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Neue Studie der Universität Leipzig AfD-Wähler haben antidemokratische Positionen verinnerlicht

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Logo der Partei Alternative für Deutschland unter der Lupe | Verwendung weltweit (Quelle: picture alliance/chromorange)

Auf Facebook oder Twitter wurde vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg mahnend ein Satz geteilt: “Wer jetzt AfD wählt, ist ein AfD-Wähler nach Hanau”.

Den AfD-Wähler*innen in Hamburg war das, wie die Wahlergebnisse zeigen, herzlich egal. Sie wollen von der rechtsradikalen, rassistischen Partei nicht lassen – selbst wenn deren Mobilisierung schlimmstenfalls rassistische Attentate gegen unschuldige Menschen in Deutschland zur Folge hat.

Warum? Für die Rechtsextremismus- und Demokratieforscher*innen Julia Schuler, Oliver Decker, Johannes Kies und Elmar Brähler von der Universität Leipzig ist die Sachlage ziemlich klar, weshalb sie ihren Datensatz zur Leipziger Autoritarismus-Studie aktuell noch einmal ausgewertet haben.

Auffallend ist bei der Auswertung, die die Themenfelder Rechtsextremismus, Gewaltbereitschaft, Antisemitismus und Verschwörungsmentalität untersucht, dass die Wähler*innen der AfD bei allen Kategorien die höchste Zustimmung zu antidemokratischen Positionen vertreten.

Die Studie vom 25.02.2020 baut auf dem Datensatz der Leipziger Autoritarismus-Studie auf, die jährlich repräsentative Umfragen über politische Einstellungen wie etwa die Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, Rassismus oder Antisemitismus durchführt. Gleichzeitig werden die Wahlpräferenzen der Befragten abgefragt. In der vorliegenden Studie wurden zudem vier weitere Bereiche abgefragt: Gewaltbereitschaft, Verschwörungsmentalität, Antisemitismus über Umwegkommunikation und Muslimfeindschaft und Abwertung von Asylsuchenden.

Die Ergebnisse sind deutlich. In allen Bereichen – ob Chauvinismus, Antisemitismus oder Gewaltbereitschaft – liegen die Wähler*innen der AfD signifikant vorn. So stimmten 60 Prozent der AfD-Wähler*innen folgender Aussage zu: „Politiker und andere Führungspersönlichkeiten sind nur Marionetten der dahinterstehenden Mächte“. Hier bewegen sich Wähler*innen der anderen Parteien zwischen 22 und 37 Prozent Zustimmung. Anhänger*innen von Verschwörungstheorien scheinen sich bei der AfD also besonders wohl zu fühlen.

Besonders groß ist die Zustimmung zu Aussagen, die die Kernthemen der politischen Strategie der AfD betreffen. Der Opfermythos in Verbindung zum zweiten Weltkrieg wird mit der Zustimmung zur folgenden Aussage erfasst: „Es macht mich wütend, dass die Vertreibung der Deutschen und die Bombardierung deutscher Städte immer als kleinere Verbrechen angesehen werden“. Dem stimmen fast die Hälfte der Befragten zu, die angegeben haben, die AfD wählen zu wollen. Weitere 24 Prozent beantworten die Frage nach ihrer Positionierung mit „teils/teils“. Vielleicht das zentralste Thema der AfD ist die Asylpolitik in Verbindung mit Muslimfeindlichkeit. Fast 74 Prozent ihrer Wähler*innen sind offenbar der Meinung, Muslimen solle die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden. Bei den restlichen Parteien bewegt sich die Zustimmung zu dieser These zwischen 24 (Grüne) und 45 (CDU) Prozent.

Außerdem zeigt die Studie, dass wir es beim Antisemitismus mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun haben. Da das soziale Tabu bezüglich Antisemitismus in Deutschland vergleichsweise stark ist, haben die Wissenschaftler*innen bewusst die Zustimmung zu Thesen abgefragt, die auf die Umwegkommunikation abzielen. Dazu zählt der Opfermythos in Bezug auf den zweiten Weltkrieg, aber auch israelbezogener Antisemitismus und das Verständnis für Vorurteile gegenüber Jüdinnen und Juden. In all diesen Kategorien zeigen sich die AfD-Wähler*innen mit Abstand am häufigsten antisemitisch. Trotzdem ist vor allem die Antwortkategorie „teils/teils“ auch bei allen anderen Parteien auffallend häufig vertreten.

Die Studie zeigt, dass die AfD nicht trotz antisemitischer, demokratiefeindlicher und anderer menschenverachtender Positionen gewählt wird, sondern gerade weil sie diese vertritt. Uns als Mehrheitsgesellschaft offenbart die Studie zweierlei: Erstens müssen wir uns mit demokratiefeindlichen Positionen innerhalb der vermeintlich demokratischen Mehrheit stärker auseinandersetzen. Denn die ist noch für Argumente erreichbar und muss dringend zu mehr demokratischer Wahlbeteiligung ermutigt werden, um damit größeren politischen Einfluss der AfD zu verhindern. Deren Anhänger*innen werden, wie die Einstellungsstudien zeigen, ihre Meinung nämlich offenkundig nicht mehr so schnell zu demokratischen Positionen ändern. Zweitens warnen die Wissenschaftler*innen vor weiteren Terroranschlägen, die durch die rechtsextreme Ideologie der Ungleichwertigkeit motiviert würden, welche mit der AfD eine parlamentarische Vertretung gefunden habe.

Hier der Link zur Studie.

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