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Überblick Bundestagswahl Wer wählt aus welchen Gründen AfD?

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(Quelle: Pixabay)

Die meisten Stimmen bei der Bundestagswahl 2021 hat die SPD erreicht (25,7 Prozent), direkt gefolgt von der CDU mit 24,1 Prozent. An dritter Stelle die Grünen mit 14,8 Prozent, die FDP mit 11,5 Prozent und erst an fünfter Stelle die AfD mit 10,3 Prozent der Stimmen. Die Linke erreichte nur 4,9 Prozent der Stimmen, gewann aber drei Direktmandate und wird deswegen trotzdem im nächsten Bundestag vertreten sein.

Mit der AfD ist weiterhin eine rechtsradikale Partei im Bundestag, die ein knapp zweistelliges Ergebnis erreicht hat. Aller Voraussicht nach kann die parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung ab der neuen Legislaturperiode mit öffentlichen Geldern in Millionenhöhe rechnen, aber trotzdem ist das Ergebnis für die AfD kein großer Grund zu feiern. Denn die Partei hat 2,3 Prozent der Stimmen verloren und ist nur noch fünftstärkste Kraft. In der letzten Legislaturperiode hatte sie zu Anfang — bevor mehrere Abgeordnete, unter anderen Ex-Parteichefin Frauke Petry, Fraktion und Partei verlassen haben — 94 Sitze. Jetzt sind es nur noch 83. Damit dürfte die Partei auch nicht mehr die wichtigste Oppositionspartei im Parlament sein. Sie verliert an Einfluss, Redezeit und Ausschusssitzen. Die Zufriedenheit der Wähler:innen mit der politischen Arbeit der Partei auf Bundesebene hält sich dementsprechend in Grenzen. Alice Weidel schafft es in der Umfrage auf den letzten Platz, 14 Prozent erreicht die AfD-Fraktionsvorsitzende. Bezeichnend ist daher auch, dass die Mehrheit der AfD-Wähler:innen (71 Prozent) die Partei wegen ihres Programms wählt und nicht wegen ihres offenbar nicht immer sympathischen Personals.

Wie sich bereits bei mehreren Landtagswahlen angedeutet hat, ist die AfD im Osten besonders erfolgreich. In Westdeutschland ist sie mit 8,2 Prozent die fünftstärkste Kraft und liegt nur knapp vor der CSU, die immerhin nur in Bayern antritt (6,3 Prozent). In Ostdeutschland ist die rechtsradikale Partei mit 19,1 Prozent auf Platz drei hinter CDU (16,9) und SPD (24,2). Die Partei ist stark im Osten, nur in Sachsen-Anhalt liegt sie mit 19,6 Prozent auf Platz drei hinter SPD und CDU. Zweitstärkste Kraft ist die AfD in Brandenburg (18,1 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (18,0). In Thüringen ist die Partei mit 24 Prozent die stärkste Kraft, genauso wie in Sachsen. Hier erreicht sie 24,6 Prozent und liegt mehr als fünf Prozent vor der SPD auf dem zweiten Platz (19,3 Prozent). Zehn von 16 Direktmandanten konnte die Partei in Sachsen für sich verbuchen, nur in den Großstädten sind die Ergebnisse niedriger.

Die Umfragen zur Wahlentscheidung von infratest dimap für die ARD liefern aber noch mehr Informationen zur Lage der AfD. So liegt die Partei etwa bei der Frage danach, wer die besten Antworten auf die Fragen der Zukunft hat, auf dem letzten Platz. Nur sechs Prozent der Befragten entscheiden sich hier für die rechtsradikale Partei. Grüne, SPD, CDU und FDP erreichen bessere Ergebnisse.

Insgesamt war für die Wähler:innen vor allem die soziale Sicherheit (28 Prozent) und Klimapolitik (22 Prozent) wichtig. Für fast alle Wähler:innen waren Umwelt und Klima mehr oder weniger wichtige Faktoren für ihre Entscheidung. Außer bei der AfD, hier geben nur zwei Prozent der Wähler:innen an, dass das Thema für sie eine Rolle gespielt hat. Kein Wunder, die Partei streitet den menschengemachten Klimawandel ab. Stattdessen ist mit 40 Prozent immer noch Zuwanderung das wichtigste und wahlentscheidendste Thema für die AfD-Wähler:innen

Worum es den AfD-Wählenden am meisten geht, nämlich sich selbst, zeigen die Zustimmungswerte auf die Frage „Ich mache mir große Sorgen, dass ich meinen Lebensstandard nicht mehr halten kann.“ 74 Prozent der AfD-Wähler:innen bejahen. Damit ist die Partei mit Abstand auf dem ersten Platz. Auf Platz zwei folgen Wähler:innen der Linken mit 47 Prozent. Ohnehin sind die beiden Parteien in den Umfragen oft eng nebeneinander, allerdings vermutlich aus unterschiedlichen Gründen. So wünschen sich 72 Prozent der Linken-Wähler:innen einen „grundlegenden Wandel“, aber auch 69 Prozent der AfD-Wählenden. Ein Blick ins Wahlprogramm der rechtsradikalen Partei zeigt allerdings, dass es dabei um keinen progressiven Wandel geht, sondern eher um einen reaktionären und antidemokratischen Rollback. Das zeigt sich auch in der Zufriedenheit mit der Demokratie. Die Wähler:innen aller Parteien sind in der Mehrheit damit zufrieden, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert. Nur die Wähler:innen der AfD bilden die Ausnahme. 82 Prozent sind unzufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie, nur 16 Prozent sind zufrieden. An nächste Stelle kommen mit großen Abstand Anhänger:innen der Linken. Hier sind nur 41 Prozent unzufrieden und 59 Prozent sind zufrieden.

Auch in vielen anderen Fragen positionieren sich AfD-Anhänger:innen komplett anders als der Rest der Wählerschaft. Die Frage „Ich mache mir große Sorgen, dass zu viele Fremde nach Deutschland kommen“ bejahen 91 Prozent der AfD-Wähler:innen, an zweiter Stelle kommen weit danach Unterstützer:innen der FDP mit 50 Prozent. Ähnlich sieht das Bild bei anderen Fragen aus, die sich um Sorgen um Deutschland drehen. Immer sind die AfD-Wählenden mit Abstand vorne. „Ich mache mir große Sorgen, dass der Einfluss des Islam in Deutschland zu stark wird“, 90 Prozent der AfD-Wähler:innen bejahen. „Ich mache mir große Sorgen, dass sich unser Leben in Deutschland zu stark verändern wird“, 82 Prozent der AfD-Unterstützer:innen bejahen das. Nur bei einer Frage machen sich AfD-Wählende weniger Gedanken, nämlich dann, wenn es um den Klimawandel geht. Die Frage „Ich mache mir Sorgen, dass der Klimawandel unsere Lebensgrundlagen zerstört“, beantworten AfD-Wählende am seltensten mit Ja. Nur 40 Prozent stimmen zu, bei allen anderen Parteien sieht das anders aus. Allerdings trotzdem eine recht hohe Zahl, wenn man bedenkt, dass die rechtsradikale Partei den Klimawandel leugnet und kleinredet. Das Alleinstellungsmerkmal der Partei, „dagegen“ zu sein, ist allerdings für ihre Wähler:innen entscheidend. Dass die Rechtsradikalen sich gegen Migration positionieren, begrüßen 97 Prozent ihrer Wähler:innen, dass die Partei gegen die Corona-Maßnahmen wettert, unterstützen 77 Prozent und 86 Prozent glauben, dass die AfD die einzig wahre Protestpartei ist. Interessant ist dabei aber auch die Frage nach den Rechtsextremen unter den Rechtsradikalen. Denn 46 Prozent der eigenen Wähler:innen glauben, dass die Partei sich nicht genug von rechtsextremeren Positionen distanziert.

Die Umfragen werfen auch einen Blick auf den Bildungsgrad und die wirtschaftliche Situation der Wähler:innen, 13 Prozent der AfD-Wähler:innen haben „einfache Bildung“, damit steht die Partei auf dem dritten Platz hinter SPD (33) und CDU (31). „Hohe Bildung“ haben laut der Umfrage sechs Prozent der AfD-Wähler:innen. Damit teilt sich die Partei den hintersten Platz mit der Linken. Währenddessen ist die wirtschaftliche Situation der AfD-Wähler:innen offenbar gut, das sagen 73 Prozent. 25 finden ihre eigene Situation schlecht, das ist der höchste Anteil von allen Parteien.

Bemerkenswert ist auch die berufliche Situation der Wähler:innen, die Zahlen dazu sollten vor allem SPD und der Linken Grund zum Nachdenken geben. Unter Arbeiter:innen erreicht zwar die SPD mit 26 Prozent die besten Ergebnisse, aber direkt auf Platz zwei folgt die AfD mit 21 Prozent. Weit abgeschlagen auf dem letzten Platz liegt die Linke. Ähnlich sieht es bei Menschen ohne Arbeit aus. Auch hier ist SPD auf Platz eins (23 Prozent), den zweiten Platz teilen sich AfD und Grüne (jeweils 17 Prozent).

Am Beispiel von Hans-Georg Maaßen zeigt sich bei der Bundestagswahl, dass die Übernahme von rechtsradikalen Positionen und das versuchte anbiedern ans AfD-Klientel für die Konservativen keine gute Idee ist. Maaßen hat es nicht geschafft, das Direktmandat für den Wahlkreis 196 im südlichen Thüringen zu erkämpfen. Das Mandat hat der SPD-Kandidat Frank Ullrich ergattert. Maaßen liegt nur knapp vor dem AfD-Kandidaten im Wahlkreis und hat bereits eine „schwere Niederlage“ eingeräumt. In den Bundestag wird er nicht einziehen. Auch ein Blick auf die Wählerwanderungen zeigt, dass der Versuch AfD-Wähler:innen mit rassistischen und antiemanzipatorischen Positionen zu ködern, erfolglos ist. In absoluten Zahlen sind zwar die meisten „Wechselwähler:innen“ unter den ehemaligen AfD-Wählenden zur CDU gewandert, das sind insgesamt allerdings nur etwa 490.000. Im Vergleich dazu: 810.000 Wählende, die beim letzten mal für die AfD gestimmt haben, haben diesmal gar nicht erst gewählt. AfD-Chef Meuthen spricht in der Pressekonferenz dann auch von einem ausgeschöpften Potenzial. Selbst der Vorsitzende glaubt offenbar vorerst nicht daran, weiter angeblich „enttäuschte“ CDU-Wähler:innen rekrutieren zu können.

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