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Parteien-Check Hate Speech, Rechtsextremismus und Rassismus

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(Quelle: Pexel / Kaboompics)

Die Rechtspopulist_innen verschieben schon seit ihrer Gründung die Grenzen des Sagbaren immer weiter und arbeiten gezielt mit Tabubrüchen, um rechtsextreme und rassistische Positionen in der Gesellschaft zu verankern. Wie und wo wollen die Parteien trotzdem eine klare Grenze zu Rechtsextremismus und Rassismus ziehen? Wie soll mit Menschenfeindlichkeit umgegangen werden?

Gleichzeitig – auch unter Teilnahme und Beifall der Rechtspopulist_innen – wird der Ton im Internet immer rauer. Hasspostings, Vergewaltigungsfantasien, Hetze gegen Geflüchtete, Minderheiten, Frauen, LGBT*-Menschen und alle, die eine demokratische und liberale Grundordnung vertreten. Auch für den Umgang mit Hate Speech braucht es eine politische Grundlage.

Wir haben die Programme der Parteien, die im nächsten Bundestag sitzen werden, gelesen und auf ihren Inhalt in Sachen Rechtsextremismus und den Umgang mit Hate Speech untersucht.

 

CDU: Slogans ohne Vision

Rechtsextremismus

Im Wahlprogramm der CDU kommt Rechtsextremismus nur umschrieben vor. Immerhin positionieren sich auch die Konservativen deutlich:

„In Deutschland darf kein Platz für Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Ausländerhass, Intoleranz oder Diskriminierung sein.“ (S.70)

Weiter heißt es:

„Wir erwarten von allen Menschen in Deutschland, ganz gleich ob mit oder ohne Migrationshintergrund, die Achtung des Grundgesetzes und der Gesetze. Hiervon wird es auch künftig keine Ausnahmen geben.“

„Wer unsere demokratische Grundordnung bekämpft, das Existenzrecht Israels ablehnt, den inneren Frieden gefährdet oder gegen Recht und Gesetz verstößt, muss mit der ganzen Härte unseres Rechtsstaates rechnen.“

Die Forderungen der CDU in anderen Worten: Alle müssen sich an die Gesetze halten, oder es gibt Konsequenzen. Wie genau das hehre Weltbild der CDU dabei gesellschaftlich verankert werden soll, wird nicht direkt klar. Schon früher im Wahlprogramm erklärt Angela Merkels Partei ihre Vision:

„Wir haben den Anspruch, gesellschaftliche Debatten anzustoßen, inhaltlich zu prägen und zu gewinnen. Wir lehnen vorgefertigte Ideologien und Feindbilder ab. Stattdessen wollen wir praktikable und pragmatische Lösungen für konkrete Probleme. Wir werden die politische Bildung weiter stärken“ (S.7).

Auch hier bleibt es vage. Die „konkreten Probleme“ werden nicht benannt. Immerhin: politische Bildung liegt der CDU am Herzen, wenn auch nur soweit, dass der Begriff nur insgesamt einmal im Programm vorkommt.

Hate Speech

Die CDU erwähnt Hate Speech nicht in ihrem Wahlprogramm.

 

SPD: Rechtsextremismus und Hate Speech als Probleme

Rechtsextremismus

Im Gegensatz zu den Konservativen nennt die SPD Probleme beim Namen und räumt dem „Kampf gegen Rechtsextremismus“ einen eigenen Abschnitt ein. Auch die Gefahr des Rechtsterrorismus wird erwähnt, aus den Fehlern bei der Aufklärung zum NSU soll gelernt werden, Sicherheitsbehörden sollen für „antisemitische, rassistische und sonstige menschenverachtende Einstellungen in den eigenen Reihen“ (S.71) sensibilisiert werden. Auch der Nachholbedarf der Bundeswehr in Sachen demokratische Kultur wird erwähnt.

Die Sozialdemokraten fordern eine bessere Erfassung von Straftaten mit „rechtsextremen Hintergrund“ und ein Bleiberecht für Opfer rechtsextremer Straftaten (ebd.).

Im Gegensatz zur CDU mit ihren „praktikablen und pragmatischen Lösungen“, die es leider alle nicht ins Wahlprogramm geschafft haben, bietet die SPD Lösungsansätze und bekennt sich zu einer nachhaltigen Präventionsarbeit:

„Neben der konsequenten Strafverfolgung wollen wir auch die Präventionsarbeit ausweiten. Bereits in den vergangenen Jahren haben wir die Mittel im Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ mehr als verdreifacht. Diesen Weg der Vorbeugung führen wir fort. Zu einer umfassenden Strategie gegen gewaltbereite Rechtsextremisten gehört Deradikalisierung. Darum werden wir mit einem Gesetz zur Demokratieförderung und Extremismusprävention die Strukturen der Präventionsarbeit langfristig sichern. Darüber hinaus werden wir die Empfehlungen des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus aufgreifen und in der Präventionsarbeit umsetzen.“

Ein neuer und innovativer Ansatz mag das nicht sein, trotzdem wird deutlich, dass die SPD die Probleme erkannt hat und bereit ist, daran zu arbeiten.

Hate Speech

Schon mit dem sogenannten NetzDG wollte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) seinen Beitrag zum Umgang mit Hate Speech leisten. Allerdings wird das Gesetz von Verbänden und Experten stark kritisiert. Hate Speech steht aber nichtsdestotrotz weiter auf der Agenda der SPD:

„[Wir wollen] der Verbreitung von Hasskriminalität und so genannten Fake News entgegenwirken. Sie sind eine große Gefahr für das friedliche Zusammenleben und für die freie und demokratische Gesellschaft. Am Anfang stehen die Worte, dann folgen die Taten. Wer im Internet kriminelle Parolen veröffentlicht und zu Gewalt gegen Jüdinnen und Juden, Ausländer und Ausländerinnen oder andere aufruft, muss konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Die Verbreitung rechtswidriger Inhalte wie Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung in den sozialen Netzwerken soll besser und schneller verfolgt werden. Daher setzen wir uns für eine verbesserte Ausbildung und Ausstattung der Polizeibehörden und Justiz in diesem Bereich ein“ (S.73).

Konkrete Gesetzespläne für den Umgang mit Hate Speech gibt es auch, die über das NetzDG hinausgehen:o soll es eine „Berichtspflicht“ für Anbieter bei rechtswidrigen Inhalten und einheitliche Standards beim Beschwerdemanagement geben. Zusätzlich wird eine bessere Zusammenarbeit der Betreiber von sozialen Medien mit den Behörden angemahnt. Schon in der Diskussion um das NetzDG wurde deutlich, dass Firmen wie Facebook und Twitter in Deutschland juristisch schwer greifbar sind, deswegen fordert das Wahlprogramm der Sozialdemokraten „Kontaktstellen im Inland“. Zusätzlich soll es internationale Regeln geben, nicht nur auf der Ebene der EU.

 

Bündnis 90 / Die Grünen: „Kampf gegen rechts stärken“

Rechtsextremismus

Bündnis 90 / Die Grünen positionieren sich eindeutig, was den Umgang mit Rechtsextremismus angeht: „Wir dulden keinen Hass, keine LSBTIQ*-Feindlichkeit, keinen Sexismus, keinen Rassismus, Antisemitismus, antimuslimischen Rassismus, oder Antiziganismus“ (S.117).

Die Grünen wollen Demokratie und politische Bildung fördern. Gleichzeitig verlangen sie, ohne an dieser Stelle den NSU explizit zu erwähnen, dass Sicherheitsbehörden „den Blick nach rechts außen schärfen und dazu das breite Wissen zivilgesellschaftlicher Initiativen besser würdigen und als Expert*innenwissen in ihre Analysen einbeziehen“ (S. 141).

Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus und islamistischen Extremismus ist dabei auch Teil des grünen Wahlprogramms: „Wir wollen Präventionsprogramme sowohl gegen Rechtsextremismus als auch gegen gewaltbereiten Islamismus und Salafismus massiv ausbauen und zivilgesellschaftliche Ansätze stärken“ (S.143).

An zentraler Stelle hebt die Partei diesen Themenbereich nochmals gesondert hervor und nennt unter anderem zwei spezifische Punkte aus diesem Themenkomplex: Kampf gegen rechts stärken und der Radikalisierung von Jugendlichen vorbeugen.

Die Grünen fordern eine konsequentere Strafverfolgung von rassistischen und rechtsextremen Straftaten und wollen Opfer besser schützen, inklusive eines Bleiberechts, um den korrekten Ablauf von Verfahren zu gewährleisten (S. 140). Gleichzeitig sollen Bürger_innen unterstützt werden, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren: „sei es in Vereinen, Initiativen, Religionsgemeinschaften oder in der antifaschistischen Einhornaktion – ob durch Bildungs- und Beratungsarbeit oder durch Demos und friedliche Blockaden von Nazi-Aufmärschen. Das wollen wir besser anerkennen und ihre finanzielle Ausstattung sicherstellen“ (S. 141).

Hate Speech

Nicht ohne einen Seitenhieb auf das umstrittene NetzDG sagen die Grünen auch dem „Hass im Netz“ den Kampf an: „Menschen, die sich volksverhetzend äußern oder andere mit Mord- und Vergewaltigungsfantasien bedrohen, [müssen] konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Große Anbieter sozialer Netzwerke gehören hier in die Pflicht genommen, dürfen aber nicht in eine Richter*innenrolle gedrängt werden. Sie müssen offensichtlich strafrechtswidrige Inhalte umgehend löschen“ (S. 166).

Hate Speech und Hetze sind allerdings nicht immer illegal. Auch für diese Fälle gibt es einen Plan: „Wir fordern Internet-Unternehmen auf, intensiv mit Organisationen zusammenzuarbeiten, die sich für Opfer von Hass und Hetze, Rassismus und Diskriminierung im Internet einsetzen, und diesen auch direktere Meldewege zur Verfügung zu stellen. Ein demokratisches Netz braucht Nutzer*innen, die Hass und Hetze eine klare, ethisch begründete Haltung entgegensetzen, die Inhalte kritisch hinterfragen, um Falschmeldungen keine Chance zu geben, und die sich aktiv in Diskussionen mit Gegenrede einbringen, um Betroffene von Rassismus und Mobbing zu unterstützen“ (S. 166).

 

Die Linke: Viel gegen rechts, wenig gegen Hate Speech

Rechtsextremismus

Die Linke analysiert in ihrem Programm als einzige in dieser expliziten Form die Rolle der AfD: „Mit der AfD hat sich eine nationalistische und in weiten Teilen rassistische Partei etabliert, die ideologische und personelle Verbindungen zur extremen Rechten hat“ (S.109) Genauso sind sie die einzigen, die genauer auf rassistische Übergriffe eingehen: „Die Angriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte nehmen dramatisch zu. 2014 waren es nach offiziellen Angaben 180 solcher Angriffe, 2015 weit über 1 000. 2016 hielten die Angriffe unvermindert an. Unabhängige Stellen kommen zu weit höheren Zahlen“ (ebd.).

Die Partei will eine „unabhängige Beobachtungsstelle ‚Extreme Rechte, Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit‘ schaffen“ (ebd.). Auch die Linke will ein Bleiberecht für Opfer rechtsextremer Gewalt.

Prävention will die Linke weiter ausbauen: „Die Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus müssen dauerhaft gefördert werden. Projekte der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, Opferberatungen und zivilgesellschaftliche Demokratiebündnisse wollen wir stärker unterstützen, um den erstarkenden rechten Bürgerbewegungen in den Regionen effektiv etwas entgegensetzen zu können“ (ebd.). Zusätzlich fordert die Partei auch „ein Verbot aller neofaschistischen Organisationen“.

 

Hate Speech

Die Linke positioniert sich in ihrem Programm gegen Hate Speech, hat allerdings im Gegensatz zum Umgang mit Rechtsextremismus, offenbar noch kein Konzept entwickelt, um dem Hass im Netz tatsächlich etwas entgegenzusetzen. Der vollständige Abschnitt zur Hassrede liest sich so: „Auch in sozialen Netzwerken muss die körperliche und geistige Unversehrtheit der User gewahrt werden. Unternehmen müssen Hatespeech oder Mobbing sowie Beleidigung, Verleumdung und Volksverhetzung, auch durch Social Bots, zur Anzeige bringen und nach gerichtlicher Entscheidung löschen“ (S. 124).

 

FDP: liberales Menschenbild, aber keine konkrete Prävention

Rechtsextremismus

Die FDP erwähnt, genauso wie die CDU, Rechtsextremismus nicht explizit. Die Liberalen wollen sich allerdings trotzdem gegen seine Auswirkungen einsetzen und beschreiben das, vor allem bezogen auf Homo- und Transfeindlichkeit, konkret so: „Homo- und Transphobie für genauso wenig akzeptabel wie Rassismus und Antisemitismus. Sie sind der Boden, auf dem Gewalt und Diskriminierung gedeihen. Wir stehen für Vielfalt und Wertschätzung in der Gesellschaft. Insbesondere mit konkreten Maßnahmen für Bildung, Förderung von Selbsthilfe und Diversity Management, aber auch durch Sensibilisierung staatlicher Entscheidungsträger sollen Toleranz und Akzeptanz gestärkt werden“ (S.94).

Wie genau Rechtsextremismus unter einer Bundesregierung mit liberaler Beteiligung aussehen würde, ist im Wahlprogramm allerdings leider nicht zu lesen. Die FDP beschreibt ihr Weltbild so: “ In unserer Republik haben gruppenbezogene Menschenanfeindungen wie Antisemitismus und Islamfeindlichkeit keinen Platz. Im Rahmen dieser Ordnung muss es jedem Menschen freigestellt sein, so zu leben, wie er es für richtig hält; auch wenn dies den Traditionen der Mehrheitsgesellschaft zu widersprechen vermag“ (S. 82).

 

Hate Speech

Im Wahlprogramm der FDP steht explizit, dass die Partei im Namen der Meinungsfreiheit nichts gegen Fake News unternehmen möchte. Anders sieht es aber bei Hate Speech aus. Die Liberalen fordern, dass strafrechtlich relevante Posts konsequenter verfolgt werden, dafür sollen Polizei und Staatsanwaltschaft besser ausgestattet werden. Nicht strafrechtlich relevante Posts, die trotzdem vor Hass strotzen erwähnt die FDP allerdings auch: „die Betreiber [von sozialen Netzwerken müssen] ihrer Verantwortung nachkommen und Strategien zum Umgang mit Hass-Postings entwickeln“ (S. 95).

 

AfD: Setzen, 6.

Rechtsextremismus

Das Wort “Rassismus” kommt im gesamtn Wahlprogramm einmal vor: “Einer Diffamierung rationaler Religionskritik als ‘Islamophobie’ oder ‘Rassismus’ tritt die AfD entgegen.”

Die AfD will laut Wahlprogramm nichts gegen Antisemitismus oder Rassismus unternehmen.

Hate Speech

Die AfD hat laut Wahlprogramm keine Position zu Hate Speech. Aus einer Passage kann man herauslesen, dass zumindest Straftaten auch im Internet verfolgt werden sollen: „Das Internet als Medium der Kommunikation, Information und freien Meinungsäußerung darf abseits der Verfolgung von Straftaten keinerlei Beschränkung und Zensur unterliegen“ (S. 48).

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