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Recherche Wer hinter Fridays for Future International steckt

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Der Auftritt von Fridays for Future International auf Twitter: Hauptsache, gegen Israel
Der Auftritt von Fridays for Future International auf Twitter: Hauptsache, gegen Israel (Quelle: Collage/Belltower.News)

Ein Aufruf zur „Intifada“, ein Zitat vom Wortführer einer Terrorgruppe oder Werbung für BDS: Der Twitter-Account „Fridays for Future International“ (FFF) fällt immer wieder auf mit israelfeindlichen und antisemitischen Tweets, wie Belltower.News bereits berichtete. Eine Recherche der Jüdischen Allgemeinen zeigt nun: Nur wenige Aktivist*innen bestimmen die Inhalte – und twittern ohne Legitimierung im Namen der ganzen Bewegung.

Im Oktober 2018 ging der Twitter-Account online, zwei Monate nachdem die Schulstreiks von Greta Thunberg eine weltweite Klimabewegung losgetreten hatten. Heute hat er fast 150.000 Follower. Die Tweets stimmen die Aktivist*innen in einer Telegram-Gruppe miteinander ab, unabhängig von den Instagram- und Facebook-Seiten von FFF International. In der Recherche der Jüdischen Allgemeinen heißt es: „Es ergibt sich das Bild einer chaotisch agierenden, inkohärenten Gruppe. Immer wieder kommt es zu heftigen internen Debatten, die manchmal in gegenseitige Beleidigungen und Anschuldigungen ausufern.“ Auch Belltower.News liegt eine Kopie des gesamten Chat-Verlaufs der Gruppe vor, die für den Zeitraum ab März 2021 etwa 1500 DIN-A4-Seiten umfasst.

Prinzipiell steht der Zugang zur Gruppe allen interessierten FFF-Aktivist*innen per Einladung offen. Aktuell hat die Telegram-Gruppe rund 50 Mitglieder, die Fluktuation ist aber hoch. Nicht einmal ein Dutzend von ihnen bestimmen maßgeblich die Tweets des Accounts, darunter wiederum eine Handvoll Personen mit einer fanatisch israelfeindlichen Haltung, die die Position des Accounts zum Nahostkonflikt festlegen. Oft entscheiden nur wenige Ja-Stimmen in Telegram-Umfragen zu den Posts darüber, ob sie geteilt werden oder nicht. Damit prägen sie aber das öffentliche Bild der gesamten Bewegung. Und machen Antizionismus zu einem zentralen Thema.

Immer wieder distanziert sich FFF Deutschland von problematischen Posts des internationalen Accounts. „Antisemitismus ist in keinster Weise mit unserem Selbstverständnis vereinbar“, hieß es nach einer israelfeindlichen Sharepic-Reihe von FFF International im Mai 2021. Nach einem Tweet im Januar 2023, in dem FFF International schrieb, die Gruppe stehe geschlossen an der Seite „des palästinensischen Widerstandes“, und der mit dem Aufruf „Yallah Intifada!“ endete, stellte der deutsche Ableger klar: „Der Account spricht nicht für FFF Deutschland.“

Die Chat-Verläufe, die auch Belltower.News ausgewertet hat, machen deutlich: Israelhass ist ein Herzensthema. In der Gruppe werden etwa antisemitisch gefärbte Verschwörungsmythen verbreitet. Ein Aktivist schreibt: „Ihr wisst nicht, wie brutal der Zionismus ist, sie könnten mich jederzeit kriegen, wenn sie wollten.“ Ein weiterer Aktivist aus Sudan lehnt offenbar das Wort „Israel“ ab und weist die anderen darauf hin, dass das Land „terroristisches Zionisten-Gebilde“ heißen soll. Den Zentralrat der Juden in Deutschland bezeichnet er als „Zionist council“. Der Vorschlag, einen Tweet über einen Terroranschlag in Jerusalem, bei dem sieben israelische Zivilist*innen ermordet wurden, zu posten, wird von einer irischen Aktivistin abgelehnt, weil er als „pro-israelisch oder anti-palästinensisch“ gedeutet werden könnte.

Die Recherche zeigt auch: Viele israelfeindliche Tweets sind vor allem auf einen Aktivisten aus Rheinland-Pfalz zurückzuführen. Hasan Ö. trat im August 2021 der Telegram-Gruppe bei. Seitdem setzt er sich vehement dafür ein, dass eine Ablehnung des jüdischen Staates weit oben auf der Agenda der Klimagruppe bleibt. Mindestens zehn Tweets zwischen Mai 2022 und Mai 2023, die Israel dämonisieren, palästinensischen Terror verharmlosen oder Inhalte der BDS-Bewegung verbreiten, hat er entweder initiiert oder selbst verfasst.

Aber auch FFF Deutschland lehnt der Aktivist vehement ab. Im Telegram-Chat beschimpft Hasan Ö. die Mitglieder regelmäßig als „Rassisten“, er teilt Memes gegen den deutschen Ableger und verfasst einen Tweet, in dem von „rassistischen Heuchlern in und außerhalb FFF“ die Rede ist, offenbar in Bezug auf FFF Deutschland. In der Chatgruppe schreibt er: „I feel like FFF Germany is a lot about good PR so if we threaten to fuck with them…“ Einzelne Aktivist*innen beleidigt er als „kleines rassistisches Stück Scheiße“ oder schreibt ihnen „Verpiss dich“.

Die Wut auf FFF Deutschland hat eine Vorgeschichte: 2021 wurde Hasan Ö. aus dem Social-Media-Team der deutschen Klimagruppe, Anfang 2023 aus der gesamten Organisation ausgeschlossen, wie mehrere Aktivist*innen und auch FFF Deutschland auf Anfrage bestätigen. Ö. wird beleidigendes Verhalten, Antisemitismus sowie das Verharmlosen von Terror gegen Juden vorgeworfen. Fotos, die Belltower.News vorliegen, zeigen Ö. mit einem Hoody, auf dem das Konterfei der palästinensischen PFLP-Terroristin und Flugzeugentführerin Leila Khaled zu sehen ist.

Auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen sagt Hasan Ö.: Der Ausschluss beruhe auf konstruierten Vorwürfen, bei FFF Deutschland habe er rassistisches Mobbing erlebt. Er bestreitet, für antisemitische oder gewaltverherrlichende Tweets verantwortlich zu sein. Eine zentrale Rolle beim Twitter-Account von FFF International spiele er nicht, behauptet er.

Zwei FFF-Aktivist*innen, mit denen die Jüdische Allgemeine gesprochen hat, äußern scharfe Kritik an dem Kurs von FFF International. Abel Rodrigues, Mitglied bei FFF Brasilien, sagt der Zeitung: „Wir haben Millionen Demonstranten auf die Straße gebracht, um über das Klima zu reden, nicht über Israel.“ Er findet, die Aktivist*innen hinter dem Account missbrauchten Namen und Reichweite für ihre israelfeindlichen Ansichten. „Es ist ein Verrat an der Kernbotschaft der Bewegung“, sagt er weiter.

Elia K., eine jüdische FFF-Aktivistin aus der Ukraine, sagt der Jüdischen Allgemeinen, dass sie die Umgangsformen in der Telegram-Gruppe schockierten: „Persönliche Grenzen werden häufig überschritten.“ Sich in der Gruppe einzubringen, werde schnell „stressig und verstörend“, sagt sie der Zeitung. Die israelfeindliche Linie des Accounts belaste sie, weil sie als Jüdin ein besonderes Verhältnis zum Land habe. „Ich habe nicht den Eindruck, dort gehört zu werden“, sagt sie weiter.

Die ganze Recherche der Jüdischen Allgemeinen können Sie hier lesen.

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