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Jahresrückblick 2015, Sachsen-Anhalt Die rechte Szene hat nur ein Thema

In Sachsen-Anhalt gab es 2015 Flüchtlingsfeindlichkeit auf der Straße von MaGida und aus einer „Montagsdemonstration“ aus Halle/Saale und „Die Rechte“ hetzte in Bürgerversammlungen. Da ließen auch praktische Folgen nicht auf sich warten: Flüchtlingshelfer_innen werden unter Druck gesetzt und der Ort Tröglitz erhielt eine traurige Berühmtheit durch einen wegen rechter Bedrohung zurücktretenden Bürgermeister und einen Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft. 2016 ist in Sachsen-Anhalt Landtagswahl – NPD, AfD und „Die Rechte“ mobilisieren schon.

 
Blick in der Nacht zum 04.04.2015 auf das brennende Dach der geplanten Asylbewerberunterkunft in Tröglitz (Sachsen-Anhalt). (Quelle: picture alliance / dpa)

Interview mit David Begrich von Miteinander e.V.

Hetze gegen Flüchtlinge – wie sah sie aus in Sachsen-Anhalt 2015? Und wer sind die Hauptakteure?

Die Initiatoren der Mobilisierungen gegen Flüchtlinge suchten vom Echo der PEGIDA Bewegung zu profitieren. Hier bildeten sich regionale Schwerpunkte heraus, die von verschiedenen rechten Akteuren getragen werden. In Magdeburg etablierte sich mit MAGIDA ein rassistisches Protestformat, welches inzwischen eindeutig neo-nazistisch geprägt ist. Dort gaben sich Redner von NPD und DIE RECHTE die Klinke in die Hand. Allerdings verlor MAGIDA im Laufe des Jahres an Ausstrahlung. Inzwischen gehen hier wöchentlich zwischen 60 und 80 Personenaus der rechten Szene auf die Straße. Im Mittelpunkt steht nicht mehr Islamfeindlichkeit, sondern Hetze gegen Flüchtlinge.

Der Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Tröglitz wirkt nach. In wenig entfernten Kretzschau versuchte die NPD im September einen Hotspot rassistischer Mobilisierung analog zu Sachsen zu schaffen. Allerdings war die Reichweite der Mobilisierung nach einigen Wochen erschöpft. Nachdem im September der NPD Kreisrat Thiel durchaus die regionale Öffentlichkeit mobilisieren konnte, ging die Wirkung der Proteste gegen Flüchtlinge in der Jugendherberge in Kretzschau zurück.

In Halle/Saale haben sich unter dem Label „Montagsdemonstration für den Frieden“ verschiedene rechte Akteure gefunden, die ebenfalls jeden Montag auf die Straße gehen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei Sven Liebich, ein Neonazi-Aktivist, der von sich behauptete, die Szene verlassen zu haben. Bei genauer Betrachtung wird jedoch klar, dass er nach wie vor mit der rechten Szene interagiert. DIE RECHTE versuchte auf Bürgerversammlungen und mit Demonstrationen von den gegen Flüchtlingen gerichteten Diskursen zu profitieren.

Wir merken in der Beratungsarbeit sehr deutlich, dass und wie jene, die sich für Flüchtlinge ehrenamtlich engagieren, in ihrem Umfeld unter Druck geraten und sich in Frage stellen lassen müssen. Gleichzeitig zeigt dies natürlich auch, dass sich im Handlungsfeld FlüchtlingeMenschen zum Teil zum ersten Mal in einem politischen Kontext engagieren. Umso wichtiger ist es, hier Signale der Ermutigung zu setzen.

Ist die NPD 2015 in Erscheinung getreten?

Mit Ausnahme des Südens Sachsen-Anhalts ist die NPD politsich und personell schwach aufgestellt. Die Partei tritt zu den Landtagswahlen an, agiert jedoch im Schatten der Reichweite der Inhalte der AfD. Dennoch wird die Partei sich im kommenden Landtagswahlkampf mit rassistischen Parolen bemerkbar machen und in ausgewählten Regionen versuchen, Mobilisierungsschwerpunkte zum Thema Flüchtlinge zu setzen. 

DIE RECHTE will ebenfalls zur Wahl antreten. Sie bindet das Spektrum der neonazistischen Kameradschaften aus deren Umfeld auch Gewalttaten nicht ausgeschlossen werden können.

Insgesamt treten also in Sachsen-Anhalt zur Landtagswahl drei unterschiedliche rechte Parteien an. Dieser Umstand wird nicht ohne Wirkung auf den Verlauf und die Tonlage des Wahlkampfes bleiben. Denn alle genannten Parteien werden versuchen, mit dem Thema Flüchtlinge bzw. Hetze gegen Flüchtlinge zu punkten.

 

 

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