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„Atomwaffen Division“ Bombendrohungen an 20 Schwarzen US-Universitäten

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Anfang 2020 gab es zahlreiche Festnahmen und Ermittlungen gegen Mitglieder der damaligen „Atomwaffen Division“ in den USA. Eine Auflösungsbekundung erklärt die neu angekündigte „Atomwaffen Division“ jetzt für nichtig. (Quelle: Screenshot Telegram)

In den vergangenen Tagen mussten laut CNN insgesamt 20 historische Black Colleges und Universitäten (HBCU) ihren Unterricht unterbrechen. Der Grund dafür waren Bombendrohungen. Alleine am Dienstag, dem 1. Februar, gingen Bombendrohungen in 14 dieser Colleges und Hochschulen ein. Just an dem Tag, an dem der Black History Month begann. 

Die Historically Black Colleges and Universities sind Bildungseinrichtungen in den USA, die vor dem Jahre 1964 gegründet wurden und die ursprünglich der Ausbildung von Schwarzen Menschen dienten. Lange Zeit durften Schwarze Menschen nur in diesen HBCUs studieren. Erst mit der Untersagung der Rassentrennung in öffentlichen Bildungseinrichtungen 1965 sind Schwarze Menschen auch in anderen Bildungseinrichtungen zugelassen. Es existieren noch rund 105 solcher Historically Black Colleges and Universities. 

Angriffe auf HBCUs im Black History Month

Dabei scheint es kein Zufall zu sein, dass gleich 20 Bombendrohungen in Schwarzen Colleges und Universitäten genau zum Beginn des Black History Month eingehen. Der Black History Month wird in Kanada und in den Vereinigten Staaten alljährlich im Februar gefeiert und hat besonders für die USA eine große Bedeutung. Es geht in diesem Monat um die Geschichte von Schwarzen Amerikaner:innen, da ihre Geschichten und ihre Traditionen kaum in Geschichtsbüchern behandelt werden. Auch in Deutschland wird der Black History Month immer relevanter.

Die Serie von Bombendrohungen gegen historisch Schwarze Colleges und Universitäten in den USA begann jedoch bereits Anfang Januar. Für die Howard University in Washington D.C. war die Drohung von Dienstag bereits die zweite dieser Art in diesem Jahr. Am 5. Januar erhielten mindestens drei HBCUs, darunter auch die Howard University, Bombendrohungen. Sowohl im Januar wie auch jetzt wurden keine Bomben oder explosives Material gefunden, dennoch nehmen Behörden die Bedrohungslage sehr ernst. Jen Psaki, Pressesprecherin des Weißen Hauses, versicherte an der Seite der Universitäten und ihren Studierenden zu stehen. Unter den Studierenden macht sich unterdessen Unsicherheit breit. 

„Ich bin beunruhigt“, sagte der Student Calvert White der Jackson State University, gegenüber CNN. „HBCUs haben eine lange Geschichte von physischen Drohungen, nur weil wir existieren. Ich denke, dass die Drohungen keine Einzelfälle oder Zufälle sind, sondern dass es ein klarer Angriff auf schwarze Studenten ist, die sich für schwarze Schulen entscheiden.“ Auch seine Universität war von den Bombendrohungen betroffen.

Wer steckt hinter den Bombendrohungen?

Es gibt unterdessen erste Hinweise, wer hinter den Drohungen stecken könnte, nämlich die rechtsterroristische „Atomwaffen Division“: Bereits am Montag, dem 31. Januar gingen mindestens fünf Drohungen in Schwarzen Colleges und Universitäten ein, so auch in der Bethune-Cookman University in Daytona Beach. Es war die zweite Drohung an der Bethune-Cookman University seit dem 4. Januar, sagte der Polizeichef von Daytona Beach, Jakari Young, auf einer Pressekonferenz am Montag. Er gab an, dass ein Mann sich am Telefon als Mitglied der rechtsterroristischen Gruppe „Atomwaffen Division“ zu erkennen gab. 

Ist die „Atomwaffen Division“ für die Bombendrohungen verantwortlich?

Ist es also möglich, dass die rechtsterroristische „Atomwaffen Division“ (AWD) für die Drohungen verantwortlich ist? Zumindest verkündete eine Person der „Atomwaffen Division“ am 30. Januar eine „Reaktivierung“ via Telegram:

„After a long period of observation and study of the movement, we as former members of the Atomwaffen Division have come to the decision that the Atomwaffen Division be reactivated, effective immediately“, schreiben sie. Sie kritisieren, dass die meistens nationalistischen Glaubensbrüder zu bequem geworden sein.

Die Bewegung sei an einem Tiefpunkt angelangt, nun jedoch zu dem Schluss gekommen, dass es eine neue Führung bräuchte. Unter neuer Führung von langjährigen AWD-Mitgliedern sei die Atomwaffenabteilung nun offiziell reaktiviert, schreiben sie.

James Mason erklärte die „Atomwaffen Division“ für aufgelöst

Anfang 2020 gab es zahlreiche Festnahmen und Ermittlungen gegen Mitglieder der damaligen „Atomwaffen Division“. Im Januar wurde ein führender Kopf der Gruppe zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt. Im selben Zeitraum also, in dem die Bombendrohungen an den Universitäten begannen. Ob dabei ein Zusammenhang besteht, bleibt offen. Wegen des hohen Ermittlungsdrucks gab die rechtsterroristische Gruppe im März 2020 eigentlich ihre endgültige Auflösung durch ihren theoretischen Vordenker, den Neonazi James Mason, bekannt. Mason ist Autor der Newsletter-Zusammenfassung „Siege“, die in rechtsterroristischen Kreisen äußerst beliebt ist und sich für einen bewaffneten Umsturz ausspricht. Mitglieder der früheren „Atomwaffen Division“ machten „Siege“ zu ihrer Bibel und Mason zu ihrem Vordenker, den sie auch besuchten. Dementsprechend hatte eine Auflösung durch Mason entsprechendes Gewicht in der Szene, die von einigen Beobachter:innen aber auch als Atempause gedeutet wurde, um sich unter dem Ermittlungsdruck neu organisieren zu können. Genau dieses Auflösungsbekunden erklärt die neue angekündigte „Atomwaffen Division“ jetzt für nichtig.

Trotz AWD-Auflösung kein Ende der Aktivitäten

Mit dieser angekündigten Auflösung 2020 war der Idee von rechtsterroristischen Zellen, die einen sogenannten „Rassenkrieg“ mit Terrorakten herbeiführen wollen, allerdings kein Ende gesetzt, sie wurde lediglich kurzfristig auf Eis gelegt. Immer wieder tauchten im rechtsterroristischen Online-Communitys Nachfolgegruppierungen auf, die die Idee der „Atomwaffen Division“ wieder aufleben lassen wollen. Auch eine europäische „Atomwaffen Division Europe“ wurde 2021 ins Leben gerufen. Unter deutscher Führung sollten europäische Neonazis vernetzt werden und auch über mögliche Bewaffnungen wurde sich ausgetauscht. Nach einer Recherche von Belltower.News zerfiel auch diese Gruppe kurze Zeit später.

So ist es zwar nicht überraschend, aber verwunderlich, dass am 30. Januar 2022 auf einem Telegramkanal die Reaktivierung der „Atomwaffen Division“ durch angeblich ehemalige Mitglieder verkündet wird. „Die Bewegung braucht eine Führung und die Atomwaffen Division soll diese neue Führung sein“, heißt es in der kurzen Ankündigung. Die „neue“ AWD soll ihre Mitglieder vor allem in der Waffenbeschaffung schulen und die Terrorzellen mit dem nötigen Wissen auszustatten, um „im Busch zu überleben“. Dazu veröffentlichte die Gruppe ein neues Video, das ein „Winter Hate Camp 2022“ zeigen soll und in typisch martialischer Ästhetik Schießtrainings im Wald abbildet.

Die Schussübungen sollen zusammen mit ehemaligen Mitgliedern der rechtsterroristischen Gruppe „The Base“ abgehalten worden sein, die ebenfalls für rechtsterroristische Anschläge trainierte und deren Anführer für das FBI arbeitete und vor allem Jugendliche in Europa zu rekrutieren versuchte. Bisher handelt es sich lediglich um eine weitere Ankündigung einer neuen „Atomwaffen Division“, doch ist diese Entwicklung keinesfalls ungefährlich. Sollten sich die neuen Mitglieder mit Waffen ausrüsten und sich bereits bei Schussübungen zusammengefunden haben, ist das tödliche Gewaltpotenzial ernst zu nehmen. Auch inwiefern Rekrutierungsversuche in Deutschland auf fruchtbaren Boden fallen, ist bisher unklar.   

 „Ich habe es einfach satt, so terrorisiert zu werden“

In einer Erklärung vom Mittwoch gab das FBI an, dass seine Spezialeinheit die Ermittlungen mit „höchster Priorität“. Offenbar mit Erfolg, mittlerweile wurden sechs Jugendliche identifiziert, die für die Bombendrohungen verantwortlich sein sollen. Die Jugendlichen seien „technisch versiert“, zitiert NBC einen Beamten. Ihr Motiv war Hass auf Schwarze Menschen.

„Es macht mir klar, dass es immer noch diese Terroristen gibt, die versuchen, Minderheiten daran zu hindern, voranzukommen oder auch nur eine einfache Ausbildung an einer überwiegend schwarzen Einrichtung zu erhalten“, sagt die 19-jährige Studentin Saigan Boyd gegenüber CNN. „Ich habe es einfach satt, mich mit diesem Ausmaß an ungebetenem Hass auseinanderzusetzen. Ich habe es einfach satt, so terrorisiert zu werden, wie es meine Großeltern waren.“

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