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Internationaler Hurentag „Es geht nicht um unterschiedliche Meinungen, sondern um Menschenfeindlichkeit“

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Ruby Rebelde (Quelle: Rubyrebelde.com, Fotografin Julia Otto. )

Heute, am 2. Juni, ist der Internationale Hurentag. Dabei wird den Protesten von Sexarbeiter*innen in Lyon (Frankreich) gedacht, die sich 1975 gegen Gewalt, Repression und Verdrängung aus dem öffentlichen Raum auflehnten. Gemeinsam besetzten etwa 100 Sexarbeiter*innen über mehrere Wochen eine Kirche, um auf ihre Situation und Forderungen aufmerksam zu machen. 

Wir sprachen zur heutigen Situation von Sexarbeiter*innen mit Ruby Rebelde. Ruby ist Sexarbeiter*in und Aktivist*in, unter anderem im Vorstand von „Hydra e.V.“ und im Beirat vom „Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter e.V.“ (bufaS).

Belltower.News: Warum ist es wichtig ist, dass weiterhin an den berühmten „Hurenstreik“ erinnert wird?

Ruby Rebelde: Kurz gesagt: Weil sich in den letzten 50 Jahren leider nicht viel Positives getan hat, was die Rechte von Sexarbeitenden angeht. Im Gegenteil, die Situation hat sich zuletzt eher verschlechtert und wir erleben gerade einen Backlash. Das Thema ist also aktueller als je zuvor.

Die Covid-19-Pandemie hat Sexarbeiter*innen besonders hart getroffen. Während im Sommer 2020 körpernahe Branchen wie Massagestudios oder Saunen bereits wiedereröffnet werden konnten, dauerte das temporäre Sexarbeitsverbot in vielen Bundesländern trotz Protesten noch monatelang an. Gleichzeitig werden in den vergangenen Jahren verstärkt Stimmen laut, die ein allgemeines Sexarbeitsverbot fordern, basierend auf Kund*innen-Kriminalisierung – das sogenannte „Nordische Modell“.

Ruby Rebelde: Ich unterbreche Sie an dieser Stelle mal kurz, denn da kommen verschiedene Sachen zusammen. Während der Covid-19-Pandemie hat ein sehr altes Narrativ eine neue Konjunktur erlebt: Die Zuschreibung von Sexarbeiter*innen als „Krankheitsverbreiter*innen“. Das ist eine weit in die Geschichte zurückreichende Erzählung, die immer wieder aufkommt, auch schon während der HIV-Krise. Sie entbehrt aber der Grundlage, denn Sexarbeitende schützen ihre Kund*innen und sich selbst. Wenn Sexarbeitende dennoch als besonders krankheitsverbreitend dargestellt werden, ist das eine Form von Sexarbeitsfeindlichkeit, also der Diskriminierung von Sexarbeitenden.

Das sogenannte „Nordische Modell“ nach schwedischem Vorbild gibt es erst seit knapp 25 Jahren. Darin geht es um „Sexkauf“, Kund*innen werden kriminalisiert, und die Meinung der Mehrheitsgesellschaft über Sexarbeit soll negativ beeinflusst werden. Klar schreibt das auch die Geschichte jahrhundertelanger Stigmatisierung und Diskriminierung fort. Dieser Ansatz, die Nachfrage zu kriminalisieren, geht aber auf eine Abolitionsbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts zurück, die den – damals nur männlich gedachten – Kunden Täterschaft zuschreibt und Sexarbeit als schädigend für die Gesellschaft darstellt. Nach dieser Logik soll Sexarbeit verschwinden, während Sexarbeitsfeindlichkeit während der Pandemie Sexarbeitende abwertet und ihnen Schuld zuweist, obwohl sie natürlich auf ihre und die Gesundheit ihrer Kund*innen bedacht sind.

Welche Gefahren birgt Ihrer Meinung nach ein Verbot sexueller Dienstleistungen im Sinne des „Nordischen Modells“?

Ruby Rebelde: In der „End of demand“-Politik, also dem Versuch, Sexarbeit über ein Verbot der Nachfrage zu beenden, findet eine problematische Verlagerung statt: Der Fokus der Debatte liegt auf den Kund*innen. In der Folge wird nicht mehr über die Rechte von Sexarbeiter*innen gesprochen, sondern ganz bewusst Sexarbeit gesellschaftlich tabuisiert. Ein Tabu löst aber keines der gesellschaftlichen Probleme, auf die informelle Sexarbeit manchmal zurückzuführen ist. Diese sind nicht weg, nur weil die Nachfrage nach Sexarbeit kriminalisiert wird. Gesellschaftliche Fragen, die alle an dieser Stelle von Relevanz sind, werden schlichtweg ausgeblendet – also zum Beispiel die Fragen nach Arbeitsmigration, Armut, Klimakrise, Ausbeutung und kolonialer Verantwortung.

Verfechter*innen der „End of demand“-Politik argumentieren mit Entkriminalisierung von Sexarbeit. Doch diese Gesetzgebung richtet sich gegen Sexarbeitende und setzt sie größerer Gefahren aus: Respektvolle und vertrauenswürdige Kund*innen fallen weg, da ihnen nun Strafen drohen und weil solche Gesetze Signalwirkung haben. Sexarbeitende können das Sorgerecht für ihre Kinder verlieren, weil sie wegen ihres Berufs moralisch verurteilt werden. Sie können nur schwer eine Wohnung mieten oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen, wie beispielsweise Taxi zu fahren, da das unabhängig davon, ob sie gerade auf dem Weg zur Arbeit sind, als „Förderung der Zuhälterei“ gilt. Selbst der Besuch von Beratungsstellen ist während „End of demand“-Politik daran geknüpft, dass Sexarbeitende sich zum „Ausstieg“ verpflichten. All das ist alles andere als unterstützend oder entstigmatisierend.

In Deutschland gibt es seit 2017 das sogenannte Prostituiertenschutzgesetz, das von vielen Verbänden für die negativen Auswirkungen auf Sexarbeiter*innen kritisiert wird. Welche Auswirkungen hat dieses Gesetz?

Ruby Rebelde: Im Gesetz beinhaltet die Pflicht zur Registrierung. Das heißt also auch ganz konkret für mich, dass ich nächste Woche – wie jedes Jahr – zu einer Behörde muss, um dort ein Pseudo-Beratungsgespräch zu durchlaufen und dann den sogenannten Hurenpass zu erhalten. Das ist an sich bereits sehr stigmatisierend. Es ist auch problematisch, weil Sexarbeitende aufgrund von Diskriminierung auf Anonymität und Diskretion angewiesen sind.

Das „Prostituiertenschutzgesetz“ ist ein sehr rückschrittliches Gesetz, welches tief in die Mottenkiste der Sexarbeitsfeindlichkeit greift: Es schafft zusätzliche gesetzliche Pflichten und Auflagen, die Sexarbeitende erfüllen müssen und schränkt andererseits ihre Rechte ein, beispielsweise ganz explizit in Bezug auf die Unverletzlichkeit der Privatwohnung. Das, was wirklich verbesserungswürdig wäre, nämlich die Lebens- und Arbeitsbedingungen Sexarbeitender, wird hingegen durch das Gesetz überhaupt nicht reguliert. Zum Beispiel findet es keine Beachtung, dass die ca. 2.200 Bordellbetriebe in Deutschland immer noch in großem Maßstab in den Händen rechter und rechtsextremer Akteure sind. Als „Schutz“ würde ich verstehen, wenn es mal ein Monitoring gäbe, um zu verstehen, wie das kommt, was dagegen getan werden kann und wie Sexarbeitende geschützt werden können. Auch wenn es „Prostituiertenschutzgesetz“ heißt, geht es eben um den „Schutz der Allgemeinheit“ vor Sexarbeit und nur bevormundend um den Schutz von Sexarbeitenden – ohne sie zu fragen, was sie tatsächlich brauchen, wie zum Beispiel einen effektiven Schutz vor Wuchermieten in Bordellen, die wirklich ein Problem darstellen. 

Beobachten Sie eine Verschiebung in der Debatte um Sexarbeit in Deutschland?

Ruby Rebelde: Ich benutze einen Begriff für die Debatte über Sexarbeit in Deutschland, nämlich “Prostitutionstheater”. Diese Debatte wird in Deutschland weitgehend ohne diejenigen geführt, die sie tatsächlich betrifft. Und auch ohne Expert*innen. Stattdessen kommen einzelne Leute sehr oft zu Wort, die eine klare Agenda gegen Sexarbeit verfolgen. Zusätzlich findet medial eine starke Überbetonung sogenannter „milieubezogener Verbrechen“ statt. Über positive Projekte oder Sexarbeits-Kollektive wird hingegen nicht berichtet. Was leider stark zugenommen hat, und darüber müssen wir reden, ist die Entsolidarisierung der  Zivilgesellschaft und intersektionalem Feminismus mit Sexarbeitenden.

In der Debatte kommt also nicht vor, wie Sexarbeitende in Deutschland mehr Rechte erhalten oder wie sie ihre Arbeits- und Lebensbedingungen verbessern können. Die Debatte, die aktuell in Deutschland aufgeführt wird, läuft unter dem Titel: Gehört das verboten? Und das geht komplett an den Realitäten vorbei, denn we exist!

Auf Ihrem Blog schreiben Sie Texte, in denen Sie sich unter anderem mit der deutschen Debatte beschäftigen. In einem Beitrag analysieren Sie eine Talkshow zum Thema Sexarbeit. Welche argumentativen Strategien wenden Gegner*innen von Sexarbeit an?

Ruby Rebelde: Die argumentative Strategie lässt sich herunterbrechen auf ein Desinformations-Instrument, das unter dem Namen PLURV bekannt ist. Das ist ein Akronym, es besteht aus den Worten Pseudo-Expert*innen, Logikfehler, unerfüllbare Erwartungen, Rosinenpickerei und Verschwörungsmythen. Anders gesagt: Die Debatte wird geführt mit falschen oder auch veralteten Zahlen und Studien. Es kommen nur bestimmte Akteur*innen zu Wort. Es wird nicht kritisch hinterfragt, wer da eigentlich spricht, ob diese Personen eine Agenda gegen Sexarbeit haben: Unter Anti-Sexarbeitsgruppen ist auch rechte Esoterik, christlicher Fundamentalismus und viel Pseudowissenschaftlichkeit verbreitet. Diese Strategien gehen so gut auf, weil sie das bedienen, was in der Mehrheitsgesellschaft über Sexarbeit und Sexarbeitende gedacht wird. Das zeigt sich auch an der häufigen Einordnung als ‚Meinungsstreit‘. Es geht hier jedoch nicht um unterschiedliche Meinungen, sondern um gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gegenüber Sexarbeitenden.

Gibt es Ihrer Meinung nach auch berechtigte Kritik an Sexarbeit?

Ruby Rebelde: Nein. Es gibt berechtigte Kritik an schlechten Voraussetzungen für Sexarbeit und fehlenden Rechten von Sexarbeiter*innen. Die Frage so zu stellen heißt, die Daseinsberechtigung von Sexarbeit anzuzweifeln. Der Diskurs verläuft viel zu lange schon entlang der rhetorischen Frage „Gehört Sexarbeit verboten?”. So treten komplexe und strukturelle Probleme in den Hintergrund. Statt über geschlossene EU-Außengrenzen zu sprechen und dass legale Fluchtwege fehlen, während Menschen vor Klimakrise und Armut flüchten müssen, wird die Existenzberechtigung von Sexarbeiter*innen infrage gestellt. Aber wir existieren… und es gäbe viel zu tun, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen im Kapitalismus zu verbessern. 

Was es also durchaus gibt, ist berechtigte Kritik an den Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeiter*innen, zum Beispiel im Hinblick auf den Abbau von Diskriminierung im Gesundheitssystem und den Schutz vor Ausbeutung, wie zum Beispiel durch Wuchermieten oder schlechte Arbeitsplätze.

Manche Gegner*innen von Sexarbeit bezeichnen die Verbände, in denen Sie tätig sind, häufig als „(Pro‑)Prostitutions-Lobby“. Wie ordnen Sie diesen Vorwurf ein?

Ruby Rebelde: Hinter diesem Begriff steckt eine Verschwörungserzählung: Der Begriff versucht, den Anschein zu erwecken, dass aktivistische Sexarbeiter*innen Teil einer Verschwörung seien, die weltweit Prostitution fördern möchte. Dabei sind die Interessen von Sexarbeitenden nicht deckungsgleich mit denen von beispielsweise Bordellbetreibenden. Von einer „Prostitutions-Lobby“ zu sprechen dient dem Zweck, die Emanzipationsbestrebungen von Sexarbeiter*innen zu delegitimieren. Aktivistische Sexarbeiter*innen werden als Ausnahmen markiert, die unsolidarisch mit Getroffenen von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung seien. Doch das ist nicht der Fall. Der Kampf um Arbeitsrechte und den Abbau von Sexarbeitsfeindlichkeit steht in keinem Widerspruch dazu, Ausbeutung zu bekämpfen und gegen Menschenhandel vorzugehen. Im Gegenteil: Von Rechten profitieren auch gewaltbetroffene Menschen.   

Seit 2022 sitzen Sie auch im Beirat der “Meldestelle Antifeminismus” der Amadeu Antonio Stiftung. Welche Rolle spielt Antifeminismus in der Debatte um Sexarbeit und bei Sexarbeitsfeindlichkeit?

Ruby Rebelde: Sexarbeitsfeindlichkeit kann ein Einstiegsthema in antifeministische Denk- und Argumentationsweisen sein, da sie gesellschaftlich mehrheitlich akzeptiert ist. Als Ergebnis aus Diskriminierung und Stigma können die meisten Menschen Sexarbeitsfeindlichkeit nicht als Diskriminierung erkennen. In einem Positionspapier forderte die CDU/CSU ein Arbeitsverbot für schwangere Sexarbeitende. Das erscheint vielen erst einmal nicht problematisch, zumal es als Schutzmaßnahme geframt wird. Es entspricht aber nicht den gängigen Praxen im Bereich Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft, wo neben dem Wunsch der Schwangeren vor allem Gesundheitsrisiken im Vordergrund stehen. Sexarbeit als generell gesundheitsgefährdend in der Schwangerschaft einzuordnen, ist nicht faktenbasiert. Und Sexarbeitenden die Ausführung ihres Berufs in der Schwangerschaft grundlegend zu verbieten, schränkt ihre reproduktiven Rechte ein.

Was nicht gesehen wird, ist die Gefahr der Institutionalisierung von Sexarbeitsfeindlichkeit. Solche Verbotsforderungen bieten eine Art Experimentierfeld für Leute, die eine reaktionäre, rechte und/oder konservativ-radikale Agenda haben: Das Sagbare über Sexarbeitende ist wesentlich größer als bei anderen marginalisierten Gruppen, denen es bereits gelungen ist Rechte zu erkämpfen Auf Sexarbeitenden dagegen lasten 170 Jahre Sondergesetze und mindestens 1700 Jahre Hurenstigma. Außerdem gibt es auch eine rassistische Ebene von Sexarbeitsfeindlichkeit. 

Warum? 

Ruby Rebelde: Viele Menschen kommen in ein Land wie Deutschland und müssen feststellen, dass sie aufgrund struktureller Ausschlüsse gar keinen Zugang zu Lohnarbeit jenseits von informeller Arbeit bekommen. Das führt dazu, dass es unter Sexarbeitenden einen hohen Anteil an migrantisierten und rassifizierten Personen gibt. Deswegen ist jede Idee, Sexarbeit zu minimieren oder mehr Kontrolle durch mehr Razzien zu erwirken, auch ein Angriff auf rassifizierte, migrantisierte und/oder queere Menschen. Darin steckt also eine Menge Rassismus und auch Antifeminismus, der aber leider oft nicht erkannt wird.

Im Trans Murder Monitoring (TMM) werden Morde an trans* und geschlechtsdiversen Personen registriert. 2022 waren von den Ermordeten, deren Beruf bekannt war, die Hälfte als Sexarbeiter*innen tätig. Wie kommt das?

Ruby Rebelde: Was man hier sieht, ist die Intersektion von Transfeindlichkeit und Sexarbeitsfeindlichkeit. Die Argumentationsweisen von Queerfeindlichkeit und Sexarbeitsfeindlichkeit laufen zum Teil parallel: Auch hier wird wahlweise von einer Queer-, Gender- oder Trans-Lobby gesprochen. Auch hier wird mit Bedrohnungsszenarien gearbeitet und beispielsweise das Thema Kinderschutz instrumentalisiert. Zusätzlich gibt es quasi eine Personalunion zwischen den Akteur*innen, die gegen Sexarbeit und denjenigen, die aktuell gegen das Selbstbestimmungsgesetz mobilisieren und für Queerfeindlichkeit lobbyieren. Hier eine ähnliche gesellschaftliche Empörung über die Sexarbeitsfeindlichkeit wie über die Queerfeindlichkeit zu erleben, wäre für mich wünschenswert.

Es wird häufig so getan, als würde Sexarbeit nur von Frauen und Mädchen ausgeübt. Dabei sind sexuelle Dienstleistungen auch ein Arbeitsfeld nicht-weiblicher Personen – diese werden aber systematisch unsichtbar gemacht. Es ist wichtig, Sexarbeit auch aus Gender-Perspektiven zu betrachten. Leider höre ich das umgekehrt aber auch als Delegitimations-Strategie: Sexarbeitsfeindlichkeit würde schon unter dem Thema Gender mitbearbeitet. Aber das ist zu kurz gedacht!  

Welche Unterstützung können Institutionen und Privatpersonen Sexarbeiter*innen geben – am heutigen Internationalen Hurentag spezifisch, aber eben auch generell?

Ruby Rebelde: Es ist ein Anfang, an diesem Tag wertschätzend über die Arbeitskämpfe und Kämpfe gegen Diskriminierung von Sexarbeitenden zu sprechen. Generell finde ich, Menschen sollten sich interessieren. Zum Beispiel innerhalb ihres eigenen Umfeldes: Gibt es da Sexarbeitende? Wer sind sie, wie arbeiten sie, was haben sie für ein Leben? In beinahe jeder größeren Stadt gibt es auch eine Beratungsstelle oder eine Unterstützungsstruktur von und für Sexarbeitende, über die mensch sich informieren kann. Menschen müssen auch bereit zu sein, sich mit ihrem verinnerlichten Hurenstigma und Sexarbeitsfeindlichkeit auseinanderzusetzen. Da gibt es eine Leerstelle, was an Schimpfwörtern wie Du H****sohn deutlich wird, die in Deutschland nicht als Diskriminierung gelten. Aber da fängt Sexarbeitsfeindlichkeit eben schon an.

Sie zeigt sich jedoch auch bei Anschlägen wie in Atlanta 2021, wo explizit sexarbeitende Personen in Massagesalons angegriffen wurden. Dennoch wurde die Tat in den Medien nicht mal ansatzweise als sexarbeitsfeindlich verstanden. Das macht deutlich: Es gibt bisher kein Verständnis über die Betroffenen dieser strukturellen Diskriminierung. Das steht in einer Kontinuität seit dem Nationalsozialismus, als unter dem schwarzen Winkel die Asozialen verfolgt wurden, wozu eben auch Sexarbeitende zählten. Dafür muss ein Verständnis entwickelt werden. Auch von Personen, die in der Antidiskriminierungsarbeit tätig sind. Die Novellierung zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz von diesem Jahr beinhaltet eine Ergänzung, durch die das allererste Mal überhaupt der Begriff Sexarbeitende im Gesetz vorkommen könnte. Von diesen Entwicklungen brauchen wir mehr!

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