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August 2017 Rechtsextremismus

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Die rechtsextreme "Merkel muss weg"- Demo in Berlin (Quelle: AAS)

 

Terrorverdacht in Mecklenburg-Vorpommern

Wegen Terrorverdachts haben Beamte des Bundeskriminalamts (BKA) und der Bundespolizei in Mecklenburg-Vorpommern Arbeits- und Geschäftsräume von zwei Verdächtigen durchsucht. Die beiden Männer – darunter ein Polizist – sollen Mordanschläge gegen Personen aus dem linken Spektrum geplant haben, teilte der Generalbundesanwalt mit. Dazu sollen sie eine Liste mit Namen angelegt und Waffen und Munition gesammelt haben.

Bei dem verdächtigten Polizisten handelt es sich laut dem Innenministerium in Schwerin um einen Beamten bei der Polizeiinspektion Ludwigslust. Gegen ihn seien disziplinarrechtliche Maßnahmen eingeleitet worden (ZeitBTN).

Der andere Beschuldigte ist der Rostocker Rechtsanwalt Jan Hendrik H. H. ist zugleich Mitglied der Rostocker Bürgerschaft und gehört dort als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Gruppierung „Unabhängige Bürger für Rostock“ (UFR) an. Auf seiner Internetseite bezeichnet sich der besagte Zusammenschluss als „neue, unabhängige, politische Kraft“ für Bürger, „die außerhalb der etablierten Parteien für Rostock etwas bewegen“ wollen (Junge Welt).

In Internet-Chats sollen sie wegen der Flüchtlingspolitik eine Verarmung privater und öffentlicher Haushalte in Deutschland sowie eine Zunahme von Anschlägen und sonstigen Straftaten bis hin zum Zusammenbruch der staatlichen Ordnung befürchtet haben.

Für den „von ihnen befürchteten Krisenfall“ hätten sie sich mit Lebensmitteln und mit Munition für ihre legal beschafften Waffen eingedeckt. Den „Krisenfall“ hätten sie jedoch auch „als Chance“ gesehen, Menschen aus dem politisch linken Spektrum festsetzen und töten zu können (MDR).

 

NPD: Unwählbar in Berlin, finanziert aus Steuergeldern und mit Nachwuchssorgen

Die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) darf in Berlin nicht mit ihrer Landesliste zur Bundestagswahl am 24. September antreten. Das hat der Landeswahlausschuss am Freitag in seiner Sitzung entschieden.

Landeswahlleiterin Petra Michaelis hatte bei der Überprüfung der Landesliste der NPD Formfehler festgestellt. Konkret ging es um zwei Punkte: Die Partei habe ihre Kandidatenliste zu früh aufgestellt. Laut Gesetz hätte die Wahl frühestens am 23. März 2016, also 29 Tage vor dem ersten Zusammentreten des aktuellen Bundestags, erfolgen dürfen. Die NPD hatte ihre Wahl aber bereits am 19. Februar durchgeführt (NDTagesspiegel).

Nach dem gescheiterten Verbotsverfahren wurde vor allem auf einen Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung gedrängt – und im Juni vom Bundestag dann auch beschlossen. Wie abhängig die rechtsextreme Partei auch weiterhin von Staatsgeldern ist, zeigt ein aktueller Bericht. Fast jeder zweite Euro, den die Verfassungsfeinde verbuchen können, kommt vom Staat (Endstation Rechts).

Etliche Jahre waren die „Jungen Nationaldemokraten“, die NPD-Jugendtruppe, eine der aktivsten Gruppierungen im rechtsextremen Parteienspektrum. Mit dem Niedergang der NPD verlor jedoch auch die JN massiv an Attraktivität. Ehemalige Funktionäre sind nun immer häufiger bei der Identitären Bewegung oder der Ein-Prozent-Initiative anzutreffen (Endstation Rechts).

 

Bautzen: CDU-Politiker plaudert Interna an NPD-Chef aus

Die Art der politischen „Aufarbeitung“ der fremdenfeindlichen Hetzjagden in Bautzen war schon in der Vergangenheit von einer auffallenden Distanzlosigkeit zur NPD geprägt. Nun wurde nach einem Gespräch zwischen dem CDU-Vize-Landrat Witschas und einem NPD-Funktionär bekannt, dass sogar Interna der Verwaltung weitergegeben wurden. Das Verhältnis der beiden Männer ist nach MDR-Informationen enger als bekannt (Endstation RechtsSZ). Witschas bestreitet die Vorwürfe  und gibt an, keine vertraulichen Daten weitergegeben zu haben (Lausitzer Rundschau). Wegen seiner NPD-Kontakte verlor der Landrat seine Zuständigkeit für das Ausländeramt (Leipziger Volkszeitung).

 

Cottbus ist der Hotspot der rechten Szene in Brandenburg

Cottbus, die kreisfreie Stadt im Süden Brandenburgs, zählt etwas mehr als 100 000 Einwohner, ist Universitätsstadt – und nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden ein Hotspot der rechtsextremistischen Szene im Land. Fast jede fünfte der 2016 in Brandenburg verübten 167 rechten Gewalttaten registrierte der Verfassungsschutz in der Stadt. 145 Rechtsextremisten zählte die Behörde allein in der Stadt, die umliegenden Regionen nicht eingerechnet (Zeit).

Innerhalb der Szene genießen die Rechtsextremen in Cottbus den Ruf, dass sie hier, im Gegensatz zu anderen Städten, alles im Griff hätten. Joschka Fröschner von „Opferperspektive“ erklärt in einem Gespräch mit Belltower.News, dass sich hier eine Art „rechte Erlebniswelt“ etabliert hat (BTN).

 

Ermittlungen, Prozesse, Verhaftungen

Ermittlungen nach Neonazi-Randale in Apolda: Täter aus zwölf Bundesländern

Am 1. Mai nahm die Polizei über 100 Neonazis, die in Apolda randaliert hatten, vorübergehend fest. Zu den Ermittlungen gibt es nun neue Erkenntnisse: Von den 103 vorläufig Festgenommen stammten 55 aus Thüringen; der Rest verteilt sich auf elf weitere Bundesländer. (Thüringer Allgemeine)

 

Rechtsradikale Gruppe soll 170 Straftaten verübt haben

In Neukölln ist immer noch eine kleine, aber äußerst rege Truppe junger Rechtsextremer aktiv. Davon gehen sowohl Beamte aus Polizei und Justiz als auch Beobachter der Linkspartei aus. Nach einer Anschlagserie auf Räume und Autos mutmaßlicher Flüchtlingshelfer in den vergangenen Monaten wurden jedenfalls keine Verdächtigen festgenommen. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage der Linken im Abgeordnetenhaus hervor.

Die Täter zeigen ein für Rechtsextreme ungewöhnlich geschicktes Vorgehen. Nach Tagesspiegel-Informationen werden der Clique, deren treibende Aktivisten aus Südneukölln stammen, behördenintern von Januar 2016 bis Juli 2017 mehr als 170 Einzeltaten zugerechnet. Die meisten dieser Taten waren Propagandadelikte und Beleidigungen, aber auch Brandstiftungen. Die Polizei hat deshalb im März 2017 wieder sechs Fahnder für eine Ermittlergruppe „Rechtsextremistische Straftaten in Neukölln“ mobilisiert. (Tagesspiegel)

 

Führender Neonazi nach Angriffen auf junge Linke in Neuruppin zu Haftstrafe verurteilt

Am 3. August wurde der bekannte Neonazi Sandy L. vor dem Landgericht Neuruppin wegen mehrerer rechter Gewalttaten zu einer Haftstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten verurteilt. Der Mitangeklagte Raiko K. erhielt eine Freiheitstrafe von 9 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zusammen hatten sie im September 2015 eine damals 16-jährige Schülerin und ihren 18-jährigen Begleiter im Einkaufszentrum REIZ mit einem Fausthieb zu Boden geschlagen und anschließend durch Fußtritte erheblich verletzt (Endstation Rechts).

 

Haftstrafen für Mitglieder der „Freien Kameradschaft Dresden“

Das Landgericht Dresden hat am Donnerstag zwei Mitglieder der rechtsextremen „Freien Kameradschaft Dresden“ zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Dem 19-jährigen Fußbodenleger Robert S. und seinem Mitangeklagten, dem 27-jährigen Fahrradverkäufer Florian H., war von der Generalstaatsanwaltschaft schwerer Landfriedensbruch, eine Sprengstoffexplosion, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und mehrfache Körperverletzung vorgeworfen worden.

Die Staatsschutzkammer verhängte jeweils drei Jahre und acht Monate für die beiden Männer, die seit Monaten in Untersuchungshaft sitzen. Der ältere Angeklagte muss sich zudem noch wegen des Überfalls auf den linksalternativ geprägten Leipziger Stadtteil Connewitz am 11. Januar 2016 verantworten (FRSpiegel).

 

Überfall auf Döner-Laden: Drei Männer müssen ins Gefängnis

Das Landgericht München II hat acht Männer verurteilt, die einen ausländerfeindlichen Anschlag auf einen Döner-Laden verübt haben. Bewaffnet hatten sie Ausländern hinterhergejagt.

Das Landgericht München II hat drei Männer wegen eines ausländerfeindlichen Überfalls auf einen Döner-Laden am Bahnhof Ebersberg zu Haftstrafen verurteilt. Drei weitere bekamen Bewährungsstrafen, zwei kamen mit Geldstrafe davon (Augsburger Allgemeine).

 

Rudolf-Heß-Marsch: 35 Neonazis vorläufig festgenommen

Etwa 700 Leute – viele glatzköpfig, tätowiert und muskulös – wollten am Sonnabend ab 11 Uhr am Bahnhof Spandau ihre Demo beginnen und am ehemaligen Standort des alliierten Kriegsverbrechergefängnisses an der Wilhelmstraße vorbeiziehen.

Doch mit der Demo war am Sonnabend schon nach wenigen hundert Metern Schluss: Gegendemonstranten hatten zunächst die Straße kurz vor dem inzwischen abgerissenen Gefängnis blockiert. Dann zogen sie den Neonazis entgegen und machten auch dort dicht. Die Neonazi-Demo musste mehr als eine Stunde Pause in der Sonne machen.

Als sich die Demo doch noch in Bewegung setzte, griffen Teilnehmer Gegendemonstranten an. Die Polizei setzte dem schnell ein Ende. Gegendemonstranten entrissen Rechtsextremisten eine schwarz-weiß-rote Fahne und rannten weg. Sie wurden von mehreren Neonazis verfolgt. Einer wurde festgenommen, weil er einen Beamten angegriffen hatte.

Der Aufzug der Neonazis endete gegen 16.45 Uhr nach einer Abschlussveranstaltung, auf der auch der frühere Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke sprach. Die Polizei meldete fünf störungsfreie Gegenveranstaltungen, dazu einen Pfefferspray-Einsatz gegen einen Gegendemonstranten sowie 39 vorläufige Festnahmen, 35 davon betrafen Teilnehmer der Heß-Demo. Zwölf hatten verbotene Nazi-Symbole gezeigt. Gegen zwei Leute laufen Ermittlungen wegen schweren Landfriedensbruchs (Berliner ZeitungTagesspiegel).

Der Berliner Senat hatte im Vorfeld ein Verbot der Demonstration geprüft. „Ein Verbot wäre mir sehr sympathisch gewesen, wir haben das sehr sorgfältig geprüft und festgestellt, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung leider auch für Arschlöcher gilt“, so Innensenator Andreas Geisel (Tag24).

 

Saarland, Sachsen-Anhalt und Bayern

Mehr Gewalt von rechts Auftritte und offene Haftbefehle

Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund sind auch im Saarland keine Seltenheit. Sie stehen mit 253 Fällen im vergangenen Jahr schon fast an der Tagesordnung, wie aus dem Verfassungsschutzbericht 2016  hervorgeht. Das ist zugleich ein neues Rekordhoch – im Jahre 2012 lag die Zahl noch bei 138. Zu einem großen Teil richten sich die Straftaten gegen Flüchtlinge (Saarbrücker Zeitung).

Ein deutlicher Anstieg von rechtsextremen Gewaltdelikten in Sachsen-Anhalt bietet Anlass zur Sorge. Hohe Gewaltbereitschaft zeigt dem aktuellen Verfassungsschutzbericht zufolge das gut 800 Personen zählende subkulturelle rechte Milieu in dem Bundesland. Der Personenkreis, der der rechten Szene in Sachsen-Anhalt zuzurechnen ist, liegt unverändert bei 1400. Die aus diesem Spektrum begangenen Gewalttaten sind im Berichtsjahr 2016 von 83 auf 119 angewachsen. Ein Plus gab es ebenso bei Straftaten mit antisemitischer Motivation und bei Propagandadelikten (BNR).

In Bayern liegen derzeit mehr als 100 nicht vollstreckte Haftbefehle gegen Extremisten vor. Unter den Gesuchten seien alleine 65 Personen aus dem rechtsextremen Umfeld und 26 mit einem islamistischen Hintergrund, teilte das Innenministerium auf Anfrage der SPD im Landtag mit (Passauer Neue Presse). Gleichzeitig haben die Polizei und andere Sicherheitsbehörden seit Anfang 2016 in Bayern mehr als 230 öffentliche Auftritte von Rechtsradikalen gezählt. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Florian Ritter hervor. „Die rechte Szene in Bayern ist aktiver denn je“, sagte Ritter. „Sie hat sich modernisiert, nutzt Schlupflöcher rechtlicher Regelungen und versucht stärker, Personen an sich zu binden“ (SZWelt).

 

Rassisten und Neonazis in Charlottesville: Eine Tote, 19 Verletzte

Bei einer Demonstration gegen den Aufmarsch von Rechtsextremen und Neonazis in Charlottesville (US-Bundesstaat Virginia) ist ein Auto in eine Menschengruppe gerast. Dabei  wurde die 32-jährige Heather Heyer getötet. Schon Stunden, bevor die Veranstaltung überhaupt begann, lieferten sich Teilnehmer beider Seiten teils heftige Schlägereien. (Merkur)

US-Präsident Trump verurteilte die „Gewalt von beiden Seiten“. Bei einer weiteren Pressekonferenz zwei Tage später, distanzierte er sich unter Druck von Beratern und Öffentlichkeit  von Rassist_innen und dem Ku Klux Klan. Weiter sagte er, dass unter den rechtsextremen Demonstranten, die unter anderem „Jews will not replace us“ und „Blood and soil“ skandiert hatten, auch viele „anständige Leute“ gewesen seien. (SternSpiegel) Es ist nicht das erste Mal, dass Trump Sympathien für extrem rechtes Gedankengut zeigt (BTN). Die Uno warnt nach den Ausschreitungen in Charlottesville vor einer Zunahme des Rassismus in den USA. Der Uno-Menschenrechtsausschuss für die Beseitigung rassistischer Diskriminierung (CERD) legte wegen der Demonstrationen weisser Rassisten in den USA formell Beschwerde gegen die amerikanische Regierung ein (NZZ).

Ein Video zeigt den Ablauf der Demonstration, die Neonazi-Akteure und den Eindruck, den die gewalttätigen Rassisten in Charlottesville hinterlassen haben (Vice). 

 

Von der Leyen: Wehrmacht kann nicht traditionsstiftend für die Bundeswehr sein

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat zum Auftakt einer Diskussionsreihe über die Traditionspflege bei der Bundeswehr eine klare Abgrenzung von der Wehrmacht gefordert. Die Wehrmacht als „Institution des Dritten Reiches“ könne „nicht traditionsstiftend für die Bundeswehr sein“, sagte von der Leyen am Donnerstag in Hamburg. Im Frühjahr hatte eine Affäre um rechtsextremes Gedankengut bei der Truppe eine Debatte über den Umgang mit der Wehrmachtsvergangenheit ausgelöst. (Welt)

 

Amoklauf in München

Das Attentat am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ), bei dem vor einem Jahr ein 18-Jähriger neun Menschen ermordete, wird von der Bundesregierung nicht als politisch motivierte Straftat eingestuft.

Die Einstufung geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine schriftliche Anfrage der Linken hervor. Der OEZ-Attentäter David S. hatte am 22. Juli 2016 gezielt Menschen mit Migrationshintergrund ermordet. Wie aus Ermittlungsakten hervorgeht, war er Anhänger des extrem rechten norwegischen Massenmörders Anders Breivik und verfasste wie dieser ein Manifest, in dem er Migranten als „Kakerlaken“ und „Untermenschen“ bezeichnete. David S. besorgte sich außerdem dieselbe Waffe, mit der auch Breivik gemordet hatte. Außerdem fiel er unter anderem durch Hakenkreuzschmierereien und „Heil Hitler“-Rufe auf. (BR)

Seit 28. August steht nun Philipp K. vor Gericht, der Waffenhändler, der dem Amokschützen Waffen verkauft hat. K. gesteht den Verkauf, gibt aber an, nichts über den geplanten Amoklauf gewusst zu haben (SZ). Zeugen hatten schon im Vorfeld über die rechtsextreme Gesinnung von K. berichtet. (Nürnberger NachrichtenTZ)  Unter anderem soll er Nachrichten mit „Heil Hitler“ unterzeichnet haben, auf seinem handy wurden Bilder von Hakenkreuzen und Hitler gefunden (Hessenschau).

 

Identitäre in Seenot

„Defend Europe“, eine Aktion der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ lief im August in etwa so holprig weiter, wie sie angefangen hatte. Schon im Juli war die C-Star, das Schiff, dass die Rechtsradikalen angeheuert hatten um die Seenotrettung von Geflüchteten auf dem Mittelmeer zu behindern, kurzzeitig vor dem Suez-Kanal festgesetzt worden. Danach wurden die Crew auf Zypern vorläufig verhaftet, während fünf Crewmitglieder aus Sri Lanka Asyl beantragten. (ZeitNWZBerliner Zeitung) Auch auf Sizilien, wo das Schiff die dort wartenden „Identitären“ abholen sollte, war die C-Star nicht willkommen. (Euronews) In Tunesien rief unter anderem der 2015 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Gewerkschaftsdachverband UGTT dazu auf, die Landung des Schiffes an der tunesischen Küste zu verhindern. Schon vorher hatten Fischer verhindert, dass das Schiff in zwei tunesischen Häfen anlegen konnte (Welt). Die Fischer hatten unter anderem Plakate mit der Aufschrift „No Racists“ an ihre Boote gehängt (ND).

In einem Interview mit dem Berliner Regionalleiter der IB, Robert Timm, der sich ebenfalls auf der C-Star befand wurde deutlich, wie ahnungslos die rechtsradikalen Seemänner in Wirklichkeit sind (Morgenpost). Noch während seines Mittlemeerausflugs wurde Timms Wohnung in Cottbus durchsucht. Ihm werde ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen, bestätigte Oberstaatsanwältin Petra Hertwig Medienberichte (Berliner Zeitung).

Tage später geriet die C-Star in Seenot. Eine NGO, die normalerweise Geflüchtete vor dem Ertrinken rettet, wurde zum Schiff der Rechtsradikalen gerufen, Die verweigerten allerdings die Hilfe (Zeit). Auch Malta wollte keine Rechtsradikalen und erklärte die C-Star für nicht willkommen (Standard).

Dazu passend: Eine unvollständige Liste der lächerlichsten „Identitären“-Aktionen 2017. (Vice)

 

Reichsbürger

Ermittlungen wegen Terrorverdacht, neue Zahlen aus den Ländern und Entwaffnungen in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein

Die Reichsbürger-Zelle um einen selbsternannten Druiden, deren sechs Mitglieder Anfang des Jahres festgenommen wurde, war laut Bundesanwaltschaft nicht organisiert genug, um Anschläge durchzuführen. Die Beschuldigten seien zwar rechtsextrem und hätten teilweise enge Bekanntschaften gepflegt – eine gemeinsame „organisatorische und strukturelle Verbundenheit“ habe es aber nicht gegeben, teilte der Generalbundesanwalt mit. Auch seien die Waffen, die bei Durchsuchungen „in großem Umfang“ gefunden worden waren, nicht zur Umsetzung der Anschlags-Phantasien bestimmt gewesen. (FAZ) Der „Druide“ sitzt weiter in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl gegen einen zweiten Verdächtigen wurde im März außer Vollzug gesetzt. Die Staatsanwaltschaften der Länder ermitteln weiterhin wegen Verstößen gegen das Waffengesetz. (Stuttgarter Nachrichten)

Die wachsende Reichsbürgerbewegung beschäftigt zunehmend auch den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen. Erstmals wird die Szene im neuen Verfassungsschutzbericht NRW in einem eigenen Kapitel ausführlich dargestellt. Das kündigte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen an. Der neue Bericht soll voraussichtlich im September vorgestellt werden. In NRW hat sich die Zahl der den Behörden bekannt gewordenen Reichsbürger innerhalb weniger Monate auf mehr als 2000 verdoppelt. Bundesweit geht der Verfassungsschutz von rund 13.000 aus. (WAZ) Sogenannte Reichsbürger haben in NRW in der ersten Jahreshälfte mindestens 20 politisch motivierte Straftaten begangen. Davon richteten sich zwölf gegen Angehörige der Polizei sowie gegen Amts- und Mandatsträger. Das geht aus den Antworten auf zwei Anfragen der Grünen an das NRW-Innenministerium hervor. Aufgeführt hat das Ministerium unter anderem Beleidigungen, Nötigungen und Urkundenfälschungen, in einem Fall kam es sogar zu einer vorsätzlichen einfachen Körperverletzung (Neue Westfälische).

Zur sogenannten Reichsbürgerszene in Sachsen zählen nach Angaben des Verfassungsschutzes insgesamt 718 Menschen. Fast 70 davon seien dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen, wie das sächsische Innenministerium Dresden mitteilte. Der Landesverfassungsschutz legte erstmals ein Lagebild zu „Reichsbürgern und Selbstverwaltern“ vor, die in Sachsen seit Dezember von der Behörde beobachtet werden (FAZ).

In Leipzig leben den Angaben zufolge 34 bekannte Reichsbürger. Die meisten Vertreter der Szene wurden in Mittelsachsen registriert (120), gefolgt vom Vogtlandkreis (98), Bautzen (74) und Görlitz (66). In Chemnitz leben 17 Reichsbürger, in Dresden 29.

Der durchschnittliche „Reichsbürger“ in Sachsen ist männlich und etwa 49 Jahre alt. Der Frauenanteil sei hier mit 23 Prozent im Vergleich mit anderen Bundesländern überdurchschnittlich hoch, hieß es (LVZ).

Nach dem NPD-Verbotsverfahren des Bundesverfassungsgericht geht der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns konsequent gegen bewaffnete oder zum Führen von Waffen berechtigte Mitglieder der NPD und Reichsbürgerszene vor. Bereits im Juni erließ er eine entsprechende Verfügung, die nun von den Kommunen umgesetzt werden muss (Endstation Rechts).

Mit einem neuen Erlass verschärft auch Schleswig-Holstein den Umgang mit sogenannten Reichsbürgern. Diese dürfen demnach künftig keine Waffen mehr besitzen. Anhänger der Reichsbürgerbewegung seien waffenrechtlich als unzuverlässig einzustufen, sagte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) am Donnerstag in Kiel. Ziel des Erlasses sei es, ihnen den legalen Waffenbesitz zu entziehen und zu verhindern, dass sie überhaupt eine Erlaubnis für legalen Waffenbesitz erhalten. Reichsbürger erkennen weder die Bundesrepublik an noch ihre Institutionen. In Schleswig-Holstein sind davon laut Grote 180 eindeutig identifiziert. 90 weitere Verdachtsfälle würden geprüft (Welt).

 

Der stille Tod eines Neonazis

In seiner Wohnung hortete der verstorbene Lutz H. Waffen, Munition und Nazi-Propaganda. Die Polizei zeigte kein Interesse an dem Material.

Die Wohnung des verstorbenen Lutz H. glich einem Gruselkabinett. An den Wänden prangten ein Dutzend Sturmgewehre und Schnellfeuerwaffen, Regalmeter waren bis unter die Decke vollgestopft mit legaler, aber auch illegaler Nazipropaganda, wie mehrerer Bände der Originalausgabe von Hitlers „Mein Kampf.“ Publikationen, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen oder über die Auschwitzlüge schwadronieren, stapeln sich neben Hakenkreuz-Orden und SS-Abzeichen.

Die Nachlassverwalterin zieht die Polizei hinzu, die allerdings wenig Interesse zeigt. Die scharfen Waffen werden zwar noch geprüft, den Rest des Nachlasses, unter anderem Computer, Kontakte und Aufzeichnungen werden allerdings sang- und klanglos vernichtet. (taz)

 

Holocaustleugner Ernst Zündel gestorben

Er zählte zu den bekanntesten Leugnern des Judenmords: Der deutsche Rechtsextremist Zündel (Jg. 1939) ist am 5. August im baden-württembergischen Bad Wildbad (Kreis Calw) gestorben.

In Kanada und Deutschland musste sich Zündel mehrfach vor Gericht wegen seiner antisemitischen Hetze verantworten. In einem Prozess gegen den Hitler-Verehrer 1988 in Toronto trat unter anderem Fred Leuchter als Zeuge auf. Der US-Amerikaner Leuchter reiste als vermeintlicher „Gutachter“ nach Auschwitz und Majdanek, um die Gaskammern zu untersuchen. Es habe nach diesem „Gutachten“ keine Vergasungen durch die Nazis gegeben. Leuchter musste vor dem Gericht in Toronto jedoch einräumen, kein Ingenieur zu sein und nicht über die nötigen Fachkenntnisse für eine solche Untersuchung zu verfügen. Der „Leuchter-Report“ gilt trotz seines umgehenden als falsch entlarvten Inhalts bis heute Holocaust-Leugnern als Beweis für die „Auschwitz-Lüge“. (BNR)

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