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Rechtsextremismus in Europa „Der Mainstream verändert sich“

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Suzette Bronkhorst vom International Network against Cyber Hate (INACH) hatte die Aufgabe, mit einem halbstündigen Statement die internationale Tagung „Rechtsextremismus in Europa“ der Bundeszentrale für politische Bildung am 28. und 29. April in Bergisch Gladbach einzuleiten. Das machte sie einleuchtend: Ihr Grundgedanke zum den Symptomen, die markieren, dass Rechtsextremismus ein wachsendes Problems in Europa ist, zog sich wie ein roter Faden durch die gesamte Tagung: „Der Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in vielen europäischen Ländern ist besonders erschreckend, weil nicht die Parteien sich verändert haben: Der gesellschaftliche Mainstream hat sich verändert, was Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit angeht.“

Ursachen sah Bronkhorst darin, dass Menschen immer noch auf der Suche nach einfachen Lösungen für schwierige Umstände ihres Lebens sind – und an dem wachsendem Nationalismus, mit dem viele Länder – bis zur Regierungsebene – auf den Zusammenschluss in der Europäischen Union reagieren, weil ihnen damit die eigene kulturelle Identität unklar erscheinen. Zur ihrem eigenen Arbeitsfeld, dem Internet, sagte Bronkhorst: „Das Internet lässt uns mit der Welt kommunizieren. Aber bisher haben wir keine möglichkeit, Korrekturen vorzunehmen, wenn sie nötig werden, weil das Web für rechtsextreme Propaganda missbraucht wird. Deshalb müssen wir die Nutzerinnen und Nutzer in die Lage versetzen, diese zu erkennen und zu handeln.“

Anschließend beleuchteten Input-Referate die Lage in Schweden, Italien und Ungarn. Während in Schweden die Rechtsextremen eine eher marginalisierte Rolle spielen, verzeichne die Islamfeindlichkeit in der Mehrheitsgesellschaft massive Zuwächse, berichtete Lisa Bjurwald, Journalistin des antirassistischen Expo Magazine in Stockholm. Ein zweites Problemfeld sei der wachsende Antisemitismus in der Gesellschaft.

Dramatisch schilderte Aram Mattioli, Professor für Geschichte der Universität Luzern, die Lage in Italien. Hier werden rassistische, antisemitische und nationalistische Parolen nicht am „rechten Rand“ geäußert – vielmehr sitzen deren VertreterInnen in der Regierung. Eine Aufarbeitung des historischen Faschismus fehle, so dass heute Regierungsmitgliedern der Lega Nord ihn als positive Referenz benennen können. Die Rechtsextremen nutzten die hohe Arbeitslosigkeit und damit verbundenen Ängste – das Stichwort „Sicherheit“ wird hierbei ebenso zentral wie schwammig verwendet -, um Rassismus und Nationalismus zu schüren, der sich auch in Übergriffen entlade. Kontinuierlich sei die Regierung dabei, die Grenze zwischen bürgerlich-konservativ und rechtsextremen Positionen zu verschieben. Nur wenige Intellektuelle würden sich wehren, hätten aber außer eigenen Zeitungen, die wenig Gehör fänden, keine Plattformen. Daneben gedeihe ein rechtsextreme Erlebniswelt, mit rechtsextrem besetzten Häusern in Rom, Turin, Siena, Arezzo, Lucca, Latina, Viterbo und weiteren Städten, inklusive rechtsextremer Buchhandlung in guter Innenstadtlage.

In Ungarn, berichtete die unabhängige Journalistin Magdalena Marsovsky (die auch für Belltower.news schon einige Beiträge über Ungarn schrieb), erkläre sich der außerordentliche Aufstieg rechter und rechtsextremer Kräfte der Parteien Fidesz und Jobbik mit dem in der gesamten ungarischen Gesellschaft weit verbreiteten völkischen Denken: „Ungarn wird als ethnisch homogenes Magyarentum imaginiert. Das ist so verbreitet, durch alle Gesellschaftsschichten, dass es kaum noch eine andere Einstellung gibt.“ Für die ungarische Gesellschaft hat dieses ethnischen Denken eine selbststabilisierende Funktion, die stark mit der Ausgrenzung selbstdefinierter Feindbilder einhergeht: „Das sind Juden und Roma, aber auch linksliberale Journalisten und Politiker.“ Auch drastische Symbolik findet Verwendung: So würden etwa im Fernsehen Gedichte von Literaturnobelpreisträger Imre Kertész (der den ungarischen Rechtsruck aufs Schärfste kritisierte und von „innere Emigration“ sprach, in des er gehen müsse) mit Bildern von Ratten unterlegt. Neben der frisch gewählten rechten Regierung gedeihe in Ungern auch eine Bewegung rechtsextremer „Bürgerkreise“, die dazu aufrufen, Fälle von angeblichem Magyarenhass zu melden. Folge der rassistischen Propaganda sind auch zahlreiche Übergriffe, vor allem gegen Roma, aber auch gegen linksliberale, als „jüdisch“ imaginierte JournalistInnen. Marsovsky zog ein wenig ermutigendes Fazit: „Ungarn hat keinen Begriff von Demokratie. Selbst zivilgesellschaftliche Initiativen arbeiten in eine ethnopluralistische Richtung, weil sie das für Demokratie halten.“

Um die Frage, was Zivilgesellschaft gegen Rechtsextremismus in Europa tun kann, ging es im weiteren Verlauf der Tagung, auch anhand zahlreicher Beispiele guter Praxis. In einem Workshop ging es um Rechtsextremismus im Internet. Hier ist die Methodenentwicklung immer noch im Anfangsstadium. Bisher gibt es vor allem Bemühungen, rechtsextreme Internetseiten aus dem Internet zu entfernen, und medienpädagogische Angebote aus dem Gebiet Medienkompetenz für Schülerinnen und Schüler (jugendschutz.net), die aufklären und sensiblisieren soll, etwa dazu, was Rechtsextreme sagen und was sie wirklich damit meinen (neben unserem Projekt „Generation 50plus aktiv im Netz gegen Nazis“ zu und gegen rechtsextreme Argumentationsstrategien im Web 2.0). Andere Organisationen versuchen, Menschen über das Internet zu aktivieren – etwa dazu, rechtsextreme Graffiti per Handyfoto zu melden, um ein Überstreichen zu erreichen. Dass gibt es in Polen als „My City Space“ unter wie in Österreich unter www.rassismusstreichen.at. Andere Initiativen nutzen das Internet für Kampagnen, etwa die Schweizer Stiftung GRA (Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus) mit dem Videoprojekt „Leve toi! Gegen Rassismus„.

Weitere Initiativen aus Europa:

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