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Vorsicht Internet SuperExtreme – YouTuber, Männerrechtler, Lehramtsstudent

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Misogynie auf YouTube: "SuperExtreme" hat nur toxische Tipps auf Lager (Quelle: Screenshot)

Felix F. (Name ist der Redaktion bekannt) hat einen YouTube-Kanal. Auf diesem ist er ein fleißiger Content Creator. Sage und schreibe 580 Videos hat er von 2017 bis heute auf YouTube hochgeladen. Laut Biografie geht es um Folgendes: „Herzlich Willkommen auf meinem Kanal zu Gesellschaftskritik, Persönlichkeitsentwicklung, Psychologie, Borderline, Dating, Kryptowährungen und vielem mehr!“ Felix F., nach eigenen Angaben gebürtiger Schwabe und heute 28 oder 29 Jahre alt, spricht am liebsten über Männer und Frauen. Also, vor allem darüber, wie Männer und Frauen zusammenleben sollen.

Dabei kommt er zu dem Schluss, dass Männer sehr viel besser seien als Frauen. Also zumindest intelligenter, stabiler und mit mehr Durchblick, und deshalb müssten Männer Frauen dominieren. Auf keinen Fall dürften sie ihnen hinterherlaufen, „denn dann werden die Frauen ja noch verzogener und noch arroganter.“ (Video 27.02.2023) Das klingt nach einem nicht sehr gleichwertigen Beziehungsbild? Ja, korrekt. Beziehungen, sagt F., sind wie Tanzen: „Der Mann soll führen, und die Frau soll folgen.“ (Video 23.02.2023) Das sei aber nicht etwa toxisch, wie „Feministinnen“ immer meinen würden: „Es geht hier nur um eine natürliche Dominanz des Mannes.“ Willkommen im vorigen Jahrhundert.

Von angeblicher Borderline-Beziehung zum Männerrechtler

Wie kommt der Mann dazu, so einen frauenfeindlichen Unfug auf YouTube zu stellen, der aber auch sicher dazu führt, dass jeder, der die Tipps beherzigt, eher keine Beziehung finden wird? Nach F.s eigenen Angaben war seine Eintrittskarte in die Manosphere das Beziehungsende mit einer „Borderlinerin“, das er im Internet beklagte – und dabei auf andere Menschen, vor allem Männer, traf, die ein ähnliches Schicksal ereilt hatte: Eine Trennung, für die sie die Schuld gern komplett auf die Partnerin schieben würden.

In der Welt der Männerrechtler lassen sich Ruhm und Geld verdienen mit der Unfähigkeit, eine Beziehung zu führen. Immerhin rund 6.000 Menschen haben den Kanal auf YouTube abonniert, wollen solche Videos also sehen. F. beantwortet auch Zuschauereinsendungen. Wer 55 Euro zahlt, dessen Anliegen wird priorisiert, schreibt er auf seiner Zuschauerfragen-Website auf dem Hostingdienst „Wix.com“ (kein Scherz). Weil er Angst davor hat, auf YouTube gesperrt zu werden, veröffentlicht er auch auf der „alternativen“ Videoplattform Odyssee, dort auch „unzensiert“. Das sehen aber nur noch rund 300 Menschen.

Und in der Pandemie: Demokratiefeindliche Verschwörungsnarrative

Dazu betreibt Felix F. ein Twitter-Profil (Bio: „Youtuber für Lebensberatung und Unterhaltung“) mit 50 Followern. Hier klingt er wie ein rechtsalternativer Bot. Der Männerrechtler ist in der Pandemie offenbar auch zum Pandemiemaßnahmenkritiker geworden – inklusive Diktatur-Narrativen und Pressefeindlichkeit.

  • „Sofortiges Ende aller Corona Maßnahmen jetzt und für alle Zeit!“ (Juni 2022)
  • „In Deutschland herrscht eine #Meinungsdiktatur.“ (Juni 2022)
  • „In den #Mainstreammedien kommt nur noch propagandistischer und ideologischer Quatsch. Es ist Gehirnwäsche.“ (Juni 2022)
  • „Es gibt keinen #GenderPayGap. Der Gender Pay Gap ist ein Mythos! Der bereinigte Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern beträgt gerade mal 2-5%. Diese letzten 2-5% sind dadurch erklärbar, dass Männer in Gehaltsverhandlungen unnachgiebiger vorgehen.“
  • „Sofortiges Ende der #GEZ #Zwangsgebühren!“
  • „Die #Impfung schützt nicht, hat sie auch noch nie. Es ging nur darum, sie unter die Menschen zu bringen. Freut euch schon auf die zu erwartenden #Impfschäden…“
  • „Es gibt nur genau !2! Geschlechter, nicht mehr, nicht weniger. #Genderwahnsinn“
  • „#Feminismus ist der größte BS auf Erden.“ (BS = Bullshit).

Außerdem hat Felix F. noch diverse weitere Social-Media-Outlets, u.a. einen Telegram-Kanal und eine Telegram-Austauschgruppe, aber da ist seit Herbst 2022 nicht mehr viel los, und einen offenbar bereits einmal gelöschten TikTok-Kanal. Auf all diesen Media-Outlets heißt Felix F. allerdings nicht Felix F., sondern „SuperExtreme“. Warum? Das begründet er so (Video vom 22.10.2018): Er hoffe, dass seine Videos eine superextrem starke Wirkung auf den Zuschauer haben sollen, die seinen Kanal anschauen. Dass sie sich bestätigt fühlen sollen in ihren Ansichten, über die niemand sonst spreche. Was sind das für Ansichten?

Der YouTube-Kanal von „SuperExtreme“ aka „Der Gesellschaftskritiker“

Gewalt gegen Frauen als Mittel für „Respekt“

Wer sich tiefer in Felix F.s alias SuperExtremes misogynes Männerrechtler-„Oeuvre“ hineinbegibt, findet schnell Videos, die belegen sollen, dass Frauen minderwertiger seien als Männer, weniger intelligent und viel zu emotional, weshalb Männer sie dominieren sollten – und zwar auch mit Gewalt. Im Alltag. Als „Lektion“. Wozu er auch alle anderen Männer aufruft.

Was er sich darunter vorstellt, wird etwa in einem Video vom 09. Januar 2023 illustriert. F. berichtet, er habe eine Frau „ausgeknockt“, die ihm „respektloserweise“ auf der Straße auf einem Bürgersteig nicht ausweichen wollte: „Dabei war ich die Yacht, sie das Fischerboot, man weiß, wie das ausgeht, wenn das Fischerboot auf eine Yacht zukommt.“ Sie sei „gegen seine Schulter“ gelaufen, die nicht „weich wie ein Wattebäuschchen“ sei, sondern „hart wie eine Mauer“ (sicher), und dann „lag sie ausgeknockt am Boden.“ Und er freute sich, „dass sie das sicher nie wieder machen wird.“ Weil er „seinen Mann gestanden habe“. Weil ausweichen, das wäre „weiblich“ gewesen, und dann hätte sie gedacht: „Was für ein Lappen“ (oder vielleicht: Netter Typ, der mir Platz macht, aber nicht in der Welt von Felix F.).

Felix F. geht also mit Gewalt gegen eine Frau vor, die ihm entgegenkommt, und begründet es damit: Frauen brauchten es, von Männern Lektionen erteilt zu bekommen. Ein anderes Mal habe er mit falsch sitzender Maske im Bus gestanden, deshalb habe ihn eine Frau böse angeguckt. Aber die habe nicht nur geguckt, die habe gestarrt, und daraufhin hat er angefangen, sie körperlich zu bedrängen, sich eng an sie zu stellen, und wenn sie an eine andere Stelle des Busses ging, sie zu verfolgen, bis er deutlich ihre Angst spürte: „Sie war dann auch komplett eingeschüchtert. Dann dachte ich: Es reicht. Jetzt hat sie es verstanden.“

Und der Mann will Mathelehrer und Schulpsychologe werden

Es ist unangenehm, dass sich rund 6.000 Menschen für diese Inhalte interessieren, sich die Tipps eines dahergelaufenen Menschen aus dem Internet anhören und ansehen, um zu lernen, wie sie Frauen belästigen oder attackieren können – auch wenn F. damit kein „großer“ YouTuber ist. Was allerdings wirklich besorgniserregend ist: Felix F. studiert Mathematik und Schulpsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, ist also Lehramtsanwärter. Er will mit diesen Einstellungen auf Kinder losgelassen werden: Dass Männer wertvoller sind als Frauen und dominieren sollen, auch mit körperlicher und psychischer Bedrängnis, mit Gewalt. Und seit der Pandemie offenbar auch mit der Einstellung, dass die Demokratie am Ende sei, dass Politik und Presse lögen, und man niemand mehr vertrauen könne außer selbsternannten „Gesellschaftskritikern“ im Internet. Ja, Felix F. ist sich seiner Sache so sicher, dass er seiner Menschenfeindlichkeit und Demokratiefeindlichkeit online freien Lauf lässt. Der Lehramtsanwärter offenbart damit Weltsichten, vor denen Pädagog*innen Kinder schützen sollten, statt sie ihnen beizubringen.

Schon etwas ältere Selbstbeschreitung auf YTForum

Einstieg: Schach auf YouTube

In anderen Videos zeigt sich, dass F. bereits mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat. Er gibt nach eigenen Angaben Mathe-Nachhilfe und ist Schachlehrer. Diese andere Seite von Felix F. zeigt ein weiterer YouTube-Kanal. Denn F. ist nicht nur „SuperExtreme“ und „Der Gesellschaftskritiker“ – sondern auch „Ledator“. Als „Ledator“ ist er ein Schachlehrer, der auf YouTube Schachspiel und Schachstrategien erklärt. So hat er nach eigenen Angaben in einem Interview mit „Schachtraining.de“ auch mit YouTube angefangen. Offenbar hat es ihm nicht gutgetan.

Trotz aller Männlichkeit und angeblichem Mut, traut sich Felix F. allerdings nicht, seinen misogynen Hass unter Klarnamen zu verbreiten. Auch die Schachvideos sind unter Pseudonym veröffentlicht. Den Klarnamen offeriert aber erst eine Schwurblerseite, auf deren Netzwerk sich Felix F. vorstellt und über sich schreibt: „Youtuber, Coach, Schachtrainer und Gesellschaftskritker. Die korrupten und schädigenden Coronamaßnahmen müssen mit sofortiger Wirkung abgeschafft werden! Alle Lobbyisten, die andere zur Impfung drängen oder gar zwingen, müssen zur Rechenschaft gezogen werden! Gegen Zensur, Tyrannei und Zwang! Für Freiheit!“ Zu diesen demokratiefeindlichen Inhalten scheint er erst in der Pandemie gekommen zu sein – den Frauenhass und die misogynen Beziehungstipps gab es aber schon zuvor. Möge er nicht die Chance bekommen, sein menschenverachtendes Weltbild an Schüler*innen weiterzugeben.

 

Klarname und Belege zu allen Fakten im Text liegen der Redaktion vor. Wir haben uns entschieden, den Klarnamen nicht zu veröffentlichen, weil er nicht einzigartig in Deutschland ist und sonst andere Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, die nicht der genannte Misogynist „SuperExtreme“ sind.

 

Vielen Dank für Recherche-Unterstützung an Nella (Twitter @n3ll41)!

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