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Stendal Mann in Ku-Klux-Klan-Outfit schießt auf Aktivisten

Am Abend des 18. Juni 2021 hat ein unbekannter Mann am Bahnhof in Seehausen, im Landkreis Stendal mit einer Softairwaffe oder einem Paintballgewehr auf mehrere Menschen geschossen. Zwei Personen wurden verletzt, eine davon ist ein 13-jähriger Junge. Der Täter trug eine Ku-Klux-Klan-Kutte.

 
Klanitglieder in den USA mit einem brennenden Kreuz. Das Foto wurde vermutlich im Januar 1958 in North Carolina aufgenommen. (Quelle: Gemeinfrei)

Der Bahnhof in Seehausen ist das Hauptquartier von Aktivist:innen, die sich gegen den Weiterbau der A14 durch die Altmark einsetzen. In der Nähe, im Losser Forst, haben sie Baumhäuser errichtet, um gegen das Bauprojekt zu demonstrieren. Am Freitagabend fand im Bahnhof ein Informationstreffen für Bürger:innen statt. Nachdem das Treffen beendet war, saßen einige Aktivist:innen und Bürger:innen hinter dem Bahnhof. Gegen 21:50 Uhr kommt ein Mann aus der Unterführung auf den Bahnsteig gegenüber des Bahnhofgebäudes und fängt sofort an, auf die Personen am Bahnhof zu schießen. Dabei trägt er eine Kutte des Ku-Kux-Klans. In einem Video das offenbar von einem Sympathisanten des Täters aufgenommen wurde, ist die Szene festgehalten. Der Filmer beschimpft darin die Opfer. Das Video ist im folgenden Tweet eingebunden und zeigt Gewalt und Beschimpfungen.

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Der Mann nutzte für seine Tat eine Softairwaffe oder ein Paintballgewehr. Zwei Menschen wurden verletzt. Ein 20-jähriger Mann aus Arendsee wurde am Arm getroffen. Ein 13-jähriger Junge, der zufällig vor Ort war, wurde ebenfalls durch die Schüsse verletzt. Der Täter konnte fliehen, und soll in einem dunkelblauen PKW verschwunden sein. Die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz.

Der Ku-Klux-Klan ist eine rassistische, protestantische Terrororganisation, die bereits 1865 in den USA gegründet wurde. Die Gruppierung griff immer wieder Schwarze Menschen, sowie Weiße an, die sich für Gelichberechtigung einsetzten. 1871 wurde die Organisation zunächst offiziell aufgelöst, die Gewalt ging jedoch weiter. 1915 gründete sich der Klan neu. Ihre Ziele änderten sich nicht. Wieder kam es zu Angriffen auf schwarze Amerikaner:innen, die Terrororganisation richteten sich aber auch gegen Juden und Jüdinnen und Katholik:innen. Der Klan bezeichnet sich als Geheimorganisation, die Mitglieder tragen weiße Kutten mit spitzen Hauben und geben sich Fantasietitel. Zu ihren Ritualen gehören Kreuzverbrennungen. Immer wieder wurden Menschen ermordet. Wieviele genau, weiß man bis heute nicht. In Montgomery im US-Bundesstaat Alabama erinnert ein Gedenkort des Southern Poverty Law Centers (SPLC) an 40 Opfer der Bürgerrechtsbewegung. Nur wenige ihrer Mörder wurden gefasst und vor Gericht gestellt. Forscher:innen vermuten, dass viele von ihnen zum Klan gehörten.

Bis heute ist der Ku-Klux-Klan in den USA aktiv, ihm wird aber weniger Einfluss und Macht zugeschrieben, als es noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war. Das SPLC stellt fest, dass die Gruppierung, obwohl sie mit martialischen Selbstinszenierungen wie brennenden Kreuzen und Aufmärschen in Kutten, oft die Aufmerksamkeit der Medien auf sich ziehen kann, stark zersplittert ist und aus Kleingruppen besteht, die wenig Wirkmächtigkeit entfalten können. Trotzdem scheint die Bewegung jedoch wieder langsam zu wachsen. 2015 zählte das SPLC 190 Gruppierungen in den USA, die zum Klan gehören. Thematisch hat sich die Terrororganisation diversifiziert und steht jetzt nicht nur mehr gegen schwarze Amerikaner:innen, Bürgerrechtler:innen, Juden:Jüdinnen und Katholik:innen, sondern mittlerweile auch gegen Muslim:innen, die LGBTQI*-Community und Migrant:innen. Ein bekannter Anführer der Bewegung ist David Duke, der zwischen 1989 und 1992 als Abgeordneter im Parlament von Louisiana saß.

Auch in Deutschland hat der Ku-Klux-Klan eine lange Geschichte. Bereits 1920 gründete sich ein Ableger namens „Ritter zum feurigen Kreuz“, der 1930 wieder aufgelöst wurde. Danach gründeten sich immer wieder kleine Gruppen, die sich auf die Ideologie der Terrororganisation bezogen. Mitte der 1990er Jahre verbrannten etwa 20 Neonazis in der Nähe von Jena mehrere Kreuze. Zu der Gruppe gehörten auch die späteren NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe, sowie der NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben. 2012 wurde bekannt, dass zwei Kollegen der vom NSU ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter Mitglieder des „European White Knights Ku Klux Klan“ waren.

Im Januar 2019 fanden in ganz Deutschland Razzien gegen 17 Personen statt, die zu einer Vereinigung namens „National Social Knights of the Ku-Klux-Klan Deutschland“ gehören sollen. Die Gruppierung soll mehr als 40 Mitglieder haben. Gefunden wurden mehr als hundert Waffen, darunter Messer und Macheten, aber auch Schreckschuss- und Softairwaffen, wie sie jetzt vermutlich auch in Seehausen verwendet wurden. Immer wieder registrieren die Behörden in Deutschland Straftaten mit Bezug zum Klan. Zwischen 2018 und den Razzien 2019 sollen es mehr als ein Dutzend gewesen sein.

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