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Demonstration am Samstag Leipzig – Aggressive Bewerbung, gewalttätige Demo?

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Was kann da schon schiefgehen? Werbevideo von „Querdenken 341" für die Demonstration am 07. November 2020

Allerdings werden dort nicht nur Kritiker*innen der Corona-Beschränkungen anzutreffen sein. Teilnehmen wird außerdem eine krude Mischung aus Verschwörungsideolog*innen, Neonazis, Rechtsextremen und Elterninitiativen, die ihre Kinder vor der „Misshandlung durch die Mund-Nasen-Bedeckung“ beschützen wollen. Die Planung dieser Demonstration hat in den sozialen Medien eine neue Ebene der Radikalität erreicht, die sich etwa im Willen zur gewaltsamen Auseinandersetzung ausdrückt. Mögen die Aufrufe sich teilweise auch absurd und skurril anhören, sollte man sie nicht unterschätzen.

Die „Bewegung Leipzig“ als Veranstalter ruft zu dieser Demonstration auf. Auf den bisherigen Veranstaltungen der „Bewegung Leipzig“ wurden klar antisemitische und verschwörungsideologische Erzählungen verbreitet. Von dem „Austausch der europäischen Völker“ bis hin zu dem Narrativ, die Covid-19-Pandemie verdanke man „den 400 reichsten Familien“ der Welt, darunter die Rothschilds, gingen die Aussagen, die auf vergangenen Versammlungen zu hören waren (vgl. Kreuzer Online). Auf YouTube rufen die Bewegungen „Querdenken 341“ aus Leipzig und „Querdenken 711“ aus Stuttgart ihre Anhänger*innen auf, unter dem Motto der „Friedlichen Evolution“ zahlreich zu erscheinen. Ihre Worte dabei lauten: „Geschichte wiederholt sich, wenn wir es gemeinsam tun.“ Hier nehmen sie Bezug auf den Zusammenbruch der DDR und möchten damit die friedliche Revolution aus dem Jahr 1989 nachahmen und auch die derzeitige Regierung zum „Sturz“ bringen.

Da passt es gut, dass „Der Neue Schmalkaldische Bund“ das gleiche Ziel hat. In Namen dieses Zusammenschlusses rufen rechtsoffene und verschwörungs*ideologische Prominente zur Versammlung auf, um „nicht in einem kommunistischen System aufzuwachen“. In einem Video führen sie Gründe an, wieso es „jetzt wirklich um alles geht“. Den ersten Redner*innen, u.a. Lilly Thüringen und Miriam Hope, geht es zuerst vor allem um “die Kinder”, die durch die Nase-Mundschutz-Bedeckung misshandelt werden würden. Jürgen Elsässer, der Chefredakteur des vom Verfassungsschutz bereits als rechtsextremer Verdachtsfall eingeordneten „Compact“-Magazins wiederholt seinen schon öfter geteilten Leitspruch: „Wenn die Regierung das Volk einsperren will, muss das Volk die Regierung einsperren.“ Das Ende der Videobotschaft handelt davon, einen „energetischen Impuls“ zu setzen, um „es“ zu beenden.

„Lilly Thüringen“ im Aufruf des „Neuen Schmalkaldischen Bundes“ auf YouTube

Man kann schon jetzt im Vergleich zu den bisherigen „coronakritischen“ Protesten einige Unterschiede feststellen. Die Zahl der Unterstützer*innen erreicht internetmedial ein Hoch, welches so noch nicht zu verzeichnen war. Die Demonstrationswilligen wollen aus ganz Deutschland anreisen und bekunden verbalein neues Gewalt-Potenzial, welches sich in den sozialen Medien kumuliert beobachten lässt. Die Wortwahl im Aufruf zum „Widerstand” ist von Begriffen bestimmt, die einen fast kriegsähnlichen Zustand simulieren sollen. Flyer in den Telegram-Gruppen tragen die paradoxen Titel „Zeit für den Ausbruch des 1.Weltfriedens” und „Zeit es zu beenden”. Und auch die Aufrufe des „Neuen Schmalkaldischen Bundes” hören sich so an: „Ich bin am 7.11. mit in Leipzig, weil ich es mir nicht nehmen lassen möchte, es mit euch zu beenden” (Ralf Eckhardt) und „Wir müssen für unsere Kinder kämpfen” (Miriam Hope).  Die Grundstimmung in den Videobotschaften und digitalen Kettenbriefen der Veranstalter*innen sind durchtränkt von Pathos und einer gewissen Melancholie.

Wollen sie die Pandemie beenden oder doch die Demokratie? Aufruf in einer Telegram-Gruppe zur Demonstration am 07. November 2020

Die Veranstalter*innen wollen und können die Nähe zu rechtsextremen Parteien nicht abstreiten: Karsten Hilse von der AfD aus dem Wahlkreis Bautzen bekennt sich als Fan der „Aufgeweckten“ und trägt während einer Rede im Bundestag erkennbar ein T-Shirt der Dresdener „Querdenken“-Gruppierung (vgl. Twitter). Auch auf den vorhergehenden Kundgebungen und Demonstrationen sind oftmals Mitglieder der AfD, NPD und der islamfeindlichen „HoGeSa“ („Hooligans gegen Salafisten“) aufgetreten. 

Am Freitag, dem 6. November 2020, ist eine Vor-Demonstration geplant, Veranstalter ist hier u.a. die Gruppe „Köln ist aktiv“ mit zahlreichen mehr oder weniger bekannten Gesichtern aus “alternativen Medien” und rechten Netzwerken. Mit dabei ist Ottmar Lattorf, der sich als Esoteriker, Revolutionär und Alternativmediziner versteht und eine Webseite für „alternative Informationen“ betreibt. Der parteilose Landtagsabgeordnete Dr. Heinrich Fiechtner (davor AfD-Politiker) aus Baden-Württemberg ist auch als Redner gelistet. Fiechtner kennt man u.a. durch seine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die sich in seinen Reden manifestiert und auch schon zum Verweis des Landtages geführt hat (vgl. Berliner Zeitung).

Der Modus des Aufrufs und Verbreitens der „alternativen Medien“ hat eine neue Ebene des Hasses und der Aggressivität erreicht. Das fehlende Vertrauen in jegliche Bundes- oder Landesbehörde und die Wut über die derzeitigen Einschränkungen scheinen eine gefährliche Mischung zu ergeben. Am Mittwochabend, den 4. November 2020, fand Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow ein Grablicht vor seinem Haus, nachdem in einer „Querdenken“-Chatgruppe auf Telegram seine Anschrift veröffentlicht worden war, mit dem Aufruf versehen, ihm Gegenstände vor die Tür zu legen (vgl. Twitter). Die Frau, die dazu aufgerufen hatte, fühlte sich nach eigenen Angaben von einer Rede Björn Höckes inspiriert, in der er Ramelow als „Merkels Bettvorleger“ bezeichnete. Beamt*innen der Berliner Polizei wurden ebenfalls schon Opfer der Einschüchterungsversuche von Corona-Leugner*innen. Ein Polizist und seine Familie wurden wochenlang durch Drohungen und Telefonterror terrorisiert (vgl. Der Tagesspiegel). Dieser und weitere Vorfälle sind der Grund, weshalb der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion in Berlin ein Lagebild über solche Vorfälle fordert, um sie gegebenenfalls als politische Kriminalität einordnen zu können.

Die Stadt Leipzig und ihre aktiven Netzwerke für Demokratie und gegen Verschwörungsideologien wollen sich dem entgegenstellen. „Leipzig nimmt Platz“ ruft zur Teilnahme am Protest auf und dazu, den „Querdenker*innen“ und Rechtsextremen die Anreise, den Aufenthalt und die Abreise in ihrer Stadt wann immer möglich und so gut es geht zu vermiesen, so die Organisatorin Irena Rudolph-Kokot (vgl. FridaysForFuture Leipzig und Leipziger Internet Zeitung). Vor allem den Aufenthalt, denn die Teilnehmenden konnten das Beherbergungsverbot umgehen: Die Teilnahme an einer angemeldeten und genehmigten Versammlung ist kein „touristischer Zweck“, wodurch das Beherbergungsverbot in diesem Fall nicht greift (vgl. Hamburger Morgenpost). Leipzig wird sich für eine offene Gesellschaft und Demokratie einsetzen, in der verschwörungsideologische, antisemitische und rechtsextreme Symbole und Parolen keinen Platz haben.

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