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Refugees Welcome Kommunikationsstrategien mit Anwohner_innen: »Bürgerversammlungen«

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Ausschnitt aus dem Titelbild der Publikation "Rechtspopulistischen Mobilisierungen entgegentreten - Willkommenskultur etablieren". (Quelle: Amadeu Antonio Stiftung)

Rechtsextreme kaperten im August 2013 die Veranstaltung des Bezirks Berlin-Hellersdorf und hetzten dort offen gegen Flüchtlinge. Politiker_innen und Mitarbeiter_innen der zuständigen Behörden schauten überrumpelt zu. Ähnliche Situationen haben Kommunen in der ganzen Bundesrepublik erlebt. Rechtsextreme nutzen gezielt Veranstaltungen zum Thema, um Stimmung gegen Zuwanderung zu machen. Sie mischen sich ins Publikum, stellen sich als besorgte Bürger_innen dar, befeuern Ängste.

? Politiker_innen sowie Verwaltungsangestellte sollten sich über das rassistische Potential in der Umgebung informieren, gegebenenfalls Unterstützung und Beratung suchen.

? PfD-Mitarbeiter_innen sollten die Angestellten der Kommunen aktiv über die Herausforderung einer solchen Informationsveranstaltung aufklären, auf das rechtsextreme Mobilisierungspotential und Handlungsanweisungen hinweisen.

? Von Anfang an muss klar sein, dass die Unterkunft selbst nicht zur Debatte steht, dass nicht das Ob, sondern das Wie verhandelt wird. Im Titel muss eine menschenrechtsorientierte Positionierung deutlich werden.

? Rechtsextreme kann man im Vorhinein offiziell ausladen, wenn die Veranstaltung in einem geschlossenen, nicht öffentlichen Raum stattfindet, zum Beispiel in einer Kirche oder in Vereinsräumen. In der Einladung (und bei allen Hinweisen auf die Veranstaltung) muss dann eineentsprechende Klausel stehen. Allerdings sind nicht alle Gegner_innen von Unterkünften in rechtsextremen Organisationen aktiv.

? Von einer öffentlichen Veranstaltung können rechte Hetzer_innen nur nach einer »groben Störung« ausgeschlossen werden. Es ist sinnvoll, eine_n Rechtsanwält_in dazu zu bitten. Die zuständige Polizeibehörde muss in jedem Fall zu der Veranstaltung eingeladen werden.

? Andere Möglichkeiten, um organisierte Rechtsextreme auszuschließen: Zu einer Veranstaltung, die als Einwohnerversammlung angemeldet ist, sind nur Bewohner_innen der Gemeinde zugelassen, zu einer Anwohnerversammlung nur Bewohner_innen bestimmter Straßenzüge.

? Aufs Podium müssen wichtige Akteure aus der Nachbarschaft: Politiker_innen, Vereinsvorsitzende, Vertreter_innen von Kirchen oder Moscheen, Mitglieder von migrantischen Selbstorganisationen, Mitarbeiter_innen der künftigen Unterkunft und Polizist_innen. Die Anwohner_innen sehen, dass das Umfeld für eine Willkommenskultur steht, dass sie ernst genommen werden.

? Muss man davon ausgehen, dass eine rassistische Stimmung herrscht, kann man das Publikum bitten, Fragen schriftlich zu verfassen. Die Redezeit muss begrenzt sein. In Worms lud die Gemeinde ein, in per Losverfahren zusammengestellten Kleingruppeneine bestimmte Zeit über die Unterkunft zu reden. In jeder Gruppe saß ein_e Moderator_in und ein/e Protokollant_in. Die Leitfrage lautete: »Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit die Stadt Schutzsuchenden in ausreichender und menschenwürdigerForm eine Bleibe bieten kann?«

Auf viele Vorbehalte kann man sich vorbereiten. Auf den rassistischen Hintergrund der Kritik, bei der Entscheidung zum Bau einer Sammelunterkunft für Flüchtlinge nicht beteiligt worden zu sein, kann man gut hinweisen. Bei anderen kommunalen Entscheidungen ist die angeblich fehlende Beteiligung schließlich auch kein Thema. Polizist_innen können Auskunft über die Kriminalitätsstatistik geben. Anwohner_innen einer geplanten Flüchtlingsunterkunft, die fürchteten, die Grundstückspreise würden sinken, schlug ein Bürgermeister in Norddeutschland einen entwaffnenden Deal vor. Wären die Preise in fünf Jahren tatsächlich gesunken, würde er ihnen aus der Gemeindekasse die Differenz zahlen. Wären die Grundstückspreise aber in fünf Jahren gestiegen, müssten die Anwohner _innen die Differenz an die Gemeinde zahlen. Danach war das Thema erledigt.

Ausführliche Leitfäden für Veranstaltungen zu Unterkünften:

»Keine Bühne für Rassismus« der MBR Berlin gibt praktische Empfehlungen, wie die Instrumentalisierung von öffentlichen Informationsveranstaltungen durch Rechtsextreme verhindert werden kann:http://bit.ly/1RxUXOH»Feste Feiern ohne Nazis« der MBR Berlin zeigt auf wie Störaktionen von Rechtsextremen und Rassist_innen erfolgreich verhindert werden können:http://bit.ly/1VE7eqU»Leitfaden für eine Informationsveranstaltung zum Thema ›Flüchtlingsunterkünfte‹« gibt hilfreiche Tipps, um Rechtsextremen und Rassist_innen keine Bühne zu bieten:http://bit.ly/1QuCQtp 

Dieser Text ist ein Auszug aus der Handreichung „Rechtsextremen Mobilisierungen entgegen treten – Willkommenskultur etablieren“ der Amadeu Antonio Stiftung, die im April 2016 erschien.

Hier zum Download:

https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/dokumentation-fachtagungen.pdf

 

Chronik der Gewalt gegen Geflüchtete bei „Mut gegen rechte Gewalt“:

https://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/service/chronik-vorfaelle

 

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

WillkommenskulturFlüchtlinge Artikel aus dieser Broschüre auf netz-gegen-nazis.de:Handlungsstrategien gegen Rassismus im Umgang mit GeflüchtetenZusammenarbeit mit Unterkunftsverwaltung, Sicherheitspersonal und EhrenamtlichenKommunikationsstrategien mit Anwohner_innen: »Bürgerversammlungen«Einbeziehung der FlüchtlingsperspektiveSicherheitskonzepte – Schutz von Asylsuchenden und Ehrenamtlichen

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