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Rechte Gewalt Drei Tote und im Durchschnitt mindestens fünf Angriffe täglich – in acht Bundesländern

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Rechte Gewalttaten sind „Botschaftstaten“: Sie treffen nicht nur die Opfer, sondern sind auch ein Angriff auf die Gruppe, für die die Opfer stehen. (Quelle: picture alliance / Frank Ma)

Der Verband für Beratungsstellen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V. (VBRG) dokumentiert für 2019 „ein hohes Niveau von rechten Gewalttaten in den fünf ostdeutschen Bundesländern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein“. Der Zusammenschluss von landesspezifischen unabhängigen Beratungsstellen deckt lediglich die Hälfte aller Bundesländer ab. Für die restlichen acht gibt es derzeit kein unabhängiges Monitoring, das in die Statistik einfließt. Somit stehen die Zahlen der VBRG nur für eine Tendenz der gesamtdeutschen Lage – die Dunkelziffer nicht eingerechnet.

Im Durchschnitt fünf Angriffe pro Tag – vermehrt Kinder und Jugendliche betroffen

In der Gesamtzahl von 1.347 registrierten rechten, rassistischen und antisemitischen Angriffen stieg der Anteil der direkt betroffenen Kinder und Jugendlichen um 14 Prozent. Die Zahlen spiegeln die traurige Realität und Gefahr für von Rassismus betroffene Menschen in Deutschland wider: Pro Tag werden mindestens fünf Menschen Opfer dieser Angriffe. Nicht nur die Gewalt und Angst davor prägt den Alltag, sondern auch die tödliche Gefahr, die zur Konsequenz rassistischer und antisemitischer Ideologien wird. Judith Porath vom VBRG e.V. erinnert an den Mord an Walter Lübcke in Kassel sowie Jana L. und Kevin S. in Halle. Hanau mit zehn Toten wird sich 2020 in die Statistik einreihen.

Zweidrittel der Angriffe aus rassistischen Motiven

Zwar sind die registrierten Angriffe in den ostdeutschen Bundesländern um bis zu zehn Prozent zurückgegangen, zeugen aber dennoch von einem hohen Niveau. Im Gegenzug weist Berlin eine steigende Tendenz mit einem starken Zuwachs von mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf. Was gleich bleibt, sind die Tatmotive: Zweidrittel der Angriffe unterliegen einem rassistischen Motiv, über 15 Prozent richten sich gegen (vermeintlich) politische Gegner*innen.

Erst rassistischer Angriff, dann fehlende staatliche Hilfe

Initiativen sowie zivile Opferverbände sehen das Problem nicht nur in der weiteren Verfestigung rassistischer Zustände in der Gesellschaft, sondern auch in fehlender staatlicher Unterstützung. Laut Judith Porath stehen „die Angegriffenen buchstäblich vor den Trümmern ihrer Existenz, ohne dass staatliche Unterstützung existiert“. Daher fordert ein Zusammenschluss bestehend aus 50 demokratischen Verbänden in einem Offenen Brief von der Bundesjustizministerin Christine Lambrecht das Aufbringen staatlicher Entschädigungsleistungen für die Betroffenen. „Die Hinterbliebenen und Überlebenden rassistischer, antisemitischer und rechter Gewalt benötigen dringend materielle Solidarität statt Sonntagsreden“, erklärt Porath.

Proteste gegen Covid19-Maßnahmen als Brandherd für Antisemitismus und Rassismus

Außerdem gibt der VBRG e.V. einen bedenklichen Ausblick auf die Entwicklungen der Gegenwart und die der Zukunft. Nicht nur die starken Abweichungen zwischen offizieller Bundesstatistik, die bereits 2018 deutlich unter den Zahlen des VBRG lag, und den registrierten Zahlen der Beratungsstellen sind bedenklich, sondern auch die aktuellen Geschehnisse im Rahmen der Proteste um die Covid19-Maßnahmen. Der Verein weist auf die enorme Zunahme antisemitischer Verschwörungserzählungen hin und die daraus entstehenden Konsequenzen. Laut dem Politikwissenschaftler Gideon Botsch der Universität Potsdam tritt der „dauernd latent vorhandene Antisemitismus hinter dem Verschwörungsdenken nun offen zutage“.

 

Das Monitoring des VBRG e.V. und der einzelnen Beratungsstellen findet sich hier.

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