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 „Tage der Nationalen Bewegung 2“ Am Wochenende wollen Neonazis in Themar wieder „abhitlern“

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Neonazis 2017 in Themar

In Thüringen steht an diesem Wochenende das erste Rechtsrock-Großevent des Jahres der Region an, wieder in Themar. 2017 fand hier das größte Nazikonzert der vergangenen Jahre statt. 6.000 Neonazis überrannten damals die beschauliche 3.000-Einwohner Gemeinde. 

Dieses Jahr soll es anders laufen. Strengere Auflagen sollen das Wohlfühl-Erlebnis der Neonazis einschränken. So soll am Freitag auf dem Festival-Gelände nur Leichtbier ausgegeben werden und am Samstag soll ein komplettes Alkoholverbot gelten. 

Offiziell aus strategischen Gründen hat die Polizei darüber hinaus eine Tankstelle, direkt neben der Festival-Wiese angemietet. „Die Tankstelle ist das Hauptquartier der Polizei und zur Getränkeversorgung von Neonazis nicht zugänglich“, sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD). Die Tankstelle glich in der Vergangenheit bei Rechtsrock-Events auf eben jener Wiese einer „national befreiten Zone“ und wurde stets von Neonazis in Beschlag genommen, die sich hier mit Bier und Schnaps eindeckten. Wie viele Neonazis das von einer Teilnahme abhält, bleibt abzuwarten. 

Die Organisatoren: Schmidtke, Schröder und Frenck

Organisatoren des jetzigen Events sind Sebastian Schmidtke, Patrick Schröder und Tommy Frenck.

Der NPD-Mann: Schmidtke

Sebastian Schmidtke 2018 in Apolda

Der NPD-Mann Schmidtke versuchte sich bereits 2018 gemeinsam mit der Neonazi-Bruderschaft „Turonen“ als Rechtsrock-Veranstalter. Das Event in Apolda wurde für die Szene jedoch zum absoluten Reinfall. Schmidtke verantwortete auch das zweitägige Event „Tage der Nationalen Bewegung“ im letzten Jahr in Themar. 

Der Geschäftsmann: Tommy Frenck

Hoffentlich bleibt Tommy Frenck auf seinem Bier sitzen

Der umtriebige rechtsextreme Geschäftsmann und Gastwirt Tommy Frenck organisiert bereits seit einigen Jahren Rechtsrock-Veranstaltungen, so auch das Neonazi-Festival 2017 mit den 6.000 Besucher*innen. Ohne den gut vernetzten Neonazi Frenck ist das Veranstaltungsgrundstück am Ortsrand von Themar nicht zu bekommen; er hat das Gelände gepachtet, von einem ehemaligen AfD-Politiker. Der Veranstaltungsort ist nur wenige Kilometer von Frencks Gaststätte und Szenetreffpunkt „Goldener Löwen“ entfernt. Großspurig hat er bereits angekündigt, dass in seinem Lokal Bier verkauft werde. 

Der Umstrittene: Patrick Schröder

Patrick Schröder

Der dritte im Bunde, Patrick Schröder, ist mit seinem Klamotten-Label „Ansgar Aryan“ ebenfalls einer der bekannteste Unternehmer in der Neonazi-Szene. Indem er im Aktivismus ein Business sieht, bindet er das subkulturelle Spektrum in die extreme Rechte ein – durch Musik, Klamotten und Konzerte. Weil er sein Business als Strategie verkauft, ist er in der Szene umstritten. In einem Diss-Track bezichtigte der faschistische Rappers „MaKss Damage“ Schröder, sich nur an der Szene bereichern zu wollen und für den Verfassungsschutz zu arbeiten. Frenck äußerte sich nicht zum szeneinternen Streit. „Die erneute Zusammenarbeit bei den ‘Tagen der nationalen Bewegung‘ zeigt, dass der Szenestreit für die RechtsRock-Veranstalter wohl keine größeren Auswirkungen hat“, schreibt die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Thüringen, „mobit“.

Die „Combat 18“-Band „Oidoxie

Am Freitag soll unter anderem die Neonazi-Band „Oidoxie“ auftreten. Bekannt wurde „Oidoxie“ vor allem durch ihren Song „Terrormachine“. Mit Liedzeilen wie „Terrormachine, Combat 18, Hail to Combat 18“ bezieht sich die Band darin deutlich auf den bewaffneten Arm von „Blood & Honour“, das konspirativ und international wirkende „Combat 18“-Netzwerk. Auch die eigene Fangruppe und Security-Truppe der Band, die „Oidoxie Streetfighting Crew“, entwickelte sich in den letzten Jahren immer stärker in Richtung einer solchen „Combat 18“-Zelle. Mutmaßliche Anhänger der deutschen „Combat 18“-Zelle wurden im September 2017 an der deutsch-tschechischen Grenze von Spezialkräften der Polizei festgesetzt, nachdem diese zuvor in Tschechien Schießübungen absolviert hatte. Auch der Mörder von Walter Lübcke steht in Verdacht, Teil dieses Netzwerkes zu sein. 

Progressive Musik für den faschistischen Nachwuchs von „Übermensch“

Das faschistische Highlight am Samstag wird für einige wohl der Auftritt der Band „Übermensch“. Mit dieser Band soll eher ein jüngeres Rechtsrock-Publikum angesprochenen werden, denn die Band aus Mecklenburg-Vorpommern gibt sich im Vergleich zu Rechtsrock-Veteranen wie „Oidoxie“ progressiv und musikalisch versiert. Mit mehrdeutigen Texten und schweren Metal-Riffs gilt die Band in der Szene mittlerweile als populär. Dies dürfte aber auch an ihrem Sänger Frank Haack liegen, der auch in den Bands „Terrorsphära“, „H8Machine“ und „Phönix“ mitwirkt. Er gilt außerdem als Strippenzieher hinter dem Label „Leveler Records“, das die Veranstaltung unterstützt. 

Die Tickets: Einnahmen für die Szene

Auch „Tage der nationalen Bewegung 2“ ist wieder als politische Kundgebung angemeldet. Unter dem Deckmantel des Versammlungsrechts haben die Veranstalter nicht nur steuerrechtliche Vorteile, es erschwert auch Restriktionen gegen das Event. Hinweise auf Redner*innen finden sich auf der Website jedoch nicht. Der einzige Hinweis, um dem Eindruck eines kommerziellen Konzertes entgegenzuwirken, ist die Formulierung, dass man „keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt“. Die Ticketpreise lassen jedoch anderes vermuten. Eine Freitagskarte kostet 15 Euro, eine Samstagskarte 35 Euro und ein Kombiticket bekommt man für 45 Euro. Der Gewinn aus solchen Veranstaltungen wandert zum einen in die Taschen der Veranstalter, zum anderen fließt er zurück in die rechtsextreme Szene.

Proteste gegen das Neonazi-Festival in Sicht- und Hörweite

Doch gegen dieses zutiefst rassistische, antisemitische und menschenverachtende Event wird es auch Protest geben. Das „Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit Kloster Veßra“ wird nicht müde, wieder ein starkes und deutliches Zeichen gegen nationalistische, rassistische und demokratiefeindliche Botschaften und Aktivitäten in Themar zu setzen. 

Unter dem Motto „Themar bleibt bunt – Kein Platz für Nazis!“  wird es am Samstag ab 10.30 am Ortsausgang Themar ein friedliches Demokratiefest mit Musik, Informationsständen, Filmvorführungen, Redebeiträgen aus Zivilgesellschaft und Politik sowie Mitmach-Aktionen und Angeboten für Kinder geben. Die Anreise ist ausschließlich aus Richtung Meiningen (B89) möglich. Die Veranstaltung findet in direkter Nähe zum Neonazi-Event statt. 

 

Weitere Informationen zur Veranstaltung von „mobit“

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