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Akif Pirinçci – Hetze als Selbstbestätigung

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Akif Pirinçci genießt die Selbstdarstellung (Quelle: picture alliance/dpa)

Von Marc Latsch

Akif Pirinçci wurde 1959 in Istanbul geboren, zehn Jahre später zog er mit seinen Eltern nach Deutschland und verbrachte seine Jugend in der Eifel und am Rhein. Er hatte in seiner Jugend nur wenige Freunde. Stattdessen saß er zuhause und schrieb Drehbücher für Hörbücher und Spielfilme. Kleinere Beiträge von ihm wurden gesendet, aber in der Schule ging es bergab – einst Gymnasiast, landete er schließlich auf der Hauptschule. In der Folge jobbte er in Köln als „Mädchen für alles“ und besuchte die Film- und Fernsehakademie in Wien. Mit 22 Jahren landete er dann allerdings einen ersten Achtungserfolg: Sein Debütroman „Tränen sind immer das Ende“ wurde wohlwollend rezensiert und verkaufte sich sehr ordentlich.

„Warum darf man eine Disko nicht mit Dachau vergleichen?“

ZEIT-Journalist Klaus Pokatzky besuchte Pirinçci daraufhin zu einem Interview in Andernach, das schon einiges an Antworten zum aktuellen Werdegang des Autors zu bieten hat. Gezeichnet wird das Bild eines geltungssüchtigen jungen Mannes, der unbedingt „in die Medien“ möchte. Haargenau erklärt Pirinçci, dass er diesen Roman deswegen geschrieben habe, weil die Leute genau so etwas lesen wollen und er sogar die Geschichte zeitlich streckte, damit für eine mögliche Verfilmung „alle deutschen Feiertage drin sind“. Auch die Vulgärsprache („Es geht in der Welt nur ums Ficken und ums Geld“) hat er sich zu diesem Zeitpunkt bereits von seinem Jugendidol Charles Bukowski abgeschaut. Vor allem zeigt Pirinçci bereits in seinen Anfängen den Willen zur politischen Provokation: In seinem Roman vergleicht er Diskos mit Konzentrationslagern und sein Liebesleid mit Auschwitz, Stalingrad und Bombenteppichen. Auch im Interview steht er zu diesen Aussagen: „Warum darf man eine Disko nicht mit Dachau vergleichen?“, fragt er Pokatzky. Es mag nicht überraschen, dass sein damaliger Verleger sogleich erkannte: „So viel Realitätsferne wie bei dem Akif gibt es selten.“

Ruhm durch Katzenkrimis

Danach wurde es zunächst wieder still um den jungen Autor, nach seinem Erstlingswerk folgte lange Zeit keine weitere Veröffentlichung. 1989 begannen dann mit dem „Katzenkrimi“  Felidae seine erfolgreichsten Jahre. Das Buch wurde in 17 Sprachen übersetzt und kam 1993 als Zeichentrickfilm in die Kinos. Mittlerweile sind sieben weitere Teile der Detektivreihe erschienen. Auch mit seinen anderen Romanen war Pirinçci erfolgreich, „Die Damalstür“ bot sogar die Vorlage für einen weiteren Spielfilm. Der Autor hatte nun ausgesorgt, sein Geldbeutel war gut gefüllt und verlangte nach keinen großen Einnahmequellen mehr. Sein Geltungsdrang hingegen war wohl noch nicht befriedigt, sodass Pirinçci vor etwa zwei Jahren begann auch im gesellschaftspolitischen Bereich zu publizieren und schnell erste Skandale provozierte.

„Das Schlachten hat begonnen“

Unter anderem verfasste Pirinçci nun Kommentare auf dem als rechtspopulistisch und islamfeindlich geltenden Weblog „Die Achse des Guten“. Dort veröffentlichte er im März 2013 unter dem Titel „Das Schlachten hat begonnen“ einen Kommentar zum Todesfall Daniel S. In diesem Zusammenhang spricht Pirinçci von einem „schleichenden Genozid an einer bestimmten Gruppe von jungen Männern“, nämlich ein durch junge Männer muslimischen Glaubens ausgeführter Völkermord an deutschen Männern. Außerdem führte er aus, dass die Opferzahl dieses Genozids bewusst geheim gehalten werde, Journalisten dürften davon nicht berichten, da Mitgefühl in einem solchen Fall existenzbedrohend sei. Grund dafür sei eine „linksgrüne Gesinnungsdiktatur“. Ausführungen, die sogar Mitautoren des Weblogs eindeutig zu weit gingen. Tobias Kaufmann bezog etwa ebenfalls auf „Die Achse des Guten“ Stellung gegen Pirinçci. Er verglich ihn mit Verschwörungstheoretikern und warf ihm die Verwendung von NPD-Rhetorik sowie plumpe Medienhetze vor.

„Deutschland von Sinnen“

Pirinçci publizierte nach diesem Skandal weiter in der neurechten Zeitschrift „eigentümlich frei“ und fiel dort immer wieder mit seinen scharfen und umstrittenen Kommentaren auf. Im März dieses Jahres veröffentlichte er schließlich „Deutschland von Sinnen“, ein Pamphlet gegen die seiner Ansicht nach privilegierte Stellung von Homosexuellen, Migranten und Frauen in der politischen Debatte der Bundesrepublik. Das Buch wurde zu einem großen Erfolg und erreichte Spitzenpositionen in den Bestsellerlisten. Ähnlich groß war allerdings auch der Aufschrei in der Presse. In den allermeisten Rezensionen liest man die Empörung und Verstörung heraus, die die Thesen Pirinçcis bei den Kritikern hervorgerufen haben. Ijoma Mangold spricht in der ZEIT  von „purer Menschenverachtung“, „in seiner Mischung aus Brutalität und Heulerei erinnert das Buch – ich schwöre, ich habe noch nie einen Hitler-Vergleich gezogen in meinem Berufsleben – an Adolf Hitlers Mein Kampf.“ Christian Schröder und Carolin Fischer erinnert der Schreibstil an Anders Breiviks „Manifest“, Harald Jähner fühlt sich an Ekel Alfred aus „Ein Herz und eine Seele“ erinnert und Harald Staun vermittelt sich der Eindruck eines „Sarrazin auf Speed“. Doch das Machwerk verkauft sich prächtig und bringt Akif Pirinçci wieder ins Rampenlicht.

Brandstifter im Internet

Wie Pirinçci die ihm gegebene Aufmerksamkeit auskostet, lässt sich auf seiner Facebook-Seite beobachten. Unterbrochen von unerfüllten Sexfantasien eines mittelalten Mannes, widmet er sich dort der Hetze gegen die Auswüchse der modernen Gesellschaft. Homophobie, Sexismus, Rassimus – die Einträge Pirinçcis lesen sich wie ein Schulungstext zu allen Bereichen der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Höhepunkt des Ganzen ist ein Beitrag über die Soziologin Elisabeth Tuider. Er fantasiert davon wie die Geschlechterforscherin der Uni Kassel im Knast „verrottet“ und beleidigt die „irre Lesbe“ mit dem Gehabe eines sexbesessenen Machos. Nicht überraschen sollte ihn dann, dass in den Kommentaren zu diesem Text offen zu Mord und Vergewaltigung aufgerufen wird. Solidarität mit Tuider führt nur dazu zum nächsten Opfer der menschenverachtenden Sprache Pirinçcis zu werden. Prof. Dr. Heinz Jürgen Voß, Verfasser eines Solidaritätsbekenntnisses zu Tuider wird mittlerweile in einem eigenen Beitrag als „Geisteskranker Schwuler“ vorgestellt. Wenn man seine Facebook-Seite betrachtet, ist Pirinçci über den Habitus eines durchschnittlichen Rechtspopulisten oder Islamfeinds längst hinaus. Kein Wunder, dass rechtsextreme Parteien und Organisationen seine Thesen loben: Menschen mit Migrationshintergrund, die sich als „Kronzeugen“ für scheinbare Objektivität (miss)brauchen lassen, sind in Rechtsaußen-Kreisen stets beliebt.

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