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Extrem rechte Demo in Berlin „Wenn wir wollen, schlagen wir euch tot“

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Am Tag der Deutschen Einheit liefen rund 1.000 Rechtsextreme und angeblich nur besorgte Bürger*innen durch Berlin-Mitte. Die Neonazis waren zum Teil vermummt und äußerst aggressiv.

5.000 rechte Demonstrant*innen hatten sich angekündigt, knapp 1.000 kamen am Donnerstag, den 3. Oktober nach Berlin zu einem rechtsextremen Aufmarsch. Geladen hatte der Verein „Wir für Deutschland“ (WfD). „Wir für Deutschland“ entstand 2014 im Rahmen der erfolgreichen „Pegida“-Bewegungen, zunächst allerdings nur als Facebook-Seite. Im Gegensatz zu „Pegida“, deren Hauptthemen Muslim*innen und Geflüchtete waren, stellte sich WfD von Beginn an politisch breiter auf. Hier wurde nicht nur rassistisch gegen den Islam gewettert, sondern von Beginn an eine grundlegende Änderung des politischen Systems gefordert.

Unter dem Motto „Tag der Nationen“ sammelten sich am Donnerstagnachmittag angeblich nur „besorgte“ Bürger*innen, Reichsbürger*innen, Querfrontler*innen und offene Neonazis auf dem Washingtonplatz vor dem Hauptbahnhof, schwenkten Deutschland- und Reichskriegsflaggen. Der Demo-Zug sollte bis zum Alexanderplatz durch die Stadt gehen.

Gleich zu Beginn durfte Julia Juls auf die Bühne. Sie wurde als extrem rechte Liedermacherin bekannt. Ihr größter Gassenhauer war wohl der Song „Dumm, dümmer … Antifa“. Gleich zu Beginn der Demo betrat sie dann auch als Vertreterin des extrem rechten „Frauenbündnis Kandel“ auf die Bühne und sang dort einen Song, über „Widerstand“ und den „Stolz der Nation“.

Nach „Merkel muss Weg“ und „Wir sind das Volk“-Rufen zog die Menge schließlich los. Gegendemonstrant*innen kamen jedoch anders als sonst bei rechten Demos in Berlin nicht sehr zahlreich. Möglicherweise auch, weil gleichzeitig am Roten Rathaus in Mitte ein Protest gegen hohe Mieten stattfand. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort.

Auch Andre Poggenburg nahm an dem rechtsextremen Aufmarsch teil. Der ehemalige AfD-Chef aus Sachsen-Anhalt sucht nach seinem Austritt aus der Partei wohl immer noch eine neue politische Heimat. Auch mit dabei waren die extrem rechten Youtuber Henry Stöckl und Lisa Licentia, eine angebliche Aussteigerin aus der sogenannten „Identitären Bewegung“. Lisa H., die unter ihrem Künstlernamen einen Youtube-Kanal betreibt, war lange Zeit Top-Aktivistin in der IB. Nun regt sie sich hauptsächlich auf Youtube über die millionenfache „Völkerwanderung“, die vielen Imbisse und Billigläden auf.

„Bruderschaft Deutschland“  aus NRW

Besonders auffällig auf der rechten Demo war eine einheitlich gekleidete Gruppe aus Nordrhein-Westfalen. Sie nennen sich „Bruderschaft Deutschland“. Ihr Logo ist eine geschlossene Faust. Gegründet wurde diese „Bruderschaft“ in Düsseldorf von rechtsextremen Alt-Hooligans.

Immer wieder versuchten Mitglieder dieser kameradschaftsähnlichen Gruppierung zu Gegendemonstrant*innen zu gelangen. Wiederholt kam es zu Rangeleien. Später schimpfte ein älteres Mitglied der „Bruderschaft“ über seine Kameraden, dass die auf dem Marsch nur rumgepöbelt haben. Er bezeichnete das Verhalten seiner Kameraden als „Kasperletheather“.

Bei den Beleidigungen und Drohungen gegen die  Gegendemonstrant*innen bezogen sich die Neonazis oft auf Silvio Meier. „Wo ist er denn euer Silvio?“ oder „Was ist denn mit eurem Silvio passiert?“. Der linke Aktivist Silvio Meier wurde 1992 in Berlin von Neonazis getötet. Während des Aufmarsches grölten Teilnehmer, angeführt durch die „Bruderschaft Deutschland“, in Richtung der Gegendemonstrant*innen „Wenn wir wollen, schlagen wir euch tot“.

Am Ende der Veranstaltung durfte dann auch nochmal der Profi-Hetzer Sven Liebich auf einem Plastikstuhl stehend seine Lügen verbreiten. Vorher wünschte er sich noch die Vergewaltigung der „Omas gegen rechts“.

Gleichzeitig zur WfD-Demo fand am Berliner Breitscheidplatz ein Treffen unter Holocaustleugner*innen statt. Organisiert wurde diese schauerliche Veranstaltung, die mit Tanz, Gesang und Gedichten im Vorfeld warb, vom selbsternannten „Volkslehrer“, Nikolai Nerling. Nerling ist ein rechtsextremer YouTuber, der seine Karriere im antisemitischen Querfront-Umfeld begann. Lange Zeit arbeitete er in Berlin als Lehrer, bis ihm im Mai 2018 fristlos gekündigt wurde. Seither tingelt er als mobiler Verschwörungstheoretiker durch Deutschland. Immer mit dabei: Kamera und Kameramann, damit alles schnell auf YouTube oder rechtsalternative Video-Plattformen gestellt wird.

Nerling sah seine Veranstaltung nicht in Konkurrenz zum WfD-Aufmarsch: „Während ‘Wir für Deutschland‘ sehr politisch argumentieren und sehr kämpferisch unterwegs sind und vom Bahnhof bis zum Alexanderplatz marschieren, sind wir hier, an diesem Platz, und kümmern uns mehr um den kulturellen Aspekt der Befreiung unseres Volkes.“ (Ankündigungsvideo).

Auf der Holocaustleugner-Veranstaltung waren unter anderem der rechtsextreme Liedermacher Axel Schlimper, der antisemitische Volksverhetzer Gerd Ittner und der Holocaustleugner Bernhard Schaub.

 

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