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Urteile Das sind die juristischen Konsequenzen für Attestfälscher, Maskenverweigerer und Co

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(Quelle: Unsplash)

Am 3. August 2022 fand der Prozess gegen Gudrun S. statt, eine Ärztin aus dem bayrischen Bad Kohlgrub. Das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen verurteile die Frau zu zwei Jahren ohne Bewährung, wegen der Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse in der Pandemie. Dazu darf sie für drei Jahre nicht praktizieren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Verteidigung und Staatsanwaltschaft wollen in Berufung gehen. Wenn das Urteil rechtskräftig wird, wäre es das erste Mal in Deutschland, dass eine Medizinerin aus dem „Querdenken“-Umfeld ins Gefängnis muss.

Die Praxisräume der Ärztin wurden bereits im Juli 2020 durchsucht, nachdem bekannt wurde, dass sie der örtlichen Corona-Protestgruppe Atteste ausgestellt hatte, die sie vom Tragen einer Maske befreiten. Aber Gudrun S. macht offenbar einfach weiter. Über 300 Atteste soll sie ohne ausreichende Untersuchung ausgestellt haben. Das hatte Einfluss auf die Veurteilung ohne Bewährung. T-Online zitiert die Gerichtssprecherin: Der Richter habe keine Reue und Einsicht festgestellt. Endstation Rechts berichtete, dass Gudrun S. der Reichsbürgerszene nahesteht. Ihrem Mann, einem in der Szene bekannten Chemiker, wurde seine Waffenbesitzkarte wegen Unzuverlässigkeit entzogen. Die Ärztin selbst verkündete auf einer Demo, dass sie ihren Personalausweis abgegeben habe und eine sogenannte „Lebenderklärung“ erstellt hätte. Vor Gericht wollte sie sich als „Mensch Gudrun“ anreden lassen. All das ist szenetypisches Verhalten.

Schon im Mai wurde Ronald Weikel, ein Arzt aus Niederbayern, wegen falschen Attesten verurteilt. Der Gynäkologe hatte im Sommer 2020 Dutzende Maskenatteste ohne Untersuchung ausgestellt. Das Urteil des Amtsgerichts Passau lautete auf ein Jahr und acht Monate Bewährung. Dazu darf der Arzt drei Jahre lang keine Maskenatteste mehr ausstellen und muss 50.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Weikel und Anwälte kündigten Rechtsmittel an. Der Gynäkologe ist in der Szene bekannt, er ist stellvertretender Vorsitzender des Vereins „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie“, Vorsitzender ist Sucharit Bhakdi, eine andere Ikone der „Querdenken“-Bewegung. Die Ermittlungen gegen ihn wegen Volksverhetzung wurden mittlerweile eingestellt.

Hier hat der Volksverpetzer weitere Urteile aufgelistet

Am 3. Juli veröffentlichte das Oberlandesgericht Celle ein Urteil gegen einen Nutzer eines falschen Attests. Das Gericht legte fest, dass die Nutzung eines Blankoattests aus dem Internet ohne Unterschrift eines Arztes strafbar ist. Der Beschuldigte war zuvor zu 50 Tagessätzen Strafe verurteilt worden, der Prozess wird in Revision gehen. Das falsche Attest stand auf der Website eines mittlerweile verstorbenen Urologen aus Kassel zum Download bereit. Tausende davon sollen im Umlauf sein.

Seit Mai sitzt auch Michael Ballweg in U-Haft. Wohnungen und Geschäftsräume wurden durchsucht, ermittelt wird wegen Betrug und Geldwäsche. Über die Verwendung von Geld, dass er über diverse Kanäle von seinen Unterstützer*innen einsammelte, soll er getäuscht oder es nicht zweckgemäß verwendet haben. In U-Haft sitzt der „Querdenken“-Gründer wegen Fluchtgefahr. Gleich zwölf Anwälte, die meisten davon aus der Szene, stehen dem Beschuldigten zur Seite. Einer von ihnen ist Ralf Ludwig, der spricht in einer „alternativen und unabhängigen Nachrichtensendung“ der Szene von einem „politischen Prozess“, der den Zweck habe „Kritiker mundtot“ zu machen.

Verfahren gibt es auch gegen einige Teilnehmer des sogenannten Sturm auf den Reichstag am 29. August 2020. Laut Legal Tribune Online wurde bei über 300 Ermittlungsvorgängen bisher in 88 Fällen ein Verdächtiger ermittelt. Vorgeworfen wird 77 Beschuldigten Landfriedensbruch, außerdem unter anderem Angriff und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (fünf Fälle) und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§86a StGB) in zwei Fällen. Insgesamt wurden 82 Fälle der Staatsanwaltschaft übergeben, die allerdings einen Großteil aus unterschiedlichen Gründen eingestellt hat, meistens wegen fehlendem Tatverdacht.

Nur in drei Fällen kam es bisher zu Verurteilungen, zweimal wegen Landfriedensbruch und einmal wegen §86a. Ausserdem sei in neun Fällen eine Verurteilung per Strafbefehl beantragt worden, berichtete die Berliner Zeitung. Dagegen hatte mindestens ein 49-Jähriger Einspruch eingelegt, eine Hauptverhandlung soll folgen.

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