Nazi-Divisionen
Im November 2019 gab es in Deutschland erstmal nach einer Droh-Email breitere Aufmerksamkeit für eine der rechtsextremen, international organisierten „Divisionen“ – in diesem Fall war die Mail gezeichnet mit „Atomwaffen Division (AWD)“, obwohl der Sprachduktus eher auf eine bekannte rechtsextreme Trollgruppe schließen ließ.
Es sind Gruppen auffallend junger, online international organisierter „White Supremacy“-Rechtsextremer, die mit Terror zum Zusammenbruch der Demokratien beitragen wollen. Ihre Sprache und Bildsprache ist brutal, der Duktus blutrünstig – und die Sicherheitsbehörden gehen zunehmend dazu über, die Online-Nazis als reale Gefahr einzuschätzen.
In Großbritannien wurde am 24.02.2020 die „Sonnenkrieg Division“ als terroristsiche Organisation verboten. Diese Division hatte sich im Oktober 2018 gegründet, in Anlehnung an die amerikanische rechtsterroristische Gruppierung „Atomwaffen Division“. Die Mitglieder planten u.a. einen Mordanschlag auf Prince Harry und auf Polizisten. Im Juni 2019 wurden ein 18- und ein 19-jähriges Mitglied verhaftet (vgl. Guardian).
Feuerkrieg-Division
Nun also geht es um die „Feuerkrieg Division (FKD)“. Dies ist die zweite Ausgründung im Geiste der „Atomwaffen Division“, begonnen mutmaßlich 2018 in Estland, wo auch der derzeitige Anführer leben soll. „Feuerkrieg Division“ hatte 2019 ankündigt, u.a. in Irland, Kanada, Deutschland, Estland, den Niederlanden, Belgien, Norwegen, Russland und Großbritannien aktiv zu werden. Aktiv bedeutet hier, das sie mindestens einmal auf ihrem Telegram Kanal Fotos von ihren Flyern in diesem Land gepostet haben. Laut der Anti Defamiation League (ADL) hat die „Feuerkrieg Division“ international rund 30 Mitglieder, davon inzwischen auch einige in den USA – laut Spiegel sind es 70 Personen, davon die meisten in den USA (32) und Großbritannien (9), danach folgen Deutschland (6) und Kanada (6), . Die Gruppe ruft zum „Rassenkrieg“ („Race War“) und zu Anschlägen auf Synagogen und Moscheen auf und zeigt Bilder selbstgebauter Sprengköpfe. Sie verfolgt das Konzept des Akzelerationismus im Sinne der Siege-Newsletter von James Mason (in ihrer Sprache „Siegeculture“), deren Erkenntnisse sie umsetzen wollen (siehe BTN). FKD ermuntert Mitglieder, sich zu „opfern“ und Gewalt als Problemlösungsmittel zu sehen, um das politische und kulturelle „System“ zu „reparieren“ – bis es „weiße Ethnostaaten“ gibt. Mörderischer Antisemitismus ist der Gruppe inherent, denn sie glauben, dass das „System“ von Jüdinnen und Juden kontrolliert werde. Den erträumten Krieg bezeichnen sie als „Heiligen Krieg“ oder „weißen Jihad“.
Verhaftung in Deutschland
Am 05. Februar 2020 wurde im bayerischen Landkreis Cham in der Oberpfalz ein 22-Jähriger verhaftet, der zu FKD Deutschland gehören soll – sogar in „führender Position“. Insgesamt soll die Organisation laut einem „Spiegel“-Bericht mindestens sechs Mitglieder in Deutschland haben. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München erklärte auf Anfrage der dpa, gegen den Mann bestehe der dringende Tatverdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Die Presseagentur hat außerdem erfahren, dass sich „die Sicherheitsbehörden“ derzeit „verstärkt der Aufklärung ‚rechtsextremistischer Internetgruppierungen‘“ widmeten (vgl. PNP).
Dem „Spiegel“ liegen Chatprotokolle vor, nach denen mindestens sechs Personen aus Deutschland zu FKD gehören. Der 22-Jährige, der sich online „Heydrich“ nannte, äußerte in dem Chat Tötungsabsichten. Er gab im Chat an, er habe eine militärische Ausbildung bei der Bundeswehr absolviert und im Keller seiner Eltern eine Waffe selbst gebaut. Im Januar kündigte „Heydrich“ an, er wolle „zum Heiligen werden“ – als „Heilige“ verehrt die rechtsextreme Szene rassistische, islamfeindliche, antisemitische, antifeministische oder Anti-LGBTIQ-Attentäter. Als einen „geeigneten Ort“ dafür bezeichnete er selbst „ein Haus des Glaubens schlechter Menschen“. Dies führte zur Verhaftung (vgl. n-tv). Die anderen deutschen Mitglieder heißen „Teuton“, „Dekkit“, „Napola88“, „Wolfskampf“ und „Jus-ad-bellum“. Innerhalb der Organisation nehmen sie unterschiedliche Aufgaben und Funktionen wahr. „Teuton“ stelle laut „Spiegel“ etwas Aufnäher mit FKD-Logo her und sei Kampfsportler, „Dekkit“ mache Propaganda, „Wolfskampf“ sei noch minderjährig.
Auch in den USA wurde bereits ein FKD-Sympathisant verhaftet, der 23-jährige Conor C., der bereits Sprengstoff und eine illegale Waffe in seiner Wohnung deponiert hatte und damit Jüdinnen und Juden und die LGBTIQ-Community angreifen wollt (vgl. ADL, Las Vegas Review Journal). Im September letzten Jahres nahmen US-Behörden einen Soldaten in Kansas fest, der Bombenbauanleitungen verbreitete und in Chats über mögliche Ziele für Terroranschläge sprach. In Großbritannien fanden Ermittler bei einem 16-jährigen FKD-Mitglied Anleitungen für den Bau von Waffen und Bomben auf seinem Computer.
In Litauen hat ein FKD-Mitglied einen Sprengsatz vor ein Gebäude gelegt, auf das ein Hakenkreuz geschmiert wurde. Der Sprengsatz zündete allerdings nicht. Auf dem FKD-Kanal wird trotzdem gefeiert: „Unsere Drohungen sind nicht leer“ (vgl. Spiegel).
Was macht die „Feuerkrieg Division“ in Deutschland?
Während der Aufruf zum „Rassenkrieg“ stets Inhalt der FKD-Aktivitäten ist, ist ihr vornehmliches Wirken bisher online zu sehen – durch Vernetzung und Postings – und offline in Flyer-Aktionen.
Das Montitoring von „De:Hate“ der Amadeu Antonio Stiftung beobachtet die Online-Aktivitäten der Gruppe intensiver seit August 2019.
Hier eine Auswahl ihrer Aktivitäten mit deutschen Bezug:
– ACHTUNG, expliziter Inhalt –
Schon auf ihrem mittlerweilen gelöschten „Gab.ai“-Account (die rechtsextreme „Twitter“-Alternative) erwähnt der Kanal „Feuerkrieg Division Official“ am 13. Juni 2019 eine “German cell”.
Ab Juli 2019 gab es dann einen Telegram-Kanal der „Feuerkrieg Division“. Der erste Post bezieht sich bereits programmatisch auf den Nationalsozialismus und den Attentäter von Utoya und kündigt unter Blutspritzer-Optik „Aktivismus“ an.
Am 21. August 2019 ruft FKD auf ihrem Telegram-Kanal dazu auf, sich der deutsche Gruppe anzuschließen, mit explizit positiver Bezugnahme auf den Nationalsozialismus, die Ermordung Walter Lübckes und das Attentat von Christchurch, bei dem 51 Menschen ermordet wurden.
Dazu posten der Kanal FKD am 22. August 2019 insgesamt 8 Bilder, wie ihre Poster in Deutschland aufgehängt worden sind. Hier ein antisemitisches Motiv an einer Bushaltestelle.
Und: rechtsextreme, rassistische, antisemitisch und gewaltverherrlichende Motive unter einer Unterführung.
Am 12. September 2019 posten sie eine Graffiti, das aus Deutschland sei. “Siege” ist das Buch, auf das sich Atomwaffen und Feuerkrieg berufen.
So werden die Hass-Inhalte von James Mason noch gefeiert im Kanal:
Am 16. Oktober 2019 wieder ein Graffiti, das aus Deutschland sei – wenig kunstvoll über ein bestehendes Graffito geschmiert.
Am 28. Oktober 2019 eine weitere Schmiererei mit Hakenkreuzen:
Es gibt immer wieder deutschen Inhalt im FKD-Kanal, der grundsätzlich auf Englisch bespielt wird:
Auch aktuelle deutsche Themen werden bearbeitet. Hier wird ein Foto geteilt , das angeblich den Jungen zeigen soll, der von einem psychisch kranken Geflüchteten in Frankfurt am Main vor einen Zug gestoßen wurde (die Desinformation über den Jungen ist in der rechtsalternativen Szene beliebt, widerlegt von Correctiv).
Am 28. Oktober 2019 postet der Kanal flüchtlingsfeindliche und rassistische Bilder aus Wien:
Die Bild- und Textbeiträge der „Feuerkrieg Division“ sind wirklich sehr eindeutig antisemitisch, terroraffin, rassistisch und NS-verherrlichend. Hier nur eine kleine Auswahl (wirklich expliziter Inhalt)
In dem Telegram-Kanal vernetzten sich aber auch FKD-Mitglieder und Sympathisanten aus vielen Teilen der Welt. Zum Repertoire gehören dort auch Gewaltaufrufe.
Kanäle mit Anleitungen für Waffen zum Selbstbauen werden geteilt.
Auch das Video des Attentäters von Halle fand hier Zuschauer*innen.
Offiziell hat „Feuerkrieg Division“ zum 08. Februar 2020 die Auflösung der Gruppe verkündet. Das heißt nichts anderes, als dass die rechtsterroraffinen NS-Fans unter anderem Namen und Zusammenschlüssen weitermachen werden.
Messengerdienste wie Telegram sind übrigens aus den aktuellen NetzDG-Verschärfungsvorschlägen weiterhin ausgenommen, obwohl etwa all die gezeigten Inhalte, weil in Kanälen gepostet, im Browser offen zugänglich sind. Telegram geht bisher nur gegen islamistische Terrorinhalte vor. In den vergangenen Tagen wurden auch rechtsextreme Kanäle gesperrt – weil sie islamistische Inhalte geteilt hatten.