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Urteil gefallen Rechtsterrorist Franco A. muss hinter Gitter

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Der Angeklagte: Franco A., ein Bundeswehroffizier mit Waffen und einer fiktiven Identität als syrischer Geflüchtete.
Der Angeklagte: Franco A., ein Bundeswehroffizier mit Waffen und einer fiktiven Identität als syrischer Geflüchtete. (Quelle: picture alliance/dpa/dpa Pool/Boris Roessler)

Es war der größte Rechtsextremismus-Skandal in der Geschichte der Bundeswehr: Der Bundeswehrsoldat Franco A. soll eine schwere staatsgefährdende Straftat geplant haben. Nun ist das Urteil gefallen. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt hat den früheren Bundeswehroffizier Franco A. schuldig gesprochen. Der 33-Jährige muss für fünf Jahre und sechs Monate in Haft; drei Monate gelten bereits als abgegolten. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten vorgeworfen, aus rechtsextremistischer Gesinnung heraus einen Anschlag geplant zu haben. 

„Der Angeklagte ist schuldig der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“, sagte der Vorsitzende Richter des Staatsschutzsenats, Christoph Koller bei der Urteilsverkündung laut Spiegel Online. Franco A. habe ein „seit Jahren verfestigtes rechtsextremes und völkisch-nationalistisches“ Weltbild, sagte Koller weiter. Für die von ihm wahrgenommene „Zersetzung der deutschen Nation“ habe er Politiker*innen und Menschen des öffentlichen Lebens verantwortlich gemacht, die er als flüchtlingsfreundlich empfunden habe. 

14 Monate hat das Oberlandesgericht Frankfurt gegen Franco A. verhandelt. Der Vorwurf: Der Bundeswehroffizier soll einen Anschlag geplant haben. Franco A. war im Februar 2017 erstmals festgenommen worden, als er eine Schusswaffe aus einem Versteck im Wiener Flughafen holte – er kam jedoch schnell wieder auf freien Fuß. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass der Oberleutnant seit Dezember 2015 ein Doppelleben als syrischer Asylbewerber führte und bereits bei der Bundeswehr mit einer eindeutig rassistischen, von nationalsozialistischer Ideologie durchtränkten Masterarbeit aufgefallen war, jedoch ohne Konsequenzen. Der Rechtsterrorist hatte eine „Todesliste“ angelegt, auf der unter anderem die Grünen-Politikerin Claudia Roth, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, als auch Anetta Kahane, die ehemalige Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, zu finden sind. Er hatte sogar Lageskizzen des Stiftungsgebäudes angefertigt und die Tiefgarage unterhalb der Stiftungsbüros ausgekundschaftet.

„Franco A. hatte Anschläge auf die Amadeu Antonio Stiftung und ihre Gründerin Anetta Kahane geplant“, ist sich Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung sicher. „Angst und Schrecken durch Bedrohung und Gewalt zu verbreiten und Menschen einzuschüchtern – das ist Terror. Und Rechtsterroristen gehören hinter Gitter.“ Reinfrank begrüßt das Urteil des OLG Frankfurt.

Auch Anetta Kahane, Gründerin der Amadeu Antonio Stiftung, bewertet das Urteil positiv. Sie kritisiert hingegen den Umgang der Behörden mit Betroffenen. Der gesamte Komplex um Franco A. hat gezeigt, dass noch viel Luft nach oben ist, wenn es um den Schutz von Personen aus der Zivilgesellschaft geht, die nicht durch staatliche Institutionen geschützt sind.“ Sie selber habe erst durch die Medien erfahren, dass sie offenbar konkret von den Anschlagsplänen von Franco A. betroffen war. Und auch ihr Versuc,,h als Nebenklägerin beim Prozess zugelassen zu werden, scheiterte. Personen aus der Zivilgesellschaft müssen immer wieder selber für ihren Schutz sorgen, ohne Hilfe zu bekommen. Ich finde es unmöglich, dass das politisch nie ein Thema ist und würde mir wünschen, dass da Institutionen stärker in die Verantwortung gehen“.

„Es ist gut, dass das Oberlandgericht Frankfurt das rechtsextreme und völkische Motiv von Franco A. in seiner Urteilsverkündung anerkennt, begrüßt Reinfrank. Gleichzeitig mahnt er gegenüber Belltower.News an, dass der ganze Komplex um rechtsextreme Netzwerke innerhalb der Bundeswehr noch nicht aufgedeckt wurde.

Im Februar 2022 wurde Franco A., der bis dahin auf freiem Fuß war, bei einer Polizeikontrolle aufgegriffen. Beamte stellten Abzeichen mit Hakenkreuzen und NSDAP-Motiven, 21 Mobiltelefone, 50 Prepaid-Karten, einen gefälschten Impfpass und schriftliche Notizen sicher. Seither saß er in Untersuchungshaft. Mit dem heutigen Urteil endet der Prozess – vorerst, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 

Franco A. war Teil der „Chatgruppe Süd“ im Verein Uniter, der für einen „Tag X“ die Tötungen linker Politiker*innen plante. Nach der Festnahme von Franco A. ordnete Uniter-Gründer „Hannibal“ die Löschung der Gruppe Süd an. Neben Soldat*innen und Polizist*innen gehörte ihr auch ein Waffenhändler an. Die Gruppe veranstaltete Übungen, bei denen sie unter anderem Brücken auskundschaftete und sich mit Plänen für deren Sprengung, wie im Kriegsfall vorgesehen, befasste.

Man sollte sich hüten, Franco A. als Einzelfall zu begreifen. Er ist tief  in ein gewaltbereites rechtsextremes Milieu verstrickt, das sich auf den bewaffneten Widerstand vorbereitet und das man wohl als Teil einer rechtsextremen Schattenarmee bezeichnen muss. Man hätte sich das ganze weit verzweigte Netzwerk innerhalb der Sicherheitsbehörden und der Bundeswehr anschauen müssen, dafür reicht das juristische Verfahren gegen A. nicht aus. Die Aufarbeitung des Falls Franco A. darf mit einem Gerichtsurteil nicht enden; es darf kein Schlussstrich gezogen werden“, fordert Timo Reinfrank.

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