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Feuerkrieg Division Urteilsverkündung gegen Fabian D. in Nürnberg

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Der Gerichtssaal ist hier noch leer, bei der Urteilsverkündung waren alle Plätze besetzt. (Quelle: Erika Balzer)

Freitag, 04. Dezember 2020: Die Urteilsverkündung beginnt um 10 Uhr, später als die drei Verhandlungstage zuvor, und der Gerichtssaal ist so voll wie an keinem anderen Tag des Prozesses. Viel mehr Presse, aber die Mutter des Angeklagten – an den anderen Tagen anwesend gewesen – fehlt. Stattdessen ist sein leiblicher Vater gekommen und weitere Familienmitglieder, die man davor noch nicht gesehen hat. Fabian D. trägt den dunkelblauen Anzug vom ersten Verhandlungstag, ein weißes Hemd, seine blonden Haare sehen etwas durcheinander aus.

Der Richter betritt den Saal und verkündet das Urteil: Der Angeklagte wird als schuldig befunden und wird zu zwei Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Er soll eine Führungsaufsicht bekommen und seine Waffen, Werkzeuge, Messer, der Laptop und das Smartphone werden eingezogen. Der Polizist, der ihn am 05. Februar 2020 festgenommen hat, beschrieb sein Verhalten und seine Persönlichkeit mit dem Begriff „stoische Ruhe“. Auch heute, bei der Urteilsverkündung, behält Fabian D. eine stoische Ruhe.

Sein Weg der Radikalisierung

Der Richter beginnt mit der Begründung des Urteils: Fabian D. hat sich im Frühjahr 2019 der rechtsextremen und menschenverachtenden „Feuerkrieg Division“ angeschlossen. Seine Äußerungen im Chat und das Besorgen von Waffenteilen und Ausrüstung zeugen von einer zunehmenden Radikalisierung. Die Verteidigung des Angeklagten, er tat dies mit der Motivation, einem Schützenverein beizutreten, wertet die Staatsschutzkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth als nicht glaubhaft und als Schutzbehauptung. Denn als der Zeuge K., ein Kollege von Fabian D., ihm bei einem persönlichen Gespräch erklärt hatte, welche Voraussetzungen man mitbringen müsse, um beitreten zu können, verlor der Angeklagte das Interesse an einer Vereinsmitgliedschaft. 

Stattdessen setzte er sich intensiv damit auseinander, wie man eine Waffe scharf machen könnte und welche Teile man bräuchte, um selbst eine Waffe zu bauen. Der Richter bezeichnete das Halle-Attentat vom 09. Oktober 2019 als eine Blaupause für Fabian D.: Der Attentäter war für den Angeklagten zugleich Vorbild als auch Enttäuschung. Er äußerte seine Verachtung ihm gegenüber in den Chats der „Feuerkrieg Division” und machte sich über – seiner Meinung nach – dessen Fehler lustig. Zwar wollte der Halle-Attentäter auch ein „Heiliger“ werden, hatte aber in den Augen von Fabian D. versagt. Stattdessen wollte er aus seinen Fehlern lernen und fragte im Januar 2020 bei den Chat-Mitgliedern nach konkreten Vorschlägen für „Orte der Andacht“. Der Richter sah damit den Straftatbestand einer Vorbereitung als erfüllt und betonte, dass ein solcher Angriff auf die Gesellschaft eines Landes immer den Vertrauensverlust der Menschen in die staatlichen Institutionen und insbesondere in die Sicherheitsbehörden bedeutet. 

Seine psychischen Erkrankungen führten dazu, dass er sich in die Chats und den Rechtsextremismus flüchtete, allerdings war er auch zu dieser Zeit voll umfänglich schuldfähig, so der Richter. Er schließt sich der Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen an und sieht in Fabian D. eine Gefahr für das öffentliche Wohl und die Begehung weiterer Straftaten. 

Parallelen zum Halle-Attentäter erkennbar

Während des Prozesses lernte man Fabian D. als einen sehr einsamen und zurückhaltenden Menschen kennen, der von seinem sozialen und familiären Umfeld nicht als Teil von ihnen angesehen wurde. Seine sehr zurückhaltende und introvertierte Art löste bei ihnen eine Gleichgültigkeit aus, noch eher als den Wunsch auf ihn einzugehen und ein gemeinsames Leben zu ermöglichen. Stattdessen wurde er immer ausgegrenzt: in seiner Familie, in der Schule und in der Arbeit. Dennoch ist das keine Rechtfertigung dafür, zutiefst menschenverachtende und gewalttätige Aussagen zu tätigen, wie es die Mitglieder der „Feuerkrieg Division” in ihren Chats getan haben. Und auch wenn Fabian D. den Halle-Attentäter belächelte, so zeigte er auch eine gewisse Bewunderung des „Saints” und nahm ihn sich als Beispiel. Der Wunsch des Verteidigers, Fabian D. freizusprechen, wäre nach der psychiatrischen Einschätzung nicht nur grob fahrlässig, sondern ein Zeichen dafür, dass der Staat sich nicht zu wehren bereit wäre, wenn die plurale, demokratische Gesellschaft angegriffen wird. Tatsächlich sind deutliche biographische Parallelen zu erkennen zwischen Fabian D., der sich noch in der Attentatsplanung befand, und Stephan B., der gerade in Magdeburg vor Gericht steht, weil er in Halle zwei Menschen tötete und mehrere zum Teil lebensbedrohlich verletzte. Bleibt zu hoffen, dass das zwingend notwendige Einschreiten der Justiz dazu führt, Fabian D. eine Resozialisierung zu ermöglichen.

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