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Hitler-Balladen, Nazi-Riffs und Holocaust-Beats – Aktuelle Trends aus der braunen Musikwelt

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Album Cover der rechtsextremen Liedermacher- Gruppe "Gigi und die braunen Stadtmusikanten". (Quelle: dpa/pa)

 

 

Nahezu jedes musikalische Genre hat ihr neonazistisches Äquivalent: Rechtsrock, rechtsextreme Liedermacher, NS-HipHop, NS-Hardcore. Musik ist eines der wichtigsten Propagandamittel der rechtsextremen Szene. Auf Konzerten werden Kontakte gepflegt und Szene-Einsteiger_innen rekrutiert. Wie jede andere Musikszene auch, sind die Nazi-Genre-Äquivalenten schnelllebig. Mit ein Grund dafür sind die abstoßende Hasstexte, die immer mal wieder indiziert und vom Markt genommen werden. Auch der Verfassungsschutz hat einige Szene-Musiker_innen im Auge.

Vor ein paar Jahren, noch szene-intern ein Trend, scheint die rechtsextreme Version von HardCore – NS-HateCore  – nicht mehr allzu gefragt, sagt der Journalist Kai Budler. Er beschäftigt sich schon seit Jahren mit der rechtsextremen Musikszene. Aktuell beobachtet er, dass die rechtsextreme Adaption von HipHop – NS-HipHop – als ursprünglich afro-amerikanische Musik anfangs nicht akzeptiert, sich zunehmend etabliert.

Wir haben einen Überblick über die aktuell beliebtesten rechtsextremen Bands zusammengestellt.

 

„Die Lunkikoff Verschwörung” / Michael Regener

Michael Regener (Jg. 1965) war Sänger der inzwischen als kriminelle Vereinigung verbotenen Rechtsrock-Band „Landser“ und gilt in der Neonaziszene als Kultfigur. Nachdem „Landser“ 2001 aufgeflogen war (und während ihr Sänger in Stuttgart-Stammheim in U-Haft saß) gründete Regener das – mit legalen Texten arbeitende – Nachfolgeprojekt „Die Lunikoff Verschwörung“. Unterstützt wird er von den Musikern von „Spreegeschwader“. Mit seinen Bandkollegen aus „Landser“-Zeiten hat sich „Lunikoff“ überworfen, weil diese vor Gericht ausgesagt haben. Der Sänger selbst schwieg eisern. Diese „Standhaftigkeit“ wird ihm in der Szene hoch angerechnet.

Heute lässt Michael Regener seine Texte vor Veröffentlichung von seinen Anwälten checken. So umgeht “Die Lunikoff Verschwörung” einer Indizierung und kann weiter mit Songs, wie beispielsweise “Die Merkel muss weg!” den Soundtrack für “Merkel muss weg”- Aufmärsche liefern.

 

„Stahlgewitter“

Die Formationen um den Sänger  Daniel „Gigi“ Giese huldigen seit 1995 aktive Neonazis als “politische Soldaten” im “Kampf gegen ZOG” (ZOG: Nazi- Code für “zionist occupied government”). „Stahlgewitter“ gehören zu den populärsten Gruppen der Szene und decken in ihren Texten alle klassischen Motive des Rechtsrocks ab. Sie sehen den heutigen Neonazis als „politische Soldaten“ (wie einst die SA), wünschen „Ruhm und Ehre der deutschen Wehrmacht“ oder besingen die „Achtundachtzig“ (ein Neonazikürzel für „Heil Hitler“).

 

Wem die Band und deren Sänger Daniel Giese ein Begriff ist, kennt in der Regel auch die rechtsextreme Liedermacher-Truppe “Gigi und die braunen Stadtmusikanten”.

 

„Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ – Gab es Verbindungen zum NSU?

”Gigi” verbreitet als einer der best vernetztesten Musiker der Rechtsrock-Szene seit 2004 populäre Coversongs mit rassistischen Inhalten. Immer wieder taucht die Band als “Soundtrack” im Rahmen von Gerichtsverhandlungen mit rechtsextremen Hintergründen auf – z.B. im Prozess um die “Gruppe Freital”.

Bereits 2010 veröffentlichte die Band den Song “Döner Killer” vom Album “Adolf Hitler lebt!”. In diesem Lied wird eine brutale Mordserie auf widerwärtige Art und Weise begeistert gefeiert. Es gibt viele Hinweise die darauf deuten, dass der Song eine Anspielung auf die NSU-Morde ist- das Lied wurde vor Auffliegen des Terror-Trios veröffentlicht.

Die Band ist eine Art “Spaßprojekt” des “Stahlgewitter”-Sängers , Daniel Giese. “Gigi und die braunen Stadtmusikanten” covern Schlager und andere bekannte Songs als Rechtsrock-Version und versehen sie mit rechtsextremen Texten. So wird “Anton aus Tirol” zum “Bitterbösen aus Braunau”, oder “Was wollen wir trinken” zu “Nun wollen wir kämpfen bis zum Sieg”. Bisher erschienen sieben Alben, drei davon  indiziert: “Braun ist Trumpf” (2008), und “Adolf Hitler lebt” (2010) und “Willkommen! Liebe Mörder“ (2016).

“Willkommen! Liebe Mörder” von 2016 ist die neueste Veröffentlichung und Konzept-Album der Band. Um was es geht, lässt sich schon erahnen. Exemplarisch herausfiltern zu wollen, welche inhaltliche Bandbreite die Band hier bedient, scheint unmöglich. Das komplette Album stützt sich auf rassistische Hetze gegen Geflüchtete, gespickt mit antisemitischen Verschwörungsideologien und der Verherrlichung Hitlers. Das sieht auch die Bundesprüfstelle jugendgefährdender Medien so. Sieben der elf Songs sind indiziert.

 

„Flak“

“Flak” (Kurzform für “Flugabwehrkanone”) existiert seit 2007 und hat sich in der Region Bonn formiert. Schon die erste Veröffentlichung „Feuertaufe“ (2010; auf dem Rechtsrock-Label “PC-Records” von Yves Rahmel) wurde von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert.

Die Band bewirbt sich selbst auf ihrer Facebook-Seite unter “Auszeichnung” mit “300 Prozesstage, steigend…”. Drei der Bandmitglieder, darunter der gut vernetzte Sänger Philipp “Phil” Neumann, gehörten zu den 33 Beschuldigten im Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen das Aktionsbüro Mittelrhein (ABM), das bis heute vor dem Koblenzer Landgericht läuft. Die rechtsextremen Bands “Stahlgewitter” und “Division Germania” (zur rechtsextremen “Hammerskin Nation” gehörend) sind eng mit den Mitgliedern von „Flak“ verbunden.

Inhaltlich konzentrieren sich die balladen-artigen Songs von “Flak” auf NS-Verherrlichung und auf rassistische und völkische Aussagen.

 

„Sturmwehr“

Jens Brucherseifer und Rony Krämer rufen unter ihrem Bandnamen “Sturmwehr” seit 1993 beständig zu Gewalttaten gegen Migrant_innen, Homosexuelle und Linke auf. Mittlerweile sind 35 Alben- fünf davon indiziert- veröffentlicht.

“Sturmwehr” selbst bezeichnet sich als nationalistisch und versuchen sich auf ihrem aktuellen Album “Büßersyndrom” unter anderem mit Titeln, wie „Der nette Nazi von nebenan“ und „Germanenherz“  vom Neonazi-Image zu distanzieren.

 

 

„Sleipnir“

Hinter “Sleipnir“ steht der rechtsextreme Liedermacher Marco Laszcz/Bartsch. Anfang der 1990er Jahre wurde die Band in Verl/Gütersloh (Nordrhein-Westfalen) gegründet und ist seit den 2000er Jahren in unterschiedlichen Besetzungen auf Veranstaltungen in Deutschland und international im Umfeld des “Blood&Honour”-Netzwerkes unterwegs.

Neben dem patriotischen Stolz auf das “Vaterland”, propagiert ”Sleipnir”  in seinen Texten eine Rebellion gegen das System:

“Wir gehen durch die Hölle für das, was wir lieben. Wir werden kämpfen. Wir werden siegen. Wie einst die Kämpfer aus dem hohen Norden, erobern wir jedes Land.”

Die  Band verpackt  ihre neuheidnischen und nationalsozialistischen Inhalte in ”massenkompatiblen” und “seichten” Balladen. Dabei versuchen sie beispielsweise im Refrain:

“Ich bin ein altes Nazischwein, ich dürfte gar nicht mehr am Leben sein! Ich habe nichts dazugelernt. Von Besserung weit entfernt! Ich hasse alle Menschen, Ausländer sowieso! Ich bin gegen die ganze Welt! Mann…ich schäme mich so!” (“Nazischwein”),

ihr eigentliches Bekenntnis mit dem letzten Zusatz konfrontativ zu entschärfen. “Sleipnir” will damit die Brücke zu jungen Menschen jenseits der rechtsextremen Szene schlagen.

 

„Frontalkraft“

Auf  politische Inhalte konzentriert sich auch die älteste aktive Rechtsrock-Band „Frontalkraft. Sie stammt aus dem Umfeld der Hammerskin-Szene. Mit dem Sänger Sten Söhndel verherrlichen sie vor allem den Nationalsozialismus, und propagieren ein nordisch-germanisches Heidentum. Dass die Band als neonazistisch einzuordnen ist, machen Texte wie „Wir bekennen uns“ deutlich. Darin heißt es: „Wir bekennen uns zu unserem Land, zu unserem Blut und unserer Art, auch zu dem, was vor 45 war“.

Frontalkraft hat seit 1992 mehr als 100 Konzerte gespielt; dass diese auch in Italien, Frankreich, der Schweiz und der Tschechischen Republik stattfanden, unterstreicht die internationale Bedeutung und das feste Standing der Band.

 

„Kategorie C – Hungrige Wölfe“

“Kategorie C” funktioniert als musikalische Brücke der rechtsextremen und der Fußball Hooligan-Szene. Der Bandname ist synonym zur polizeilichen Kategorisierung „gewaltsuchender“ Fußballfans.

1997 gründet sich die Band um den Sänger Hannes Ostendorf, um zur Fußballweltmeisterschaft 1998 eine CD aufzunehmen. Das Album „Gewaltige Lieder“ wurde ein Erfolg und das Projekt verstetigt. “Kategorie C” selbst betonen immer wieder unpolitisch zu sein. Mit rassistischen Passagen, wie: „Deutschland dein Trikot, das ist schwarz und weiß, doch leider auch die Farbe deiner Spieler“, treten sie immer wieder bei einschlägigen Rechtsrock-Konzerten auf.  

Seit dem Bandmitglieder 2010 vom Landesamt für Verfassungsschutz Bremen als „sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten“ eingestuft wurden, werden ihre Konzerte allerdings, zunehmend verboten.

 

“MaKss Damage“

Der bekannteste Vertreter von NS-Rap ist Julian Fritsch, alias „MaKss Damage“. Er rekrutiert den jungen Nachwuchs der rechtsextremen Szene, scheinbar mit Erfolg. Das größte seiner Konzerte gab der NS-Rapper im Herbst 2016 vor 5.000 Neonazis in der Schweiz und füllte auch in Thüringen das Konzert “Rap am Kreuz” Anfang 2017.   

Zunächst mehrere Jahre in der linksextremen Szene aktiv, nennt  “MaKss Damage” in einem Interview mit dem rechtsextremen Magazin – als ehemaliger Stalinist – mittlerweile den Holocaust-Leugner Horst Mahler als sein Vorbild. Seinen Szene-Wechsel und mittlerweile offenes Bekenntnis zur Neonazi Szene thematisiert er immer wieder in seinen Texten. Da heißt es: “Reißt das Maul ruhig auf und leugnet was ich war. Wie ihr tief am schlafen, jetzt bin ich erwacht. …Bin 88 geboren, und 88 wieg ich, 1,88 groß, 88 lieb ich, 88 der Code zur Geburt, wie alle Deutschen ihn bekommen.” (“Harter Torbak”)

Einige von Fritschs Texten sind mittlerweile von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien als Aufruf „zur gewaltsamen physischen Vernichtung der beschriebenen Gegner“ indiziert und er selbst wegen Volksverhetzung verurteilt.

 

„DJ Happy Vibes“

DJ Happy Vibes ist zwar nicht offiziell als rechtsextremer Musiker einzuordnen, der Musikwissenschaftler Dr. Thorsten Hindrichs sieht ihn dennoch als eine der jüngsten musikalischen Brücken zwischen rechtspopulistischen und rechtsextremen Kreisen. Sein Pop-Techno-Schlager Mix “German History II” begleitete beispielsweise die Pegida-Jahres-Demonstration und auf der “Identitären” Demonstration 2017 in Berlin  stand  Lutz Bachmann an den Turntables und beschallte die “Identitären”, mit dem “DJ Happy Vibes”-Track.

Dass ausgerechnet Lutz Bachmann den Song gerne spielt, ist nicht verwunderlich. Einerseits kommt er selbst drin vor und andererseits ist “German History II” ein vertontes 18-minütiges Medley aller einschlägigen Pegida-Phrasen und rechtspopulistischen Narrativen. „DJ Happy Vibes“ sampelt zu verschiedenen Themenpunkten Zitate von Politiker_innen aus der jüngeren deutschen Politikgeschichte.

Multikulti sei gescheitert, das “deutsche Volk” und seine Leitkultur sterbe aus, die allgegenwärtige “Lügenpresse” verheimliche, dass die Kriminalitätsrate durch die “Flüchtlings-Schwemme” ansteige und und und. Immer wieder unterbrochen von der Sängerin Jazzmin, die im Justitia Outfit unter anderem kommentiert: “ German History. Schau hin du wirst verstehen, schau hin du wirst verstehen, denn wer erkennen will, der muss das Ganze sehn.”

 

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