Maßnahmen kümmern. Es erfordert immer wieder viel Zeit, das zu widerlegen und dem zu widersprechen.

Als in Hannover über den Klimanotstand diskutiert wurde, hat die AfD euch „Propaganda“ vorgewor-fen und behauptet, Co2 mache den Planeten grüner. Wie geht ihr mit solchen Vorwürfen und Behauptungen um?
Im ersten Moment lachen wir oft. Die Behauptungen sind meistens so absurd und ohne wissenschaftliche Grundlage, dass Diskussionen uns kaum weiterbringen. Aber natürlich haben wir gerade dann das Bedürfnis, dagegen zu halten. Es ist für uns immer eine Grat-wanderung zwischen der Frage, wie viel Plattform wir Rechtspopulist*innen bieten können und wie wichtig es ist, sich genau dazu zu äußern und unsere Position klar zu machen. Und meistens finden wir dann ein Format, in dem wir uns stark machen. In der Ausschusssitzung, in der dieser Vorwurf kam, waren auch Wissenschaftler*innen der ScientistsForFuture dabei, die sachlich die Fakten erläutern konnten. Problematisch ist aber oft, dass dann gerade die Positionen der AfD von den Medien stark aufgegriffen werden.

Wünscht ihr euch von Politik und Umweltverbänden Unterstützung in der Auseinandersetzung mit der AfD und ihrer Klimapolitik?
Unterstützung wünschen wir uns auf jeden Fall – von Umweltverbänden bekommen wir die auch eigentlich immer. Was uns aber besonders wichtig ist, gerade im Umgang mit der AfD, ist die Forderung nach Klimagerechtigkeit. Die funktioniert nur gemeinsam, solidarisch und mit globalen Maßnahmen. Dazu gehören dann auch Themen wie Indigenenrechte und Feminismus. Und gerade deswegen muss auch immer wieder klar gemacht werden, dass rechter „Umweltschutz“, der oft mit Patriotismus begründet ist, ein-fach nicht funktionieren kann.

Bei Parteien sind unsere Forderungen noch deutlich stärker: wir brauchen ganz klare Positionen gegen die AfD und ihre Behauptungen.

Als soziale Bewegung versteht sich Fridays for Future als parteiübergreifend. Im Grunde kann also jede*r bei euren Protesten mitmachen, auch klimaengagierte AfD-Mitglieder. Hat das in der Vergangenheit schon zu Problemen geführt?
Rechter Klimaschutz funktioniert nicht. Das machen wir immer wieder klar und deswegen gehen Klima-schutz und AfD auch niemals zusammen.

Unsere Demonstrationen sind aber oft zu groß, als dass wir wirklich die politische Ausrichtung aller ken-nen könnten. Am Anfang jeder Demo stellen wir unseren Konsens vor, in dem klar festgehalten ist, dass wir keine Rechten bei uns dulden, wirklich feststellen können wir das aber seltenst. In Situationen, in denen das dann aber klar wird, beispielsweise weil eine Person für die AfD im Stadtrat saß oder jemand ein rechtes T-Shirt trägt, schließen wir diese Personen von unseren Demonstrationen aus. Mithilfe der Ordner*innen und unserer Ortsgruppe funktioniert das auch ziemlich gut.

Was ratet ihr aus euren Erfahrungen anderen zivilgesellschaftlichen Initiativen und Umwelt-bewegungen im Umgang mit der AfD und ihren Anfeindungen?
Ganz klare Kante zeigen gegen rechts. Keine Bühne bieten und stattdessen Gruppen unterstützen, die zum Feindbild der AfD gehören. Und vor allem Zusammen-halten mit den anderen Initiativen, statt sich über kleinere Meinungsverschiedenheiten zu zerstreiten. Auch wenn wir unterschiedliche Themen verfolgen oder diese anders angehen wollen, kämpfen wir alle für eine gerechtere Welt – und können auch zusammen gegen die AfD einstehen.


Alle Informationen zur Neuauflage von Demokratie verteidigen: Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD finden Sie hier

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