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Organische Christus Generation (OCG) Antisemitische Bewusstseinsmanipulation in Schweizer Sekte

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Promo-Video der OCG (Quelle: Screenshot Kla.Tv)

Was wenn Adolf Hitler einer gewesen sei, der gleich nach Jesus Christus komme, fragt Ivo Sasek sein begeistertes Publikum, ohne die Antwort zu geben. „Was machst du dann? Wenn das einer ist, der von dem Rang eines Apostels ist? Jetzt staunst du mich an. Verboten, so etwas zu sagen? Prüfe es doch einmal.“ Im Privaten würde man so reden, in der Öffentlichkeit jedoch nicht, so Ivo Sasek, ein großgewachsener Mann mit blauen Augen. Er hält seine Rede vor zahlreichen Menschen. 

Alles Anhänger seiner faschistisch, fundamentalistischen Sekte mit Namen „Organische Christus Generation“ – kurz OCG. Dreh- und Angelpunkt dieser „Generation“ ist Ivo Sasek selbst. Alle müssen das tun, was Sasek von ihnen verlangt. „Es handelt sich bei OCG nicht um eine kleine Schweizer Gemeinde. Auch in Deutschland ist sie verbreiteter als manch einer annimmt“, so Christoph Grotepass von „Sekten-Info NRW“ gegenüber Belltower.News.

Ivo Sasek 2019 (Screenshot Kla.Tv)

Das Geschäft mit der Angst

Doch Sasek ist nicht nur Laienprediger, sondern  der Kopf eines „alternativen“ Medienimperiums, in dem es stets darum geht, dass wir uns auf der Schwelle zum dritten Weltkrieg befinden. Nicht selten drehen sich seine TV-Shows und Artikel dabei auch um „Flüchtlinge als Kriegswaffe“, die hohle Erde, Bevölkerungsaustausch oder satanistische Mächte im Hintergrund, die die Strippen ziehen. Ivo Sasek bewegt mit seiner verschwörungsideologischen und antisemitischen Weltsicht viele Menschen. Sie teilen sein Weltbild, online, wie offline. 

 

Ivo Sasek: Ein faschistisch, fundamentalistischer Führer?

Ende der 90er-Jahre gründete der gelernte Automechaniker Sasek seine christlich fundamentalistische Gemeinschaft oder wie er es beschreibt, einen „Organismus“. Seither will Sasek den Willen Gottes verbreiten oder vielmehr seiner Anhängerschaft seinen Willen aufdrücken – mit radikalen Mitteln. Aussteiger*innen aus der Sekte sprechen von Bewusstseinsmanipulation und vom Brechen von Persönlichkeiten. Vorbild für alle Anhänger*innen ist die Familie Sasek, Ivo, seine Frau Anni und ihre elf Kinder, wobei zwei Söhne mittlerweile den Ausstieg geschafft haben. Familie Sasek geht regelmäßig in den Sommermonaten auf Tourneen mit selbstgeschriebenen Musicals, Kinderliedern und Filmen.

Hierarchien der OCG (element investigate)

Die Hölle, das sind die anderen

Ivo Sasek hat eine ganz klare Vorstellung wie die Gemeinschaft leben soll. Mitglieder sollen in einem Verband leben. Ihnen wird eingetrichtert, dass ein gutes erfülltes Leben nur in der Gemeinschaft unter OCG-Anhänger*innen möglich sei. Die Gesellschaft hingegen sei die Hölle, vor der sich die Anhänger*innen mit allen Mitteln fernhalten müssen. 

Gewalt gegen Kinder

Um diese Ziele zu erreichen, ist ihm auch Gewalt gegen Kinder ein gerechtes Mittel. Folgende Passage soll angeblich aus der Feder des damals 14-jährigen Sohns David Sasek stammen: 

„Ich bin meinen Eltern ja so dankbar, haben sie mich nicht nur vor der Hölle gewarnt, sondern jegliche Sünde, die die Hölle verdient, ausgetrieben und zwar konkret mit der Rute. Da es mir so ein Anliegen ist, dass Ihr Eure Kinder vor der Hölle und vor dem Gericht errettet, bitte ich Euch, dass Ihr, wo immer nötig, zur Rute greift und ihnen das Böse austreibt.“ 

Der damals 14-Jährige begab sich damit in die Tradition seines Vaters, der zu diesem Thema in „Erziehe mit Vision“ schrieb:

„Sind sie aber widerspenstig und böse oder entgegen der Ermahnung wild, unbändig und übermütig, so schone deine Rute nicht. Du gibst ihnen zwei, drei zünftige Streiche hinten drauf und schon ist der Wille wieder gereinigt, die Kammern des Leibes geputzt und die Narrheit vom Herzen des Knaben entfernt“ 

Saseks Einstellung zu Gewalt gegen Kinder führte 1995 zu einer Strafanzeige wegen angeblicher Kindesmisshandlung und zu seiner Verhaftung 2001. Die nachfolgenden Untersuchungen konnten den Vorwurf jedoch nicht bestätigen und doch berichten Aussteiger*innen von massiver Gewalt gegenüber Kindern, selbst gegenüber Säuglingen. Laut dem Rechercheportal „Psiram“ brachte das Sasek den Ruf als „Prügelguru und Kinderschänder“ ein. Er radikalisierte sich seither noch weiter. 

Eine unmenschliche Praxis: Die „Bemessung“ 

Sasek sieht sich selbst als Prophet und Apostel, der alle Christ*innen auffordert, sich organisch, mit Haut und Haar, in den Organismus Christi einzuordnen, den er mehr oder weniger mit seiner Organisation und seiner wörtlichen Auslegung der Bibel identifiziert. Nur wer die „Bemessung“, Saseks Untersuchung der „Organismustauglichkeit“ erfolgreich besteht und die radikalen Regeln von Gehorsam, Unterordnung und Selbstaufgabe befolgt, gehört zur neuen, erlösten und jetzt schon sündlosen Generation. Sasek beansprucht eine Unterwerfung unter seine offenbar einzig legitime Vorstellung vom Christ-Sein. „Hierbei gibt es keine Wertschätzung gegenüber anderen und eigenständigen Glaubens- und Lebensvorstellungen“, so Christoph Grotepass von „Sekten-Info NRW“. Die „Bemessungen“ ist eine Praxis in der OCG, in der in persönlichen Gesprächen mit Führungspersonen herausgestellt wird, dass man voller Sünde sei. Ihnen wird eine völlige Untauglichkeit für den Organismus Christi aufgezeigt, das führt nicht selten zu einem psychischen Crash. 

Weil Saseks extreme Lehre unter Christ*innen nicht auf die erhoffte Zustimmung stieß, geriet er in Isolation, die er immer mehr als Verfolgung und Verschwörung deutete, so die „Arbeitsstelle für Weltanschauungen“. 

Medienimperium: Film-Produktionsfirma, Buchverlag und Spielfilme

Seither nimmt die Verbreitung von Verschwörungstheorien einen maßgeblichen Raum bei Sasek ein. Dafür gründete er mehrere Medienformate. Mit der „Anti-Zensur-Koalition“ (AZK) kämpft er gegen die angeblich „totale Zensur“ und verbündet sich zur Verbreitung der angeblich unterdrückten Wahrheiten auf Kongressen mit Handysmog-Gegner*innen, Klimawandel-Leugner*innen, Impfgegner*innen, Esoteriker*innen, Scientolog*innen, Holocaust-leugner*innen und Verschwörungstheoretiker*innen jeglicher Couleur. Die „Anti-Genozid-Bewegung (AGB) kämpfte gegen den angeblich bevorstehenden Genozid an allen Christ*innen. In der Zeitschrift „Stimme und Gegenstimme“ (S&G) wird beispielsweise die Sexualerziehung und die angebliche Sexual- Umerziehungszwang zur Homosexualität angeprangert. Mit dem Kanal  „Jugend.TV“ versuchte Sasek gar direkt Kinder und Jugendliche anzusprechen und in seinem Sinne zu indoktrinieren.  Sasek spricht so nicht nur zu OCG-Anhänger*innen, er erreicht durch seine Zeitschriften, Kongresse, Videos und YouTube-Kanäle eine Vielzahl von unzufriedenen, ängstlichen, sich benachteiligt fühlenden Menschen. Dabei ähneln seine verschiedenen Kongresse immer mehr pompösen amerikanischen Spielshows. Wie er das alles finanziert? Unklar. 

Die Kongresse ähneln immer mehr großen Spielshows (Screenshot Kla.Tv)

„Klagemauer-TV“ (kla.TV): An der Schwelle zum dritten Weltkrieg

Auf dem YouTube-Kanal „Klagemauer-TV“ (kla.TV) ist der Bezug zum Sektenführer Sasek hingegen nicht direkt offensichtlich. Auf dem YouTube-Kanal mit über 85.000 Abonnent*innen ist das Themenspektrum breit: HIV/AIDS wird ebenso geleugnet wie der vom Menschen gemachte Klimawandel, zu Impfungen werden krude Ansichten verbreitet, die „Antifa“ würde Demonstrant*innen mit Bussen transportieren und Demo-Geld zahlen und der jüdische Milliardär George Soros manipuliere mit bösen Absichten angeblich die Weltpolitik in dem er Kriege auslöse. Klagemauer.TV veröffentlicht aber auch Videos zu aktuellen politischen Ereignissen aus aller Welt: „Nachrichten“ aus einem Fernsehstudio, die die „Mainstreammedien“ angeblich unterdrücken würden. Und immer geht es um eine angebliche böse Elite, die einen Bürgerkrieg anstrebe, um die Menschheit zu dezimieren. Flüchtlingsbewegungen und „Völkervermischung“ seien eine Form der Kriegsführung. Wer sind laut „kla.TV“ diese bösen Mächte? Die USA, beziehungsweise die „Finanz-Elite“ der USA, sprich: Die Rothschilds. Und damit sind wir dann auch schon beim antisemitischen Feindbild, der angeblich gierigen und bösen Juden und Jüdinnen. 

Kla.TV-Sendung von 2013: In dem Clip wird behauptet, dass Israel Weltmarktführer im Organhandel sei – und das als Entschädigung für den Holocaust sehe. (Screenshot Kla.TV)

Als Beleg dafür zieht Sasek stets die sogenannten „Protokolle der Weisen von Zion“ heran. Die „Protokolle der Weisen von Zion“ sind eines der wichtigsten Dokumente des modernen Antisemitismus und übten einen erheblichen Einfluss auf das Weltgeschehen des 20. Jahrhunderts aus. Sie propagieren den Mythos der sogenannten „jüdischen Weltverschwörung“. Im Wesentlichen thematisieren die „Protokolle“ die angeblichen Pläne des sogenannten „Weltjudentums“ zur Errichtung ihrer Herrschaft über die Welt.

Beliebte Erzählung von rechts: der Milliardär Soros sei der Kopf einer Weltverschwörung zur Unterdrückung des Westens durch „Umvolkung“. (Screenshot Kla.TV)

Holocaustleugnung auf der AZK-Bühne

Saseks „Anti Zensur Koalition“ bietet Holocaustleugner*innen und Antisemit*innen eine Bühne. Auf der 8. AZK 2012 in der Stadthalle (!) im schweizerischen Chur hatte die notorische Holocaust-Leugnerin und ehemalige Lebensgefährtin des militanten Antisemiten Horst Mahler einmal mehr den Holocaust geleugnet. In ihrem Referat lud Sylvia Stolz das Publikum ein, Nazis „kennen zu lernen“, um sich ein eigenes Bild ihrer Ansichten zu machen. Der Holocaust könne nicht gerichtlich bewiesen werden, dazu fehlten die Leichen, die Spuren der Täter und die Waffen, sagte Stolz in Chur. Spuren eines Mordes würden fehlen. Eine nationalsozialistische Absicht, Juden zu töten, würde fehlen. Ivo dankte ihr am Ende der Rede und brachte mit tränenunterdrückten Stimme hervor, sie sei eine „Frau mit dem Mut eines Löwen“. Die Holocaustleugnung führte sowohl zu einer Strafanzeige gegen Sylvia Stolz wie auch gegen Ivo Sasek, wegen Verbreitung der Rede. Stolz wurde zu einer anderthalb jährigen Haftstrafe verurteilt. Sasek wurde hingegen freigesprochen.

 „Sie sind gar keine Juden. Sie sind eine Synagoge Satans, eben die Nimrodsekte, Satanssekte.“ Ivo Sasek 2019

Sylvia Stolz auf der AZK-Konferenz (Screenshot Kla.TV)

Ist Ivo Sasek ein Bewunderer von Adolf Hitler? 

Aber wie steht nun Ivo Sasek zu Adolf Hitler? Auf einem sogenannten Freundestreffen 2014 sprach er auf der Bühne vor tausenden Zuhörer*innen davon, dass „die Protokolle der Weisen von Zion“ umgesetzt würden (also dass Jüd*innen die Weltherrschaft anstreben würden), um dann direkt Adolf Hitlers menschenverachtendes Manifest „Mein Kampf“ zu erwähnen.  

„Diese Protokolle werden umgesetzt. Und ich sage dir, ich habe gelernt alles zu prüfen. Ich nehme ein Buch wie ‚die Protokolle der Weisen von Zion‘ und sage, jetzt möchte ich mal auf mein Herz horchen und lese es einfach durch. Und dann nehme ich ‘Mein Kampf‘ und lese es einfach nur durch und schaue einfach was da drinnen passiert [zeigt auf seine Brust].“ 

Was bei ihm passiert ist erfahren wir nicht. Sasek ist clever genug das nicht auszusprechen. Auf eine schriftliche Anfrage der „dpa“, was Ivo Sasek selbst vom Holocaust denkt, antwortete er in einem Video auf „Klagemauer.TV“:

„Was ich selbst über den Holocaust denke, ist hingegen völlig irrelevant, weil ich zu jener Zeit ja noch gar nicht gelebt habe.“ Ivo Sasek 2018

Interessant. Sasek kann also öffentlich keine Einschätzung über die Shoah machen, weil er vor knapp hundert Jahren noch nicht auf der Welt war und es daher nicht mit eigen Augen prüfen konnte. Hingegen legt er sein Leben und auch das der OCG-Anhänger*innen auf ein Buch aus, das über 2.000 Jahre alt ist und von dem er jedes Wort für bare Münze hält.  

Stecken nun Aliens hinter allem?

Auf der AZK-Veranstaltung 2018, ebenfalls wieder in der Stadthalle Chur, sprach Ivo Sasek vor den rund 2.000 Gästen gemeinsam mit dem Verschwörungstheoretiker Gerhard Wisnewski über die „Vermischung von Völkern“. Sasek glaubt offenbar, „dass da Mächte dahinterstehen die nicht von dieser Welt sind.“  Auch der Rechtsaußen-YouTuber Hagen Grell trat hier auf. Er sprach zum Thema „Parasitenwitschaft“, wieder ein antisemitischer Code. 

Hagen Grell (Screenshot AZK)

AZK 2018: Auch „Ein Prozent“ wirbt hier

Doch nicht nur während der Reden wird antisemitische und extrem rechte Propaganda verbreitet. 2018 lagen unter anderem auch Infomaterialien der rechtsextremen Gedächtnisstätte Guthmannshausen, von rechtsextremen Reichsbürger*innen des „Freistaat Preußen“ und auch von der neurechten Organisation „Ein Prozent“ um den AfD-Ideologen Götz Kubitscheck aus, so  das Recherchekollektiv „element investigate“.

Ein Prozent Materialien auf der AZK (element investigate)

AZK und Kla.TV mit der AfD im Bundestag

„Ich sage ohne Diktatur geht es nicht, weil diese Schöpfung ist nicht aus Demokratie eingestellt. Sie funktioniert nicht nach demokratischen Prinzipien.“ Ivo Sasek 2013

Die OCG verbindet religiösen Wahn mit extrem rechter Politik. Im Mai 2019 veranstaltete die AfD eine sogenannte „1. Konferenz der freien Medien“ im Bundestag. Auch die AZK und kla.TV waren dort vertreten. Christoph Grotepass spricht hier gegenüber Belltower.News von einem „thematischen Schulterschluss“ mit dem rechten Rand. Die Rechtspopulist*innen machen deutlich, dass sie keinerlei Berührungsängste zu Antisemit*innen und Verschwörungsideolog*innen haben. 

Banner der AfD-Konferenz (Screenshot)

Simon Sasek, einer der Aussteiger-Söhne berichtet über seinen Vater und die OCG auf seinem YouTube-Kanal:

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ORF-Reportage zur OCG:

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