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Mecklenburg-Vorpommern Planten Polizist und Politiker Anschläge auf Linke?

In den frühen Montagmorgenstunden fanden in Mecklenburg-Vorpommern mehrere Anti-Terror-Razzien in Wohn-, Arbeits-, und Geschäftsräumen u.a.  von einem Polizisten und einem Politiker statt. Es gehe um ein „Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“, heißt es in einer Erklärung des Generalbundesanwalts. Konkret sollen die zwei Männer geplant haben, in einem von ihnen erwarteten Krisenfall in Deutschland Personen aus dem linken politischen Spektrum gefangen zu nehmen und dann umzubringen. Laut Staatsanwaltschaft  sollen sie schon Todeslisten angelegt haben.

 
Mecklenburg-Vorpommern: Politiker und Polizist horteten Waffen und führten Todesliste (Symbolbild) (Quelle: Flickr / Roland Brunner / CC BY-NC-ND 2.0)

 

 

Wie der Generalbundesanwalt berichtet, sollen sich die beiden Hauptverdächtigen mit weiteren Personen in verschiedenen Chats ausgetauscht haben. Hauptthema soll hier die in ihren Augen völlig fehlgeschlagene Migrationspolitik Deutschlands gewesen sein. Sie sollen sich darüber ausgetauscht haben, dass sie in Folge von Zuwanderung mit steigender Kriminalität und Anschlägen in Deutschland rechnen, bis hin zum Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung.

 

Verdächtige scheinen rechte Verschwörungstheoretiker mit abenteuerlichen Untergangsfantasien zu sein

Zur Vorbereitung auf den erwarteten Zerfall der staatlichen Ordnung sollen sich die beiden Fanatiker mit Lebensmittel und Munition eingedeckt haben. Das Zusammenbrechen der öffentlichen Ordnung sollen sie jedoch auch als Chance gesehen haben, um gegen Personen des linken Spektrums vorzugehen. Der Generalbundesanwalt hält ihnen vor, im Fall der erwarteten Krise „Vertreter des politischen linken Spektrums festsetzen“ zu wollen und „mit ihren Waffen zu töten“.

Nach den bisherigen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, in die auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes eingeflossen sind, scheinen die Verdächtigen extrem rechte Verschwörungstheoretiker mit abenteuerlichen Untergangsfantasien zu sein.

 

Was ist bisher über die Verdächtigen bekannt?

Einer der Verdächtigen ist der Rechtsanwalt und ehrenamtliche Kommunalpolitiker Jan Hendrik H.. Er ist ehemaliges FDP-Mitglied und hat sich der Bürgerschaftsfraktion „Unabhängige Bürger für Rostock“ (UFR) angeschlossen, also der Gruppierung, der auch Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling angehört. Dem 45-jährigen Anwalt  hält die Bundesanwaltschaft vor, eine „schwere staatsgefährdende Gewalttat“ vorbereitet zu haben. Gegenüber der „SVZ“ sagte H., der auch Sportschütze ist, er habe keine Todesliste geführt und er sei auch kein Radikaler, er sei sogar Mitglied der deutsch-israelischen Gesellschaft.

Der Fraktionsvorsitzende der UFR, Dr. Dr. Malte Philipp, merkt in einer Presseerklärung der Fraktion an, dass vor Bekanntwerden  der Ermittlungsergebnisse die Unschuldsvermutung für Herrn H. gilt. Weiter weist er ausdrücklich darauf hin, dass H. kein Mitglied der UFR ist, „sondern sich als vormaliger FDP-Politiker und heutiger freier Bürger“ der Fraktion lediglich angeschlossen habe. Die Politik des Kommunalpolitikers sei bisher „von liberalen Grundwerten“ gekennzeichnet.

Der andere Verdächtige ist Polizist und arbeitet in der Polizeiinspektion Ludwigslust. Gegen ihn läuft laut Innenministerium Schwerin auch ein Disziplinarverfahren. Mehr ist über diesen Verdächtigen bisher nicht bekannt.

 

Keine Polizeibeamte_innen aus Mecklenburg-Vorpommern an Razzia beteiligt

Neben den Räumen der beiden Beschuldigten, wurden weitere Wohn- und Geschäftsräume von Personen aus ihrem Umfeld durchsucht. Davon seien nach Angaben des Innenministeriums aus Mecklenburg-Vorpommern auch ein weiterer Polizist betroffen gewesen.

Bei den Durchsuchungen waren Beamt_innen des Bundeskriminalamtes (BKA) und der Bundespolizei im Einsatz. Keiner von ihnen kommt aus Mecklenburg-Vorpommern. Dies geschehe offenbar, um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden, mutmaßt der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Peter Ritter.

Die Ermittlungen leitete der Generalbundesanwalt. Über das Ergebnis ist bislang noch nichts bekannt. Wie konkret die Anschlagspläne waren, ist noch unklar. Auch welche Personen auf der Todesliste stehen und wie lang diese Liste ist, wollte die Bundesanwaltschaft wegen der laufenden Ermittlungen vorerst nicht mitteilen. Haftstrafe wurde vorerst nicht erlassen. Die Durchsuchungen in mehreren Häusern hätten laut Generalbundesanwalt dazu gedient, Beweismaterial zu sichern.

 

Titelbild: Flickr Roland Brunner / CC BY-NC-ND 2.0

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