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Fridays for Future Wie deutsche Rechtsradikale in einem russischen Netzwerk gegen Kinder hetzen

„Gleich in die Fresse schlagen“, „Fenster auf eins in die Fresse bis es das Deutschlandlied singt“ (sic!), „In Jena iat so ein linker Punk-Anschaum Anfang der 2000er viergeteilt in Schweinetrögen verschwunden“ (sic!) – Solche und ähnliche Kommentare sind im sozialen Netzwerk VK zu lesen. Sie richten sich gegen den Anmelder der Fridays-for Future-Demo der sächsischen Stadt, einen 17-jährigen Schüler. Mittlerweile ermittelt die Polizei. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei rechtsradikale Politiker, einer davon gehört zur Rechstaußen-Splitterpartei ADPM, die von André Poggenburg gegründet wurde.

 
(Quelle: Unsplash)

Mehrere Videos wurden im Netzwerk VK von einem Account namens „Schluss Mitlustigtv“ hochgeladen. Zu sehen ist dabei der Demonstrationszug von Fridays for Future in Zwickau. Aufgenommen wurden die Videos offenbar aus einem Auto. Schon die Aufnahme strotzt nur so von Beleidigungen durch den Filmer und eine weitere Person. Laut Informationen der „Freien Presse“ handelt es sich dabei um Benjamin Przybylla und um Torsten Graßlaub.

Przybylla gründete zusammen mit André Poggenburg Anfang 2019 die Kleinstpartei „Aufbruch deutscher Patrioten Mitteldeutschland“ (ADP oder auch ADPM). Poggenburg war zusammen mit Egbert Ermer Vorsitzender der Partei. Mitte August 2019 wollten die beiden offenbar die Partei schon wieder auflösen und stattdessen die AfD unterstützen. Dabei machten die restlichen Mitglieder allerdings nicht mit. Poggenburg und Ermer traten daraufhin aus. Bei den Landtagswahlen in Sachsen erhielt die Partei 0,2 Prozent der Stimmen. Am 24.09. teilte die Partei mit, dass Przybylla der neue Vorsitzende sei.

Graßlaub trat für die Wählervereinigung „Zukunft Zwickau“ bei den Kommunalwahlen im Mai 2019 an. Die Initiative erhielt 2,8 Prozent der Stimmen.

Bei demokratischen Wahlen sind die Rechtsaußen-Aktivisten offensichtlich nicht besonders erfolgreich. Umso besser scheint es allerdings mit Hetze und Hass zu funktionieren. Unter anderem teilt eine Seite namens „Zwickau Wehrt-Sich“ die Videos und die Bilder, darunter auch ein Bild des 17-jährigen Fridays-for-Future-Organisators Jakob Springfeld. Auf das Bild montiert eine Sprechblase: „Fährst Du Diesel, du Nazi?“.

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Besonders betroffen machen dabei die Kommentare unter dem Bild und den Videos. Unter Klarnamen posten User*innen komplett ungefilterte Drohungen und Gewaltfantasien. Die Aktivist*innen werden als „Maden“ oder „geistiger Restmüll“ bezeichnet. Gegen sie soll Pfefferspray eingesetzt werden, sie sollen zusammengeschlagen oder aufgehängt oder anders ermordet werden.

Solche Drohungen und Beleidigungen sind in jedem Fall inakzeptabel, wenn sie allerdings Minderjährige treffen, deren Bilder dazu veröffentlich werden, ist der (vorläufige) Gipfel der Niedertracht erreicht.

Die russische Plattform vk – oder vKontakte – ist ein soziales Netzwerk mit etwa 500 Millionen Nutzer*innen. Es ist die beliebteste Website in Russland und die zwölftbeliebteste Seite der Welt. Laut dem Branchendienst Alexa, kommen 60 Prozent der Nutzer*innen aus Russland. Auf Platz zwei steht direkt Deutschland, allerdings nur noch mit 5,6 Prozent.

Die große Mehrheit der Nutzer*innen benutzt vk wie Facebook oder andere soziale Netzwerke. Man bleibt mit Freund*innen, Bekannten, Arbeitskolleg*innen oder der Familie in Kontakt. Videos oder GIFs werden gepostet, Menschen schreiben über ihre Erlebnisse. Aber gerade in Zeiten des NetzDGs – also der Verpflichtung der großen sozialen Netzwerke in Deutschland, stärker gegen Hass und Hetze vorzugehen – braucht es offenbar eine Zuflucht für Menschenfeindlichkeit. Das Netzwerk ist nicht von dem deutschen Gesetz betroffen und steht ohnehin im Ruf, wenig oder gar nichts zu löschen. Also ein sicherer Hafen, für Nutzer*innen, die Minderjährige als „Pissetrinker“ bezeichnen oder sie hinter ihrem Auto herschleifen wollen.
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