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„Eliminatorischer Rassismus gegen Weiße“ Wie rechtsextrem äußert sich Hans-Georg Maaßen?

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Nützt auch nichts mehr: Auf Twitter nennt sich Hans-Georg Maaßen abstruserweise einen "Antifaschisten". Wie er aber twittert und kommentiert, zeigt: Das stimmt nicht. (Quelle: Screenshot Twitter)

Hat sich Hans-Georg Maaßen im Amt des obersten Verfassungsschützers radikalisiert oder war er vorher schon rechtsextremen und verschwörungsideologischen Gruppen zugeneigt, konnte es aber besser verbergen? Das wird die Öffentlichkeit wohl nie gänzlich erfahren. Seit Maaßen 2018 sein Amt verlor – zuvor hatte er Verschwörungserzählungen verbreitet – verliert der Jurist jedes Maß dafür, welche Diskurse noch innerhalb des demokratisch-konservativen Spektrums liegen – und welche den Boden von Faktizität und freiheitlich-demokratischer Grundordnung so verlassen, dass seine CDU-Parteikolleg*innen sich nur noch abwenden können.

Aktuell ist es „eliminatorischer Rassismus gegen Weiße“, den Maaßen am Werke sieht, weil ein Mensch auf Twitter flapsig-aggressiv formuliert hat, dass die demografische Entwicklung der Welt und die globale Migration eh dazu führen würden, dass es bald keine „Weißen“ im biologistisch-rassistischen Sinne mehr geben würde. Maaßen kommentiert diese Tweets, aber nicht als Aussage eine Einzelperson, sondern als Ziel „treibender politischer Kräfte“. Er schreibt: „Er fühlt sich so sicher, dass er ausspricht, was die treibenden politischen Kräfte im politisch-medialen Raum als Stoßrichtung haben. Eliminatorischer Rassismus gegen Weiße und der brennende Wunsch das Deutschland verrecken möge.“

Das ist offener verschwörungsideologischer und rassistischer Inhalt.

  • Da ist die vermeintliche Elite, die die Geschicke lenkt („treibende politische Kräfte“).
  • Diese besteht aus Kontrahenten, die sich eigentlich gegenseitig kontrollieren sollten, aber unter einer Decke stecken: Politik und Medien.
  • Beide haben laut Maaßen dieselbe Stoßrichtung: Deutschland soll vernichtet werden.
  • Das ist ein klassischer antisemitischer verschwörungideologischer Topos: „Die Elite“ arbeitet gegen „das Volk“. Hier sogar mit Vernichtungswillen! Aus einem „brennenden Wunsch“ heraus. Dramatisch.
  • Und mehr noch: Es geht nicht nur gegen „Deutsche“, sondern auch noch gegen „Weiße“, die Bedrohung geht also über Deutschland hinaus.
  • Und wie soll Deutschland „verrecken“, wie Maaßen es nennt? Durch „eliminatorischen Rassismus gegen Weiße“.
  • „Rassismus gegen Weiße“ ist ein beliebtes Narrativ rechtsaußen, das aber trotzdem nicht existiert, weil Rassismus auch etwas mit Machtpositionen in der Gesellschaft zu tun hat und einzelne, für die Betroffenen natürlich schreckliche, Angriffe gegen „Weiße“ nichts daran ändern, dass „weiß“ gelesene Menschen in Deutschland in gesellschaftlichen Machtpositionen sitzen – auch wenn sie vielleicht fürchten, dass dies irgendwann nicht mehr der Fall sein könnte.
  • Eliminatorisch ist ein Adjektiv, das in Deutschland eigentlich ausschließlich im Zusammenhang mit dem mörderischen Antisemitismus des Nationalsozialismus verwendet wird. Der Leiter der KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, merkte deshalb an, dass im Ausdruck des „eliminatorischen Rassismus gegen Weiße“ auch eine Holocaustrelativierung mitklingt (vgl. Jüdische Allgemeine).
  • Wenn also Eliten daran arbeiten, die „Deutschen“ und/oder „die Weißen“ auszurotten, sind wir bei beliebten rechtsextremen Verschwörungsideologien:
    • Dem „großen Austausch“ (von widerständigen europäischen Völkern gegen leichter regierbare Menschen aus anderen Teilen der Welt, organisiert von der jüdisch dominierten Neuen Weltordnung. Das verbreiten u.a. Rechtsterroristen wie der Attentäter von Christchurch oder von Halle oder die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“.)
    • Dem „Great Reset“ (der sagt u.a. dass die Coronavirus-Pandemie und der russische Krieg gegen die Ukraine gar nicht existieren, sondern nur Inszenierungen sind, um zu verbergen, wie die jüdisch konnotierte „Neue Weltordnung“ am Großen Austausch oder anderen Mordaktionen gegen „das Volk“ arbeiten).

Das ist ganz schön viel Hass und Verschwörungsideologie für einen Tweet. Vielleicht hat Maaßen das ja nicht so gemeint, in so einem spontanen Post auf Twitter? Abgesehen davon, dass kaum jemand so viel Hass mit so klar rechtsextremer Terminologie aus Versehen ins Internet schreibt, ist es nur der letzte verschwörungsideologische Ausbruch in einer langen Reihe von Ergüssen.

Erst am 9. Januar hatte Maaßen in seinem Kommentar in der rechtspopulistischen Schweizer Weltwoche ins gleiche Horn geblasen. Es ging um das inzwischen widerlegte Narrativ migrantischer Gewalt zu Silvester. Auch hier: „linksdominierte Medien und die linken Parteien“, die lügen; eine liberal-konservative Seite, die sich nicht nach „Migrantengewalt“ zu fragen traue. Wegen des „linken politisch-medialen Establishments“. Auf die Idee, dass er selbst vielleicht Unfug denkt, wenn alle anderen es anders sehen, kommt Maaßen nicht.

Vielmehr will er „Klartext“ sprechen – eine Ankündigung, hinter der fast immer eine politisch motivierte Lüge kommt, wenn der „Klartext“ so demonstrativ vor sich her getragen wird: Die „politische Linke“ – und das seien „Grüne, SED/Die Linke, SPD und linker Flügel der CDU“ – wolle Massenzuwanderung zwecks „Enthomogenisierung“. Also, so nennt es Maaßen in der Weltwoche, ein „Menschenzuchtprogramm“, eine „Rassenlehre mit umgekehrten Vorzeichen“, bei der die „Weißen“ als minderwertig gelten würden. Ein Teil der „Woke-Ideologie“ – noch eine Andeutung auf Rechtsaußen-Diskurse.

Während Jurist Maaßen also in einem wohlüberlegt publizierten Text Teile seiner eigenen Partei als linksextreme Anti-Deutsche beschimpft, weil sie nicht so rassistisch argumentieren wollen wie er, sieht er gleichzeitig eine Verschwörung am Werk: Seine rechtsextremen und verschwörungsideologischen Aussagen würden jetzt nur „als Schmutzkampagne“ thematisiert, damit er am Wochenende nicht zum Vorsitzenden der „Werte-Union“ gewählt würde.

Dabei zeigt Maaßen einmal mehr, dass er – für Verschwörungsgläubige nicht unüblich – jedes Gefühl für die Realität verloren hat. Wer so sehr rechtsextreme und verschwörungsideologische Diskurse verbreitet, macht sich unwählbar für demokratisch-konservative Menschen – und selbst für diejenigen, die nur aus strategischen Gründen geschickter agieren.

Die Werte-Union beeilte sich allerdings, Maaßens Kampagnen-These zuzustimmen. Vielleicht sollte sich die CDU nicht nur von Maaßen distanzieren.

 

Mehr Maaßen:

  • Am Wochenende lobt Maaßen auf Twitter den von Verschwörungsideologen geführten YouTube-Kanal „Ketzer der Neuzeit“. Die Betreiber des Projekts sind dem Reichsbürger-Spektrum zuzurechnen. „Diese klugen und mutigen jungen Leute sind unsere Zukunft“, schrieb Maaßen dazu auf Twitter. Nachdem es am Montag öffentliche Kritik für die fragwürdige Werbung hagelte, löschte er seinen Beitrag kommentarlos (vgl. Tagesspiegel, Endstation Rechts).

 

  • Mehr zu radikalen Tweets von Maaßen, etwa Hetze gegen Angela Merkel, Anbiederung an Querdenken nebst Pandemieleugnung und immer wieder der Hass auf Politik und Presse, die nicht das gleich wollen wie er, bei Sascha Lobo im Spiegel.

 

 

 

 

 

 

  • Maaßen verbreitet als Leiter des Verfassungsschutzes Verschwörungserzählungen über die im Video festgehaltene, rassistische Hetzjagd von Chemnitz: Er gab an, er glaube, dass Journalist*innen die Übergriffe inszeniert hätten, um rechtspopulistische Demonstrant*innen zu diskreditieren. Sie hätten später Interviews mit gar nicht echten Opfern inszeniert, nur um „die Öffentlichkeit von dem mutmaßlichen Mord in Chemnitz“ abzulenken.  Später widerruft er: Er sei falsch verstanden worden. Es sei ihm nur „unauthentisch“ vorgekommen, da es so schnell veröffentlicht worden sei. Seinen Posten rettet er damit nicht mehr.

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