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Monitoring rechts-alternativer Medienstrategien Einordnung relevanter Social Media-Plattformen: Facebook

Was hier mit "Heimatliebe" gemeint ist: Die Selbstbeschreibung dieser Facebook-Gruppe lautet: "Patriotismus heißt, für sich selbst sorgen, indem man für sein Land sorgt. Dieses Land ist unser Land, es ist nicht für alle da und kann auch nicht für alle da sein." (Quelle: Screenshot)

Bedeutung:
Das Monitoring auf Facebook (weltweit rund 2.4 Milliarden monatlich aktive Nutzer*innen, davon rund 32 Millionen aus Deutschland, Hauptsitz in den USA) deutet zunehmend darauf hin, dass Facebook in Deutschland an Relevanz für die rechtsextreme Szene verliert. Organisationen wie die „Identitäre Bewegung (IB)“ oder „Ein Prozent für unser Land“ werden auf der Plattform nicht mehr geduldet und mussten auf andere Netzwerke ausweichen, wie bereits zuvor offen rechtsextreme und neonazistische Accounts. Allerdings wird Facebook weiterhin ausgiebig von der AfD und ihren Anhänger*innen genutzt. Wie der „Spiegel“ berichtete, stammen knapp 85 % aller von deutschen Parteien weiterverbreiteten Beiträge auf Facebook von der AfD.25Hass wird auf Facebook von einer lautstarken und sendungsbewussten Minderheit betrieben: Laut einer Studie des Institute for Strategic Dialogue und #ichbinhier sind nur 5 % aller bei Hateful Speech aktiven Accounts verantwortlich für 50 % der Likes von Hass in den Kommentarspalten auf Facebook.26 Viele Interaktionen und Likes führen im Algorithmus von Facebook zu einer vermehrten Ausspielung und damit zu einer größeren Sichtbarkeit und Breitenwirkung der Inhalte.

Größenaufteilung der im Monitoring von de:hate ausgewerteten 151 Facebook-Gruppen

Radikalisierung:
In den beobachteten geschlossenen Gruppen werden Menschenfeindlichkeit zelebriert und Ängste geschürt – dabei spielen Aktualität, Akkuratesse oder Kontext keine Rolle. Häufig werden alte Ereignisse ausgegraben und verzerrt dargestellt. Das Hauptthema in den Gruppen ist Migration und Asyl in Verbindung mit vermeintlicher „Islamisierung“ und „Überfremdung“ Deutschlands. Besonders viel geteilt und emotionalisiert diskutiert werden Straftaten durch Täter mit Migrationshintergrund, vor allem wenn es um sexualisierte Gewalt gegen „deutsche“ Frauen geht. Aber auch die Seenotrettung von Geflüchteten wird oft thematisiert. Das zweithäufigste Thema in diesen Gruppen ist derzeit die Debatte um den Klimawandel, insbesondere um die Rolle der 16-jährigen Aktivistin Greta Thun-berg, deren Erwähnung immer Anlass für Sexismus, Ageismus und Behindertenfeindlichkeit ist, wobei die Abwertung bis zu Gewalt- und Mordfantasien reicht.

Hierbei teilen und kommentieren hauptsächlich private Profile Nachrichten – interessanterweise vor allem die von etablierten Medien, nicht von den szeneneigenen „Alternativmedien“. Nach dem mutmaßlich rechtsextrem motivierten Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke im Juni 2019 gingen Hasspostings von rechts-alternativen Akteur*innen kurzzeitig zurück, doch dies hielt nicht lange an. Leider zeigt das Monitoring wiederholt, dass Facebooks Nutzungsbedingungen häufig nicht eingehalten werden. Wenn ein Profil gelöscht wird, scheinen dieselben Nutzer*innen einfach mit neuen Profilen weiterzumachen. Selbst Mordaufrufe bleiben in Gruppen oft stehen. Allgemein deutet das Monitoring allerdings auch darauf hin, dass die inhaltliche Moderation auf Facebook besser geworden ist. Hassgruppen wie die IB werden als solche benannt und auf der Plattform verboten; dies gilt auch für deren Symbolik. Außerdem wurden zusätzlich zum Verbot von „White Supremacy“-Inhalten ab März 2019 auch „White Nationalism“ und „White Separatism“ auf Facebook und der zum Unternehmen gehörenden Plattform Instagram verboten.

Die häufigsten Themen der
ausgewerteten Facebook-Gruppen (insgesamt 151)

Die Übersicht der Social Media-Plattformen

Der Artikel ist Teil einer Übersicht der Social Media-Plattformen, die für das Monitoring von Aktivitäten der rechtspopulistischen bis rechtsextremen Online-Szene für das Projekt de:hate der Amadeu Antonio Stiftung relevant sind. Allgemein ist festzuhalten, dass unterschiedliche Plattformen für unterschiedliche Zwecke und Interessen genutzt werden. Auch wird je nach Plattform ein anderes Publikum angezogen. So nutzen die über 30-Jährigen mit Abstand am meisten Facebook, während bei Jugendlichen Instagram die meistgenutzte Plattform ist.

Grob lässt sich unterscheiden zwischen den großen, öffentlichen Plattformen und dem sogenannten Dark Social, also Messenger-Diensten mit geschlossener Kommunikation. Auf letzteres wird zunehmend ausgewichen, da plattformeigene Richtlinien seit 2018 konsequenter durchgesetzt werden und neue Richtlinien ergänzt wurden, wie das Verbot von Inhalten zu „White Nationalism“ oder das Bannen von „Identitären“-Accounts als Hassorganisation auf Facebook und Instagram. Dadurch werden extreme Inhalte weniger offen beziehungsweise nur mit an die Regeln angepasster Sprache auf den großen Plattformen besprochen.

Für das Monitoring werden sämtliche Phänomene vom rechtspopulistischen bis zum rechtsextremen Spektrum einbezogen. Dafür werden ausgewählte Kanäle regelmäßig überprüft und auf algorithmische Unterstützung gesetzt. Nach bedeutsamen Ereignissen werden Kanäle zielgerichtet auf relevante Informationen hin untersucht.


Dieser Text ist ein Auszug aus der Broschüre

Amadeu Antonio Stiftung (Hrsg.):
Alternative Wirklichkeiten. Monitoring rechts-alternativer Medienstrategien
Erscheinungsjahr: 2020

Titelbild der Broschüre: „Alternative Wirklichkeiten“ der Amadeu Antonio Stiftung

PDF zum Download: Monitoring_2020_web

Print-Exemplar bestellen: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/alternative-wirklichkeiten/

Alle Artikel aus der Broschüre auf Belltower.News:

https://www.belltower.news/lexikon/alternative-wirklichkeiten/

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