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Monatsübersicht Juli 2016 Rechtspopulismus, AfD und Pegida

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Pegida hat jetzt auch eine Partei. Deren "Volk" ist aber noch recht überschaubar: Auf Facebook gefällt das 232 Personen (Stand 30.08.2016). (Quelle: Screenshot Facebook, 30.08.2016)

Zusammengestellt von Simone Rafael

 

Rechtspopulismus

 

Die Sprache des Rechtspopulismus

Wird von der AfD genauso verwendet wie von Donald Trump und den Brexit-Befürwortern: „Wir“ gegen das „System“,  Bedrohungsszenarien,  Provokationen. Warum die so gut funktioniert, klärt der Deutschlandfunk mit Sprachwissenschaftler_innen aus Österreich und Deutschland. Ein weiterer Beitrag analysiert Themen und Mittel des Rechtspopulismus.

Sehr praktisch setzt sich mit dem Phänomen die FAZ auseinander:  Hier beantwortet Erziehungswissenschaftler Klaus-Peter Hufer aktuelle Stammtischparolen wie „Andere Parteien wollen Zuwanderung nur, damit die Deutschen in einem großen europäischen Brei aufgehen.“ (Armin Paul Hampel, AfD-Chef in Niedersachsen), „Heute sind wir tolerant und morgen fremd im eigenen Land“ (Wahlslogan der NPD, den auch AfD-Politiker verwendet haben) oder „Ich will das auf keinen Fall herunter spielen, aber es ist doch klar, dass ein Gutteil dieser angeblichen Brandanschläge von den Flüchtlingen selbst kommt, meist aus Unkenntnis der Technik. Mal ehrlich, viele von ihnen dürften es gewohnt sein, in ihren Heimatländern daheim Feuer zu machen.“ (Armin Paul Hampel, AfD-Chef in Niedersachsen). 

Mythen der Rechten: Der Mythos vom Kampf um die Arbeitsplätze

Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg? Die Zuwanderer sorgen für sinkende Löhne und/oder verstopfen die Sozialsysteme? Wie aus falscher Politik echte Vorurteile werden, berichtet die Frankfurter Rundschau – und hat Gegenargumente: Wer sind die wahren Verantwortlichen für Niedriglöhne und Sozialabbau? 

Warum AfD, Pegida und Co. den Islam im Visier haben

Hysterisch, hoch emotional, fast panisch – so lässt sich die Debatte über den Islam in Deutschland beschreiben. Der Grund: Viele Anhänger der Rechtspopulisten leben in einer „erfundenen Realität“, meint der Journalist Mohamed Amjahid. Größter Profiteur ist die AfD (vorwaerts.de

Warum wird die AfD rechtspopulistisch genannt, die Linkspartei aber selten linkspopulistisch?

Das fragt die FAZ Populismusforscher Frank Decker und findet heraus: „ „Rechtspopulistisch“ ist kein Begriff aus dem luftleeren Raum, keine „einfach so“ dahingesagte Parteinahme, sondern fußt auf Kriterien, die mittlerweile in der Politikwissenschaft einigermaßen unumstritten sind: So sind Abgrenzung zu anderen und ein ausgeprägtes Schwarz-Weiß-Denken typisch für Populisten, im Falle der Rechtspopulisten kommt die Ausgrenzung bestimmter Gruppen wie zum Beispiel von Ausländern hinzu– aber auch die Beschwörung von Krise und Niedergang.“ Und: „Nicht jeder, der wie Horst Seehofer mal guckt, wie Volkes Stimme ist, ist gleich ein Populist. Das zentrale Merkmal des Populisten ist die Anti-Establishment-Orientierung. Populisten opponieren gegen die gesellschaftlichen und politischen Eliten und reklamieren für sich, für das einfache Volk einzutreten. Hier das böse Establishment, das sich vergeht an den Interessen des Volkes, und dort das reine Volk, das in seinem Willen gut ist. Die Populisten negieren die Vielfalt der Meinungen und Interessen und unterstellen einen einheitlichen Volkswillen, und dann ist es folgerichtig, wenn das von einer Person vertreten wird – also, das Prinzip der charismatischen Führerschaft.“  Decker sagt aber auch: Natürlich gibt es Linkspopulismus in der Linken – der ebenfalls den Anti-Establishment-Aspekt betont. 

Rechtspopulismus: Wenn Demokratie verzichtbar erscheint

Populisten sammeln die Enttäuschten, die Wutbürger, die Habenichtse, die Fremdenfeinde, die Politikverdrossenen, kurzum die Globalisierungs- und Modernisierungsverlierer. So erklären wir uns jedenfalls den Erfolg der großen Vereinfacher. Und setzen dann die immer gleiche Erklärung dagegen: Populisten sind auch Betrüger, weil sie wider besseres Wissen den Menschen versprechen, was sie unmöglich halten können, weil sie Wahrheit und Wirklichkeit so lange drehen und dehnen, bis den Menschen angst und bange wird, weil sie Missgunst säen und Unsicherheit schüren. In dieser Perspektive erscheint der Populismus als politische Bauernfängerei. Es kommen Falschaussagen, Verleumdungen, Hetzereien und Lügen zum Einsatz, Übertreiben und Verunglimpfen – und das alles schadet den Politiker_innen gar nicht, denn es gehört zum nationalistischen, autoritären und chauvinistischen Politikstil. Den mögen Menschen, denen Demokratie inzwischen verzichtbar erscheint – Hauptsache, der Laden läuft. Ein Schlüssel ist dabei die soziale Gerechtigkeit, die immer weniger Menschen erfüllt sehen. Interessanter Text in der Berliner Zeitung.

Auch lesenswert: Warum Rassismus-Vorwürfe ohne Begründung selbst eine populistische Kritik am Populismus sind und nichts helfen (Süddeutsche Zeitung).

 

AfD

 

AfD und Antisemitismus und Spaltung

Baden-Württemberg

Für die Vorgeschichte vgl. Monatsüberblick Juni 2016 – AntisemitismusWeil keine Zweidrittelmehrheit in der AfD-Fraktion zustande kommt, um Wolfgang Gedeon wegen seiner antisemitischen Veröffentlichungen aus der Fraktion zu werfen, verlässt der bisherige AfD-Landeschef und Vorsitzende der AfD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, Jörg Meuthen, mit zwölf Abgeordneten die AfD-Fraktion; 13 weitere AfD-Abgeordnete gehören der AfD noch an ( TagesspiegelMonatsüberblick Juli 2016 Antisemitismus).AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry stellt sich hinter die verbleibenden AfD-Abgeordneten als „wahre“ AfD-Fraktion.Die „Causa Gedeon“ erscheint als Instrument eines parteiinternen Machtkampfes: Das Trio Meuthen, Bundes-Vize Alexander Gauland und der Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke wollen eine Spitzenkandidatin Petry verhindern (Spiegel)Dann spricht Frauke Petry Jörg Meuthen und „seiner“ Fraktion das Recht ab, die AfD im Landtag zu vertreten (t-Online).Meuthen dagegen will weiter mit Petry zusammenarbeiten (rp)Schließlich leitet die Nicht-Meuthen-AfD-Fraktion doch noch ein Parteiausschlussverfahren gegen Gedeon ein (SüddeutscheHandelsblatt)Dann entscheidet der Bundesvorstand der AfD, die beiden Fraktionen wieder zu vereinen (Tagesspiegel)Der Landtag gibt aber zunächst sein Okay zu zwei AfD-Fraktionen (SWR) 

Bund

Seit einem Jahr steht Frauke Petry an der Parteispitze der AfD – und seitdem gibt es QuerelenDie FAZ fasst sie zusammenIm Merkur werden die aktuellen politischen Strömungen in der AfD zusammengefasst: neoliberal, konservativ und völkisch-national / neurechts.Mehrere Verfassungsschutzämter prüfen eine Beobachtung der AfD; einzelne Mitglieder in Bayern und Baden-Württemberg würden schon jetzt beobachtet (SpiegelZEIT)Zwischen Frauke Petry auf der einen und Alexander Gauland, Jörg Meuthen und Björn Höcke auf der anderen Seite tobt ein offener Machtkampf. Analysen u.a. auf Spiegel OnlineZEIT,AfD will Auftritte bei Pegida zulassen: Parteichefin Frauke Petry wollte das verhindern, das AfD-Schiedsgericht aber will die Auftritte grundsätzlich erlauben. Der völkische Flügel der AfD freut sich (Tagesspiegel)Die „Junge Alternative“ fordert nach dem Anschlag von Nizza ein Einreiseverbot für Muslime in Europa (Focus); Alexander Gauland schließt sich an (Welt)Die „Junge Alternative“ in Baden-Württemberg ist von Neonazis unterwandert (Badische Zeitung).Zahlreiche AfD-Mitglieder pflegen Kontakte zur neurechten „Identitären Bewegung“. Das Handelsblatt fasst zusammen.Nach den Terrorattacken verschiedensten Ursprungs Ende Juli verzeichnet die AfD einen massiven Mitgliederzuwachs: So treten etwa in Würzburg in einer Woche 933 Personen neu in die Partei ein (Huffingtonpost). 

Internet

Beatrix von Storch twittert über die „Nationalmannschaft“, die sie vermisse – das erinnert viele an NPD-Sprache. Sie löscht den Tweet und erklärt, sie habe gegen den DFB-Namen „Die Mannschaft“ polemisieren wollen. (Welt)Als es die ersten Meldungen zu Schüssen im Münchner Olympia-Einkaufszentrum gab (siehe Monatsüberblick Juli 2016 Rassismus), saßen AfD-Funktionäre schon am Computer und wussten, wer es war.Christian Lüth, Pressesprecher der Bundes-AfD, versuchte sofort, den Amoklauf mit neun Toten sofort für neue Wählerstimmen auszuschlachten: „AfD wählen! Schüsse am Olympia Einkaufszentrum: Tote in München – Polizei spricht von akuter Terrorlage“AfD Sachsen: „Der Terror ist wieder zurück! Wann macht Frau Merkel endlich die Grenzen dicht!“Frauke Petry:  „Wenn das „Normalität 2016“ ist, will ich nicht mehr normal sein! #afdwählen“André Poggenburg:  „Deutsche verblendete GutmenschInnen geifern aber herum. Ihr habt Mitschuld!“ „Merkel-Einheitspartei: danke für den Terror in Deutschland und Europa!“Später zeigte sich: Der Täter war ein Deutscher mit rechtsextrem-rassistischer Intention.(MerkurWelt)Die AfD Reutlingen twitterte zum Angriff eines Geflüchteten mit einem Dönermesser auf seine Freundin: „Währen wir an der Macht, währe das nicht passiert“. Interessant die Erklärungen dazu: Erst sollte es ein Praktikant gewesen sein, der dies getwittert hätte. Später lies die AfD Reutlingen verlauten, der Twitter-Account sei ein Fake, sie hätten gar keinen. Klingt nach #mausgerutscht (Stuttgarter Nachrichten

Saarland

Die AfD Saar um den 1939 geborenen pensionierten Lehrer Josef Dörr will der AfD-Bundesvorstand am liebsten ganz auflösen. Doch das Bundesschiedsgericht der Partei hat noch nicht entschieden – und der ungeliebte Landesverband hat am Wochenende unbeeindruckt eine Liste für die Landtagswahl 2017 aufgestellt, die vom Pressesprecher und Dörr-Vertrauten Rudolf Müller angeführt wird. Die jüngste Umfrage sieht die AfD mit immerhin elf Prozent in den Saarbrücker Landtag einziehen. Dort könnte, so das Schiedsgericht nicht bald entscheidet und der Bundesvorstand die nötige Durchsetzungskraft aufweist, also eine zweite unerwünschte Landtagsfraktion entstehen (ND).

 

Berlin

Kruder Wahlkampf: AfD hetzt auf stylischen Plakaten mit Schwulen gegen Muslime, mit Kiffern gegen Migranten – und die Berliner bemerken die Hetze doch (stern.de). 

Mecklenburg-Vorpommern

Umfragen sehen die AfD in Mecklenburg-Vorpommern bei 19 Prozent, im Osten des Bundeslandes könnte die Partei sogar bis zu 30 Prozent erreichen. Vor allem die regierende SPD bekommt Panik, weil sie abstürzt (Tagesspiegel)

 

Sachsen

Erster AfD-Bürgermeister: Ulrich Lupart in Reuth. Denn der wechselt von der nationalkonservativen „Deutschen Sozialen Union (DSU)“ zur AfD. Allerdings wird sein Ort zum 1. Januar 2017 in die Gemeinde Weischlitz eingegliedert, hat dann keinen Bürgermeister mehr (faz).

 

Pegida

 

Legida im Juli „gegen Gewalt“, aber mit Bedrohung – und wenig Teilnehmer_innen

Weil ein „Legida“-Ordner, der 37-jährige „Ronny“, am Abend des 05.07.2016 nach der „Legida“-Demonstration von vier oder fünf noch ungefassten Tätern zusammengeschlagen wurde, lief „Legida“ am 09.07.2016 unter dem Motto „Wir gegen Gewalt“ auf – nicht, ohne ihre „Solidarität mit Ronny“ mit einer Hass-Kampagne gegen den Anwalt und Chef der Sächsischen Grünen, Jürgen Kasek zu verbinden. Der hat zwar mit dem Übergriff nichts zu tun, wird aber stellvertretend als einer der Organisatoren der Gegenproteste zu „Legida“ bedroht und beschimpft (KreuzerTagesspiegel). Offenbar überzeugte „Wir gegen Gewalt“ die Anhänger_innen aber nicht: Statt 2.000 angemeldeten Demonstrant_innen kamen etwas über 100 (tazLVZ). Am 29. Juli 2016 unterbricht „Legida“ den Rhythmus ihrer Demonstrationen und kündigt für den kommenden Montag keine mehr an – allerdings ohne das zu kommunizieren oder zu kommentieren (Kreuzer).

Vgl. auch den Erklärversuch „Ist Legida typisch sächsisch“ auf Deutschlandradiokultur

München: Verwaltungsgericht schränkt erstmals „Pegida“-Demonstrationen ein

Pegida München darf nur noch einmal im Monat am Odeonsplatz demonstrieren (bisher vier Mal). Pegida München darf nur noch einmal pro Woche eine Kundgebung auf dem Marienplatz machen (bisher täglich) und dabei höchstens 5 Minuten pro Stunde einen „Muezzin-Ruf“ erklingen lassen (Süddeutsche ZeitungAbendzeitung)

 

Pegida Dresden : Die Luft ist raus, die Partei ist da

Die Teilnehmer_innen-Zahlen sinken dramatisch (Hoch-Zeit: 25.000; zuletzt 2.000)Viele laufen nicht mehr bis zum Ende mitÖffentlicher Streit der Organisatoren: 2015 verabschiedeten sich Kathrin Oertel und Rene Jahn, im Sommer 2016 Tatjana Festerling und Edwin Wagenfeld („Ed, der Holländer“).Es gibt viele Ankündigungen von Aktionen, aber keine Taten.Undurchsichtige Finanzsituation und Umgang mit SpendengeldernKeine Abgrenzung (mehr) zu Neonazis(DNN) Jetzt ist auch noch Pegidas Facebook-Seite gesperrt (Sächsische Zeitung)

 

Besuch bei bulgarischen Paramilitärs: Ermittlungen gegen Tatjana Festerling

Weiterer Ärger für „Nicht-mehr-Pegida-aber-Festung-Europa“-Frau Tatjana Festerling: Festerling, 52, hatte Ende Juni mit dem niederländischen Pegida-Aktivisten Edwin Wagenfeld Bulgarien besucht. Dabei hatte sie sich nach eigenen Angaben im Grenzgebiet zur Türkei der paramilitärischen Bürgerwehr „Bulgarian Military Veterans Union – Vasil Levski“ angeschlossen – und dafür geworben, dass dies mehr Menschen tun sollten, um die „Festung Europa“ zu verteidigen. Nun ermittelt die Hamburger Polizei wegen Anwerbens für einen fremden Wehrdienst (SpiegelZEIT). Um einen Eindruck zu bekommen, wen Festerling da beworben hat, vgl. Tagesspiegel

Pegida-Partei ist da: FDDV – „Freiheitlich Demokratische Volkspartei“

Schon im Frühjahr wurde sie angekündigt, nun gab Lutz Bachmann bekannt, die „FDDV – Freiheitlich Demokratische Volkspartei“ sei gegründet – bereits im Juni. Allerdings machte er weder angeben zur Satzung, zu Themen noch zu Gründungsmitgliedern. Sie solle aber keine Konkurrenz zur AfD werden, die man besonders beim Bundestagswahlkampf unterstützten wolle, sondern die FDDV wolle nur in ganz wenigen Landkreisen oder Wahlbezirken Direktkandidaten stellen, so Bachmann. Er selbst werde keine Funktion in der Partei übernehmen und bleibe „der Lutz von Pegida auf der Straße“ (TagesspiegelZEITSüddeutsche). 

Recep Tayyip Erdo?an: Özdemir warnt vor „türkischer Pegida“ in Deutschland

Der Grünen-Chef sieht die Gefahr eines wachsenden Einflusses radikaler türkischer Nationalisten. Erdo?ans Ideologie drohe sich auch an deutschen Schulen zu verbreiten, wenn der türkische Moschee-Dachverband „Ditib“ sich nicht vom Einfluss aus der Türkei löse. Özdemir fordert eine klare Abgrenzung zu radikalen türkischen Nationalisten in Deutschland. „Es gibt leider auch eine Art türkische Pegida in Deutschland, die wir genauso behandeln müssen wie die uns bekannte“, sagte er. Özdemir warf der deutschen Politik vor, dieses Problem nicht ernst genug zu nehmen. „Es ist Konsens in Deutschland, dass AfD oder Pegida am Rande der Gesellschaft stehen, und sie nicht normale Gesprächspartner sind. Aber für radikale Türken gelten diese Maßstäbe nicht.“ (ZEIT)

 

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