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In Ostritz will die militante Neonazi-Szene Hitlers Geburtstag feiern

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Am 20. Und 21. April soll in Ostritz das Neonazi-Festival „Schild und Schwert“ stattfinden. Erwartet werden mehrere tausend gewaltaffine Neonazis. (Quelle: Screenshot)

 

 

Die Großveranstaltung soll auf dem Gelände und in den Räumlichkeiten des Ostritzer „Hotel Neißeblick“ stattfinden, dabei ist dieses Event nicht die erste Neonazi-Veranstaltung in dieser Immobilie. 2012 hielt hier beispielsweise die sächsische NPD ihren Landesparteitag ab. Eigentümer des Hotels ist das NPD-Mitglied Hans-Peter Fischer, der auch als „Herbergsvater der NPD“ bezeichnet wird.

 

Zweitägiges Neonazi-Festival mit allerhand Hass-Lifestyle

Auf dem „Schild & Schwert“-Festival sollen Bands aus dem „Blood & Honour“ Netzwerk spielen, MMA-Kämpfer gegeneinander antreten, Redebeiträge gehalten und neonazistischer Merchandise angeboten werden, um möglichst viele Nazis aus Europa am Datum des Hitler-Geburtstages nach Sachsen zu mobilisieren. Da es von Ostritz nur knapp fünf Kilometer bis nach Tschechien sind, heißt das Nazi-Event auf seiner Facebook-Präsenz tschechische Besucher_innen nochmal ganz explizit willkommen.

Das zweitägige Event folgt dem Trend zu immer größeren und professionelleren Veranstaltungen dieser Art, die über die klassische Kundgebung im öffentlichen Raum mit ein paar Rechtsrock-Acts hinausgehen. Und dennoch ist die Form eines zweitägigen Neonazi-Festivals neu und könnte ein zusätzlicher Mobilisierungseffekt sein. Mit dem breiten Angebot sollen jedoch auch die Kassen der Neonazis klingeln. Das als politische Versammlung angemeldete Festival kostet zwischen 15 und 45 Euro Eintritt. Ein Komplettpaket mit An-und Abfahrt von Süddeutschland, Übernachtung und Frühhtstück und dem Eintritt für zwei Tage kostet 135 Euro.

 

NPD-Mann Thorsten Heise

Anmelder des Events ist NPD-Vize Thorsten Heise. Erst vor wenigen Wochen startete er mit der Gründung des „Völkischen Flügels“ innerhalb der NPD eine Rebellion seiner Partei. Laut der eigenen Proklamation, soll der „Völkische Flügel“ dazu beitragen, die „NPD zu einer wirklichen Weltanschauungsorganisation und Bewegung zu machen, anstatt sie weiter als erfolglose Wahlpartei systemaffiner Politikjongleure zu überlassen.“ Damit erteilt NPD-Vize Thorsten Heise und die weiteren Mitunterzeichner dem parlamentarischen Weg der NPD eine Absage. Heise will die NPD wieder stärker für die militante Szene öffnen.

Vor dem Hintergrund einer angestrebten Neuausrichtung der NPD kommt auch dem von Heise initiierten Neonazi-Festival eine besondere Bedeutung zu. Das zweitägige Rechtsrock-Event, das unter dem Motto „Reconquista Europa“ steht, ist offenbar Teil der NPD-Rebellion. Für die rechtsextreme Szene sind Rechtsrock-Konzerte der ideale Ort, um sich zu vernetzen. Und offenbar hat man auch in Ostritz keine Berührungsängste zur hierzulande verbotenen „Blood & Honour“-Szene – und dann passt es ja gut, dass das international agierenden B&H-Netzwerk auf seiner Website für Ostritz wirbt.   

 

Auch die deutsche „Combat-18“-Zelle „Oidoxie-Streetfighting-Crew“ wird in Ostritz erwartet

Es ist kein Zufall, dass auch in Heises eigenem Versandhandel, dem WB-Versand, bis heute neben der Band des „Blood & Honour“-Gründers Ian Stuart, „Skrewdriver“, zahlreiche weitere B&H-Bands vertreten sind. Einige der Bands werden auch im Rahmen des „Schild und Schwert“-Festivals auftreten und entsprechendes Publikum anziehen, wie die Band „Oidoxie“.  

Die Band propagiert in ihren Texten „Leaderless Resistance“ (führerlosen Widerstand) und „Race War“ (Rassenkrieg), auf Konzerten warben sie für die Terrorgruppe „Combat 18“. C18 ist der bewaffnete Arm der in Deutschland verbotenen Vereinigung „Blood & Honour“. Die führerlosen Zellen verübten zahlreiche Anschläge auf politische Gegner_innen, Migrant_innen und Journalist_innen in ganz Europa. Aus dem Umkreis der Band „Oidoxie“ entstammt auch die „Combat-18“-Zelle „Oidoxie-Streetfighting-Crew“, deren Umfeld Verbindungen zum rechtsterroristischen NSU nachgesagt werden. Die terroristische Gruppierung, gegen die der Verfassungsschutz ermittelte, bewaffnete sich und trainierte für den Nahkampf.

 

Gefährliche Straight Edge-MMA-Kämpfer beim „Kampf der Nibelungen“

Neben politischen Redebeiträgen von unter anderem Thorsten Heise und NPD-Urgestein Udo Voigt, soll es am Samstag eine Tattoo-Convention und eine Kampfsportarena der „Kampf der Nibelungen“ geben. Hinter dem „Kampf der Nibelungen“ verbirgt sich eines der größten europäischen, offen nazistischen Kampfsportevents. Verbindendes Ziel der Kämpfer ist die Vorbereitung auf einen „Endkampf der Kulturen“, den sie in Zukunft auf die Straße tragen wollen. Propagiert wird, wie schon im Nationalsozialismus, ein Idealbild soldatischer Männlichkeit und Herrenmenschentum, die oftmals verbunden ist mit einem eisernen Straight-Edge-Lifestyle. Der französische MMA-Kämpfer Tomasz Szkatulski gab über Facebook-Kommentare bekannt, dass er in Ostritz in den Ring steigen wird. Der Neonazi  gehört zum französischen „Blood & Honour“-Netzwerk – und er ist Kampfsportler für das Team der Neonazi-Marke „Pride France“. Im Sommer fiel er in Berlin durch sein extrem aggressives und gewaltbereites Verhalten beim neonazistischen Rudolf Heß-Gedenkmarsch auf.

 

Tomasz Szkatulski (Bildmitte) im August in Berlin. BTNRechtsextreme Hooligans: Professionalisierung der Gewalt im Kampfsport

„Blood & Honour“-Event in Polen abgesagt

Eigentlich wollten polnische Neonazis parallel am 21. April nur wenige Kilometer von Ostritz im Umkreis von Breslau das Neonazi-Festival „Night of Identity“ abhalten. Die Jahre zuvor wurde dieses Event noch unter dem Namen „Night of Terror“ veranstaltet. Organisiert wurden diese Hardcore-Hass-Veranstaltung von „Club 28 Division Poland“ der polnischen „Blood & Honour“-Sektion, deren führende Strippenzieher sich auf dem großen Neonazi-Vernetzungstreffen vergangenes Jahr in Themar präsentierten.

 

 

Der polnische Neonazi Krzysztof S?owi?ski (rechts) aus dem B&H-Netzwerk war 2017 zu Gast in Themar. BTN

 

Ursprünglich waren Konzerte von „Blood & Honour“-Bands aus Polen, Deutschland, Spanien und den USA geplant. Wie nun allerdings die polnische Zeitung „Gazeta Wyborcza“ berichtet, wurde das B&H-Event „Night of Identity“ abgesagt. Der Grund dafür ist offenbar, dass man der NPD-Veranstaltung in Ostritz keine Konkurrenz machen wolle. Möglicherweise wäre es auch zu personellen Überschneidungen zwischen den MMA-Kämpfern in Ostritz und Bandmitgliedern der Auftretenden B&H-Musiker in Polen gekommen, wie beispielsweise bei Mitgliedern der B&H-Bands „Terrorsphära“ (Deutschland) und „L.T.W“ (Polen).   

 

 

Die Band „H8 Machine“ sollte bei „Night of Identity“ auftreten. Ende februar postete sie dieses Bild. Screenshot Facebook

 

Auf einer Internetseite von B&H Polen behauptet die Sektion ihr Festival fiele aus wegen der „Willkür Zions. Aber wir sind nicht tatenlos.“ Sie laden zur „Tauffeierlichkeit“ am 21. April an einem noch geheimen Ort im Breslauer Raum ein. Im Vorfeld müssen Karten für 35 Euro bestellt werden – exakt jenem Betrag, der das Tagesticket am Samstag in Ostritz kostet.

Eine Mobilisierung der polnischen Neonazis nach Sachsen wäre auch dahingehend interessant, da aufgrund der Erfahrungen aus dem zweiten Weltkrieg eine Zusammenarbeit von deutschen und polnischen Neonazis lange Zeit ausgeschlossen war. Das ändert sich momentan.

Das einige Vertreter aus den Kreisen von „Blood & Honour“ und „Combat 18“ die Nähe zum polnischen Neonazi-Netzwerk suchen, dürfte schlicht auf Pragmatismus und Geschäftssinn zurückgehen. Billige Produktionsmöglichkeiten, Konzert-Locations und ein leichterer Zugang zu illegalen Waffen macht Polen für das deutsche Milieu interessant.

 

Polenfeindliche Bands in Ostritz

Interessant ist allerdings dass in Ostritz mit Bands wie der „Lunikoff Verschwörung“ von Michael Regener Bands spielen, die offen polenfeindlich sind. So heißt es etwa in Regeners Vorgängerband „Landser“:

„Wenn ich das seh, werd‘ ich echt sauer, Polackenlümmel schreien White Power. Oh, wie ich dieses Scheissvolk hasse. Seit wann gehören Polacken zur arischen Rasse? Wenn bei Danzig die Polen-Flotte im Meer versinkt und das Deutschland-Lied auf der Marienburg erklingt, dann zieht die Wehrmacht mit ihren Panzern in Breslau ein, und dann kehrt Deutschlands Osten endlich wieder heim“

Ob und wie die polnischen Neonazis Bands feiern können, die Polen quasi das Existenzrecht absprechen bleibt abzuwarten.

 

„Rechts rockt nicht“ widersetzt sich dem Hass-Event

Ein Zusammenschluss von Gruppen und Einzelpersonen will das Hass-Festival allerdings nicht unkommentiert lassen. Die Initiative „Rechts rockt nicht!“ ruft zum Widerstand gegen das geplante Nazi-Festival auf. Sowohl am Freitag, wie auch am Samstag soll es in Ostritz, ein vielfältiges Programm für die Zivilgesellschaft geben, mit Redebeiträgen, Podiumsdiskussionen und Musik. Das Bündnis hofft mit einer breiten Mobilisierung, um den Neonazis zu zeigen, dass, auch wenn sie sich in die hinterste sächsische Provinz zurückziehen, sie nicht unbeobachtet und ihr Menschenverachtung nicht unwidersprochen bleiben.

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