Weiter zum Inhalt

Tag der deutschen Zukunft Neonazis wollen in Chemnitz in die Zukunft, ein breites Bündnis hat was dagegen

Für den kommenden Samstag mobilisieren Neonazis für den „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) in Chemnitz. Ein breites Bündnis organisiert den Gegenprotest und will den Neonazis zeigen, dass sie auch in Chemnitz nicht willkommen sind. 

 
TddZ in Chemnitz: Neonazis wollen am Samstag ihre Zukunft feiern, ein breites Bündnis hat was dagegen (Quelle: KA)

Zum elften Mal organisieren Nazis den so genannten „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ). Am Samstag, den 1. Juni, soll der braune Marsch durch Chemnitz ziehen. Diese Demo soll der rechtsextremen Szene als Machtdemonstration dienen und zum anderen bietet sie eine perfekte Gelegenheit, um sich zu vernetzen und rassistische und antisemitische Inhalte zu verbreiten.

Der parteiübergreifende „Tag der deutschen Zukunft“

Unter anderem dem kreativen Gegenprotest war es zu verdanken, dass Mitte der 2000er Jahre mehrere Großveranstaltungen der Neonazi-Szene wegzubrechen drohten. Laut  Recherche Nord wurde beim sogenannten „Stammtisch Nord“, einer Vernetzungsstruktur norddeutscher Neonazis, eine Kampagnendemonstration entworfen. Das neue Format sollte partei- und strukturunabhängig agieren und somit über Anknüpfungspunkte für verschiedenste Organisationsstrukturen der Neonaziszene im gesamten Bundesgebiet verfügen. Um größtmögliche Außenwirkung zu erreichen, sollte der Demonstrationsort und damit auch das Organisationsteam jährlich wechseln. Erstmals fand der TddZ 2009 in Pinneberg statt – organisiert von Freien Kameradschaften. Den Höhepunkt erreichte die Demonstration unter Leitung der Kleinstpartei Die Rechte 2016 in Dortmund mit gut 1.000 Teilnehmenden. Zuletzt stagnierten die Teilnehmer*innen-Zahlen der Nazi-Demonstration jedoch. 2018 floppte der Aufmarsch in Goslar mit gerade einmal 260 Neonazis und auch 2017 kamen nur rund 300 Teilnehmer*innen nach Karlsruhe. Der TddZ verlor in den letzten Jahren also zusehends an Bedeutung.   

Wie uns jedoch die spontanen Großdemonstrationen mit mehreren Tausend Teilnehmer*innen im Spätsommer 2018 in Chemnitz gezeigt haben, ist die rechtsextreme Szene in und um Chemnitz extrem gut zu mobilisieren. Die sächsische Stadt ist ein Knotenpunkt der verschiedenen faschistischen Szenen. Auf diesen Mobilisierungseffekt setzt nun offenbar auch der sächsische Landesverband der „Jungen Nationalisten“ (JN) die Jugendorganisation der NPD, der den diesjährigen TddZ organisiert. Mit der Wahl dieses Ortes wollen die Neonazis wohl den Versuch unternehmen. den TddZ vor der Bedeutungslosigkeit zu retten.

Im Gegensatz zu anderen Neonazidemonstrationen ist der „TddZ“ in eine längerfristige Kampagne eingebettet, für die die rechtsextreme Szene einigermaßen professionell Medien- und Mobilisierungsarbeit betreibt. Dazu gehören neben dem Vertrieb von TddZ-T-Shirts und Beuteln auch ein Musik-Sampler, herausgegeben vom Chemnitzer Rechtsrock-Label PC-Records.  

Mit dem Verkauf des Samplers fließt Geld in die Szene

Die rechte Demo-Route

Der Zug der Neonazis startet am Johanniskirchplatz und führt unter anderem über Bahnhofstraße und Sonnenberg. Laut Freie Presse ist die Strecke ein Kompromissvorschlag der Stadt gewesen, nachdem die Rechtsextremen eine Route direkt durch die Innenstadt angemeldet hatten.

Nach eigenen Angaben bekommt die Chemnitzer Polizei Verstärkung aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei. Zudem würde das Geschehen per Hubschrauber und mit stationären Kameras überwacht. Besonders nach der martialischen Demonstration des III. Wegs in Plauen bleibt zu hoffen, dass die Polizei das Nichteinhalten der Auflagen ahnden wird. Nicht erlaubt sind unter anderem Glasflaschen, Konsum von Alkohol, Pyrotechnik.

Keine Zukunft für Neonazis

„In Chemnitz rechnen die Faschist*innen nicht nur mit wenig Widerspruch aus der Gesellschaft, sondern auch mit der Unterstützung der sächsischen Polizei“, befürchtet etwa das Bündnis „Chemnitz Nazifrei“ unterdessen. Daher hat das Bündnis am Samstag Gegenprotest angekündigt.

Die Gegendemonstration von „Chemnitz Nazifrei“ beginnt um 11.30 Uhr am Busbahnhof und führt über Brühl, Bahnhof- und Waisenstraße.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Infos zur Veranstaltung

Infos für eine sichere Anreise

Kretschmer: „Wir wollen am 1. Juni Kinderlachen hören und keine Parolen“

Anlässlich des internationalen Kindertags findet parallel in der Innenstadt ein Familienfest mit vielen einzelnen Veranstaltungen statt. Daran wird auch Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) teilnehmen. „Wir wollen am 1. Juni Kinderlachen hören und keine Parolen“, schrieb Kretschmer am Donnerstag auf Facebook. „Kommen Sie mit Ihren Kindern in die Innenstadt. Wir wollen einen fröhlichen Tag erleben – denn wir sind mehr.“ Ab 17 Uhr wird die Rostocker Band „Waving the Guns“ vor dem Karl-Marx-Denkmal auftreten.

Infos zur Veranstaltung

Belltower.News macht gemeinnützigen Journalismus, denn wir klären auf und machen das Wissen von Expert*innen zu Antisemitismus, Rassismus und
Rechtsextremismus und allen anderen Themen der Amadeu Antonio Stiftung für ein breites Publikum zugänglich.
Unsere Reportagen, Recherchen und Hintergründe sollen immer frei verfügbar sein und nie hinter einer Paywall verschwinden.
Dafür brauchen wir aber auch Ihre Hilfe.
Bitte unterstützen Sie unseren Journalismus, Sie helfen damit der digitalen Zivilgesellschaft!

Weiterlesen

50577283401_7ff6ecc4aa_h

NPD Keine neue „Heimat“ für Rechtextreme

Es sollte der Beginn des großen Neuanfangs werden, doch die Umbenennung der NPD in „Die Heimat” scheiterte bei der Abstimmung des Bundesparteitags an drei Stimmen. 

Von
antifeminismus

Digitalreport 2023-03 Antifeminismus und Queerfeindlichkeit als Brücke

Antifeminismus und Queerfeindlichkeit sind verbindende Elemente in den sächsischen Protestbewegungen Rechtsaußen.

Von
2013_a_Hamburg

Die extreme Rechte in Hamburg 2013 Kaum wahrnehmbar und doch beunruhigend aktiv

In Hamburg zeigt sich die extreme Rechte eng vernetzt und aktiv – auch wenn die Öffentlichkeit davon nur selten etwas mitbekommt. Anknüpfungspunkte könnte hier die Instrumentalisierung der Flüchtlingsdebatte bieten.

Von Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Hamburg (MBT HH), November 2013

Von

Schlagen Sie Wissenswertes in unserem Lexikon nach.