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Gute Tipps Kritisch demonstrieren ohne Nazis

Mancherorts möchten Menschen aktuell ihren politischen Protest auf die Straße tragen – weil aber rechtsextreme Aktivist*innen die Demonstrationen für antidemokratische Agitation nutzen, ist der dann kaum mehr zu hören. Was tun? Das Kulturbüro Sachsen hat essenzielle Tipps zusammengestellt.

 
Das Kulturbüro Sachsen e.V. hat aufgrund der zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen, welche insbesondere in ostdeutschen Städten von rechtsextremen Akteuren initiiert oder vereinnahmt werden, eine Handlungsempfehlung zur Abgrenzung und Prävention einer weiteren Radikalisierung der Proteste erstellt. (Quelle: Kulturbüro Sachsen)

Viele Menschen in Deutschland möchten derzeit ihre Ängste und ihre Kritik am Weltgeschehen oder am politischen Handeln in Deutschland auf die Straße tragen – was ja ihr gutes Recht ist. Die thematische Auseinandersetzung wird aber kaum mehr gesehen, wenn rechtsextreme Akteur*innen wie die „Freien Sachsen“, aber auch andere rechtsextreme Parteien, Verschwörungsideolog*innen der Pandemieleugner*innen die Demonstrationen kapern und mit antidemokratischen Plakaten und Reden Hass verbreiten. Sie versuchen Sündenböcke – politisch Verantwortliche, Jüdinnen und Juden und Migrant*innen – für die Probleme verantwortlich zu machen, statt Problemlösungen zu finden.

Aber lässt es sich überhaupt verhindern, dass sich rechtsextreme Gruppen dem eigenen Protest anschließen, ihn für ihre Agenda missbrauchen? Das fragen sich aktuell nicht wenige Aktivist*innen und Organisationen, die etwa eigentlich für soziale Gerechtigkeit auf die Straße gehen möchten, aber im Wunsch nach einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung und Hilfe. Und nicht, um antisemitischen Verschwörungserzählungen von „Neuer Weltordnung“ und „strippenziehenden Globalisten“ eine Plattform zu geben.

Das Kulturbüro Sachsen e.V. hat aufgrund der zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen, welche insbesondere in ostdeutschen Städten von rechtsextremen Akteuren initiiert oder vereinnahmt werden, eine Handlungsempfehlung zur Abgrenzung und Prävention einer weiteren Radikalisierung der Proteste erstellt. Denn es gibt tatsächlich viele symbolische, aber auch ganz praktische Tipps, wie eine Distanz zur Demokratiefeindlichkeit gewahrt werden kann. Und zwar schon bei der Planung von Veranstaltungen bei der Frage von Anmelder*innen und Order*innen, aber auch während der Demonstration durch die Auswahl der Redebeiträge und der mitgeführten Symboliken.


Einige Tipps:

  • Distanzieren Sie sich im Kundgebungs-/Demonstrationsaufruf und den Redebeiträgen klar von extrem rechten Positionen, Parteien und Gruppen und von anderen Demokratiefeinden.
  • Verweisen Sie nicht pauschal auf „die da oben“. Benutzen Sie nicht die Begriffe und die Sprache rechtspopulistischer und extrem rechter Parteien.
  • Lassen Sie Fahnen, Banner, Stände extrem rechter Parteien wie Freie Sachsen, Der III. Weg etc. nicht zu. Erlassen Sie aber kein generelles Fahnen- und Plakatverbot. Das setzt die Fahnen, Symbole und Meinungsäußerungen demokratischer Parteien, Gewerkschaften und Organisationen mit denen der extremen Rechten gleich.
  • Versuchen Sie eine differenzierte Darstellung der Situation: Benennen Sie auch gute politische Entscheidungen und wertvolle gesellschaftspolitische Entwicklungen und formulieren Sie eigene Forderungen. Schauen Sie nach Handlungsspielräumen auf kommunaler Ebene!

Der Aufwand lohnt sich, denn demokratische Veranstaltungen und Demonstrationen von zivilgesellschaftlichen Akteuren, die eine klare Abgrenzung nach Rechtsaußen vornehmen, bieten Menschen eine Entscheidungsgrundlage, wem sie sich anschließen möchten. Denn oft ist bei Demonstrationen vor Ort zu vernehmen: „Ich möchte demonstrieren und in meinen Ängsten gesehen werden. Aber bei uns bieten halt nur die Rechtsextremen solche Demonstrationen an.“ Wenn es demokratische Alternativangebote gibt, wird Rechtsextremen effektiv der Resonanzraum entzogen.

Alle Tipps gibt es beim Kulturbüro Sachsen als PDF zum Download:

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