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„Der III. Weg“ Kaderschmiede für die nächste Generation Neonazis

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Am 18. März 2022 präsentierte die Jugend-Regionalgruppe Berlin/Brandenburg des "III. Wegs" ein Transparent. Damit wollten sie öffentlichkeitswirksam ihre fester werdende Struktur präsentierten. (Quelle: RechercheNetzwerk.Berlin)

„Viele deutsche Jugendliche haben das Gefühl, dass sie keine Perspektive haben“, so schreiben es die Neofaschist:innen vom „III. Weg“. Sie hätten Angst, abends alleine auf die Straße zu gehen und könnten sich nicht vorstellen, in Deutschland eine Familie zu gründen. Die Jugendorganisation „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) der rechtsextremen Kleinstpartei „III. Weg“ will diesen Jugendlichen helfen. In ihr „organisieren sich eine Reihe junger, national denkender Deutscher“. Mit gemeinsamen Wanderungen, Sportprogramm und politischen Aktionen bieten sie eine rechte Lebenswelt, die Jugendliche enger an sie binden soll – offenbar mit Erfolg.

Die Jugendorganisation des „III. Wegs“ sei die Alternative zu den „auf Profit ausgelegten Freizeitangeboten und den städtisch finanzierten, von Migranten vereinnahmten Jugendzentren, welche heutzutage versuchen, immer mehr unser Land zu dominieren“. Sie würden „miteinander anstatt gegeneinander“ arbeiten, heißt es in ihrer Selbstdarstellung. Miteinander bedeutet in diesem Fall jedoch, dass nur junge Menschen willkommen sind, die bereits ein nationalistisches Weltbild vertreten und deutsch in einem biologistischen Verständnis sind. Das Angebot des „III. Wegs“ wird von vielen Jungnazis dankend angenommen. Hier werden sie politisch-faschistisch geschult, ihre Gewalt wird professionalisiert und bereits lose existierende Netzwerke werden gefestigt.

Neonazistisches Erfolgskonzept wird ausgeweitet

In ihrer Hochburg, der sächsischen Stadt Plauen, tritt „Der III. Weg“ bereits seit Langem offensiv mit Kampagnen in Erscheinung, die speziell an Kinder und Jugendliche gerichtet sind. Für 2022 gaben die Aktivist:innen des „III. Wegs“ die Gründung von „Nationalrevolutionäre Jugend“-Ablegern in Sachsen und seit Anfang März in Sachsen-Anhalt in Klötze (Altmark) und Gommern (Jerichower Land) bekannt. Bereits im Jahr zuvor soll die Berlin/Brandenburg NRJ-Gruppe gegründet worden sein, mit eigenem Stützpunkt.

„Der III. Weg“ versteht sich als Neonazi-Elite, als Kaderpartei, als geschlossener Zirkel. Es ging den Parteistrateg:innen nie um eine große Anzahl an Mitgliedern. Ihr Selbstverständnis ist eher in bewusster Abgrenzung zu anderen Neonazi-Parteien geprägt, schließlich sehen sie sich selber als die wahren Nachfolger der NSDAP. Dass sie nun mit ihrem offensiven Werben um junge Menschen hauptsächlich neue Mitglieder rekrutieren wollen, ist also fraglich. Das Angebot dürfte eher eine ideologie- und identitätsstiftende Wirkung nach innen entfalten. Es könnten nicht zuletzt einen Versuch darstellen, für die Kinder neonazistischer Eltern ein Angebot zu schaffen, um diese sukzessive an die Strukturen heranzuführen, vermutet Johannes Hartl 2019 im AIB

„Division MOL“: Keine Dorfrowdys, sondern gewaltbereite Neonazis

Die Entwicklung der militanten Neonazi-Gruppe  „Division MOL“ (Division Märkisch-Oderland) zur „Nationalrevolutionäre Jugend“ deutet genau darauf hin: Der Berlin/Brandenburg-Ableger der NRJ ging personell aus „Division MOL“ hervor. Eine lose Gruppe junger Neonazis aus Berlin und Brandenburg, deren maßgebliche Akteur:innen Kinder bekannter rechtsradikaler Aktive in der Region Märkisch-Oderland sind, die inzwischen in der „Nationalrevolutionäre Jugend“ eine neue rechtsextreme Heimat gefunden haben. Ihr Werdegang beziehungsweise ihre Einverleibung in die Strukturen des „III. Wegs“ scheint dabei symptomatisch zu sein: Viele junge Aktivist:innen wurden bereits durch ihre Familien ideologisiert. Trotz ihres jungen Alters sind einige bereits mehrfach mit neonazistischen Gewalttaten aufgefallen.

Der harte Kern der „Division MOL“ umfasste etwa 20 Personen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren. Erste Aktionen der „Division MOL“ traten im Januar 2020 im Raum Petershagen im Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg auf. Kurz nachdem sich die Petershagener Oberschule der Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ anschloss, wurden im Umfeld der Schule rechtsextreme Runen und Hakenkreuzen gesprüht. 

Im Herbst 2020 griffen die jungen Neonazis vier andere Jugendlichen auf einem Spielplatz in Petershagen mit Pfefferspray an. Gegen einen oder mehrere Angreifer liegen Anzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor. Anfang 2021 zerstörten Aktivist:innen den Gedenkort für Phan Văn Toản, der 1997 in Fredersdorf ermordet wurde. Sie entwendeten eines der Gedenk-Transparente und posierten in Hooligan-Manier mit dem umgedrehten Banner. Im Dezember 2021 griffen Mitglieder auf einer „Querdenker“-Demonstration in Berlin Journalist:innen an. Bereits ab 2021 nahmen einige ihrer Aktivist:innen an Infoständen des „III. Weg“ teil, waren aber auch immer wieder mit Akteuren der Jugendorganisation der NPD „Junge Nationalisten“ (JN) zu beobachten.

Am 18. März 2022 auf einer „Volksversammlung“ gegen Infektionsschutz in Berlin-Mitte präsentierten zentrale Akteure der „Division MOL“ ein großes Banner der Jugendorganisation des „III. Wegs“ der NRJ . Einen Tag zuvor stellte der „III. Weg“ seinen neuen Stützpunkt Berlin/Brandenburg auf ihrer „Weltnetzseite“ (damit meinen sie Website) vor und behaupten, sie haben sich in den vergangenen Monaten weiter „festigen und ausbauen“ können. Damit sind nun offenbar zentrale Akteure der „Division MOL“ unter der Schirmherrschaft des „III. Wegs“.

Auf Fotos zum neuen Jugend-Stützpunkt in Berlin/Brandenburg ist zu sehen, wie junge Menschen (lediglich zwei junge Frauen sind zu erkennen) gemeinsam Essen schnippeln, Dehnübungen machen und abends am Lagerfeuer an einer alten Scheune Gitarrenmusik lauschen. „Während Millionen junger Landsleute auf der Suche nach dem Sinn des Lebens im Alkohol- und Drogenrausch in einer dekadenten Konsumgesellschaft aufwachsen, ohne Ziel und Perspektiven, formen wir in einer starken Gemeinschaft unseren Geist und Körper und setzen uns Ziele, die jeden einzelnen auch in seinem individuellen Dasein vorteilhaft voranbringen“, ist auf der Website zu lesen.

Die nächste Generation Neonazis

Auf extrem rechten Demonstration der vergangenen Monate ist mit Erschrecken festzustellen, dass zunehmend junge Menschen teilnehmen – eine neue Generation von Neonazis. Auffällig dabei ist, dass sie häufig in Merchandise-Kleidung vom „III. Weg“ oder von „Neue Stärke“ auflaufen. Die nationalsozialistische Kleinstpartei „Neue Stärke“ wurde im November 2021 gegründet und ist das Produkt einer Abspaltung von ehemaligen Kadern des „III. Wegs“.

Seit einigen Jahren macht der „III. Weg“ rechtsextreme Jugendarbeit, um junge Menschen für ihre faschistische Ideologie zu begeistern. Scheinbar mit einigem Erfolg. Im Zentrum dieser rechtsextremen Jugendarbeit steht dabei nicht so sehr ein hedonistischer Lifestyle. Vielmehr geht es hier um Wehrhaftigkeit, Körperkult, Volksgemeinschaft und Umweltschutz. Die jungen Männer und wenigen Frauen gehen gemeinsam in der Natur wandern und betätigen sich auf ihre eigene Weise für Umweltschutz oder werden in Kampfkunst trainiert. Wobei Sport für die Aktivist:innen des „III. Wegs“ eine herausragende Rolle einnimmt, aber immer nur Mittel zum Zweck ist.

Statt über Musik, wie noch die NPD, die mit der „Schulhof CD“ junge Menschen ködern wollte, versucht der „III. Weg“ über Sport Jugendliche zu erreichen und zu rekrutieren. Ein Konzept, das erfolgversprechend scheint, schließlich erleben wir derzeit gesamtgesellschaftlich einen Fitnessboom, der alle Bereiche des Lebens abdeckt. Die Arbeitsgruppe „Körper und Geist“ für Kampfsport und Wehrhaftigkeit des „III. Wegs“ versucht gezielt über Sport die tödlichen Ideen des Rassismus und Faschismus in die Köpfe junger Menschen zu pflanzen. Das Angebot, das die Strateg:innen des „III. Wegs“ jungen Menschen machen, entspricht damit wohl dem Zeitgeist junger Neonazis, denen es nicht mehr so sehr ums Feiern, Alkohol und Musik geht. Stattdessen werden sie von militanten Neonazis im Straßenkampf ausgebildet. Eine sehr gefährliche Tendenz.

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