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Elon Musk CEO of Radikalisierung

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Ein nachdenklicher Elon Musk. (Quelle: Flickr Daniel Oberhaus 2018 / CC BY 2.0)

„Soros hates Humanity“ („Soros hasst die Menschheit“) twittert Elon Musk am 16. Mai, nachdem er den jüdischen Philanthropen, der den Holocaust überlebte, mit dem jüdischen Bösewicht „Magneto“ aus der X-Man Reihe verglichen hatte. Soros wolle die Zivilisation ausrotten, holt Musk weiter aus. Die rechte Twitter-Bubble applaudiert. Denn dass George Soros das personifizierte Böse sei, da sind sich Antisemit*innen international und szeneübergreifend einig. Es ist nicht das erste Mal, dass Musk verschwörungsideologische Inhalte auf Twitter postet. Seinem Antisemitismus lässt er mit dem Soros-Tweet freien Lauf. Er knüpft nahtlos an die antisemitischen „Protokolle der Weisen von Zion“ an: Soros sei Teil einer vermeintlichen „Jüdischen Weltverschwörung“. Musk ist nicht mehr nur der reiche Mann aus dem Internet, der E-Autos erfindet, sondern er scheint sich immer weiter zu radikalisieren. Seine jüngsten antisemitischen Ergüsse sind als Zäsur zu betrachten. Den Tweet postete der CEO nur wenige Tage, nachdem Soros bekannt gegeben hatte, seine Tesla Aktien verkauft zu haben.

In einem Interview mit CNBC wird Musk gefragt, wieso er solche Tweets wie den über George Soros schreiben würde, obwohl Werbepartner*innen dadurch abgeschreckt werden. Musk gibt sich unbeeindruckt, stoisch. Er sage, was er wolle, ob er dabei Geld verliere, sei ihm egal. Damit inszeniert er sich als Märtyrer für eine „Freedom of Speech“, die sich einer vermeintlichen Unterdrückung durch progressive Stimmen entzieht. Doch es geht um mehr als vermeintliche Meinungsfreiheit. Im selben Interview leugnet Musk erneut das „White Supremacy“-Motiv des Attentäters von Allen, Texas, der am 7. Mai acht Menschen tötete.  Der Milliardär greift die Rechercheplattform Bellingcat an, die mit einer Recherche die rechtsextreme Gesinnung des Attentäters bestätigt hatte. Bellingcat würde Musk zufolge „Psy-Ops“, also „Psychologische Kriegsführung“ betreiben. Damit bespielt er rechtsextreme Narrative.

In der Vergangenheit bespielte der CEO auf Twitter die Verschwörungsideologie des großen Austausches, interagierte mit namhaften Rechtsextremen und reichweitenstarken Qanon-Accounts. Auf Twitter folgen ihm 139 Millionen Menschen. Von vielen wird er immer noch als erfinderischer Tech-Gigant verehrt, ganz gleich seiner rechten Entgleisungen. Die rechtsextreme Szene feiert ihn unterdessen als Helden. Als Elon Musk Twitter übernahm, freuten sich Rechte aller Couleur. Elon Musks Definition von Meinungsfreiheit bedeutet nämlich, dass Hatespeech, menschenfeindliche Inhalte und die Verbreitung von Desinformationen ohne Konsequenzen bleiben sollen – auch, wenn dadurch Menschen aus dem Diskurs gedrängt werden. In einer seiner ersten Amtshandlung holte Musk den Ex-Präsidenten Donald Trump auf die Plattform zurück. Akteure aus dem Umfeld der „Unite the Right“ Ralley in Charlottesville, bei der eine Gegendemonstrantin getötet wurde, und bekannte Neonazis konnten unter Musk wieder auf Twitter aktiv werden.

Held oder „Marionette“?

Neuerdings fiel der Millionär jedoch bei seinen Fans in Ungnade. Er kündigt einen neuen Twitter-CEO an: die Werbeexpertin Linda Yaccarino. Sie war Teil einer Taskforce des Weltwirtschaftsforums. Das WEF ist in der Wahnvorstellung unter Verschwörungsideolog*innen eine der Brutstätten des Bösen. Auf dem jährlichen Weltwirtschaftstreffen in Davos würden „herrschende Eliten“ sich gegen die gesamte Menschheit verschwören. Klaus Schwab, Gründer des WEF, wird dabei zum Repräsentanten einer vermeintlich im geheimen agierenden WEF-Elite.  Als nun bekannt wurde, dass Elon Musk, den Verschwörungsideolog*innen bisher zum Helden stilisierten, seinen Vorsitz zukünftig an Yaccarino, eine Frau mit Bezügen zum verhassten WEF, abgibt, wandte sich seine Fanbase teils dramatisch von ihm ab.

Quelle: Twitter

Einige wittern hinter dem neuen Twitter CEO aber auch eine Verschwörung in der Verschwörung. Musk könne gezwungen worden sein, jemanden zum CEO zu ernennen, der in das vermeintliche Bild der „Globalisten-Marionetten“ passe.

Dushan Wegner schreibt für die rechtspopulistischen Medien „Die Achse des Guten“ und „Tichys Einblick“. Quelle: Twitter
Klaus Schwab, Gründer des WEF wird hier als Krake dargestellt, ein altes antisemitisches Bild. Quelle: Twitter

Antisemitismus verbindet

Seit Elon Musks jüngstem Angriff auf George Soros scheint das Verhältnis zu seinen Fans restauriert. In der Kommentarspalte werden die Verschwörungserzählungen um den 92-Jährigen Soros weitergesponnen. Beliebt ist vor allem die Lüge, dass Soros NS-Deutschland bei der Judenvernichtung geholfen hätte.

Hierzulande widmet David Berger den antisemitischen Ressentiments gegen George Soros einen ganzen Blogeintrag. Auf seinem rechtspopulistischen Blog „Philosophia Perennis“ schreibt Berger, dass es Elon Musk geschafft hätte, mit wenig Worten alles über George Soros zu sagen, was man über George Soros wissen müsse.

Es ist überhaupt nicht verwunderlich, dass sich seit Musks Twitter Übernahme antisemitische Posts mehr als verdoppelt haben. Das zeigt eine Studie des Institute for Strategic Dialogue (ISD).

 

Das Aufmacherbild wird unter der Creative Commons-Lizenz CC BY 2.0 veröffentlicht.

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